Das Recht auf Datenportabilität erlaubt Nutzerinnen und Nutzern, ihre bei einem Onlinedienst hinterlegten Daten abzurufen und – etwa bei einem Wechsel – zu anderen Diensten mitzunehmen. Das vom bidt geförderte Projekt „Bewusstsein, Motivation und Implementierung von Datenportabilität“ (amiDaPo) hat untersucht, wie sich solche Möglichkeiten zur Datenmitnahme auf die Nutzungs- und Zahlungsbereitschaft für Onlinedienste auswirken.
Die Ergebnisse zeigen, dass Kunden Dienste bevorzugen, die Datenportabilität ermöglichen und für diese auch höhere Kosten akzeptieren. Diensteanbieter können also davon profitieren, wenn sie Datenportabilität ermöglichen und aktiv bewerben.
Glossar
Datenportabilität: Rechtsanspruch, aber kaum Nutzungsmöglichkeiten
Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) garantiert den Nutzerinnen und Nutzern von Onlinediensten (z. B. E-Mail, Streaming, Cloud oder andere Angebote) auch ein Recht auf Datenportabilität. Dieses in Artikel 20 verfasste Recht verpflichtet Diensteanbieter dazu, ihren Kunden den Abruf aller von diesen zur Verfügung gestellten Daten zu ermöglichen. Auch ein Transfer dieser Daten zu anderen Anbietern soll ermöglicht werden, etwa beim Wechsel zu einem anderen Dienst (Kübler-Wachendorff et al., 2021)[1].
In der Praxis fällt es Nutzerinnen und Nutzern aber meist noch schwer, von ihrem Recht auf Datenportabilität Gebrauch zu machen: Nur wenige Anbieter weisen explizit auf das Recht hin und stellen Werkzeuge zum Datenabruf bereit. Werden Daten verfügbar gemacht, so liegen diese oft in nicht standardisierten und auch für Nutzende schwer verständlichen Formaten vor, und es werden kaum Möglichkeiten angeboten, diese Daten dann bei anderen Diensten zu importieren und wieder zugänglich zu machen (Syrmoudis et al., 2021)[2].
Forschungsprojekt
Forschungsfrage: Wie beeinflusst Datenportabilität die nutzerseitige Wahrnehmung von Onlineservices?
Ein Grund für diese zögerliche Umsetzung könnte sein, dass noch unklar ist, wie sich das Anbieten und aktive Bewerben von Datenportabilität auf die kundenseitige Wahrnehmung von Onlinediensten auswirkt: Macht ein solches Angebot den Dienst attraktiver und erhöht es die Nutzungs- und Zahlungsbereitschaft? Oder führt es dazu, dass Nutzende sich weniger an den Dienst gebunden fühlen und schneller wieder zu anderen Diensten abwandern? Oder wird Datenportabilität gar falsch verstanden und führt zu nutzerseitigen Irritationen, wie sie vereinzelt in bisherigen Befragungen von Internet-Nutzenden berichtet wurden (Luzsa et al., 2022)[3]?
Working Paper
Wir adressieren diese Fragen und untersuchen, wie sich aktives Bewerben von Datenportabilität – im Sinne des einfachen, automatischen Imports von Daten beim Dienstwechsel – auf die Wahrnehmung eines Onlinedienstes auswirkt, das heißt, wie es die Nutzungsabsicht und die Zahlungsbereitschaft für den Dienst beeinflusst.
Insgesamt nahmen 395 Personen im Alter von 18 bis 40 Jahren an einer Onlinestudie teil. Ihnen wurden zehn hypothetische Angebote für E-Mail-Dienste vorgelegt, für die sie jeweils angaben, wie wahrscheinlich sie den Dienst nutzen würden. Die Angebote unterschieden sich im Preis (fünf Stufen: kostenlos; 0,49 € pro Monat; 0,99 € p. M.; 1,49 € p. M. und 1,99 € p. M.) und darin, ob eine Möglichkeit zur einfachen, automatischen Mitnahme von Daten (d. h. Nachrichten, Kontakte, Termine etc.) von einem bisher genutzten Dienst zu diesem neuen Dienst angeboten wurde (zwei Stufen: ja; nein).
Ergebnisse: Nutzende bevorzugen Angebote mit Datenmitnahmemöglichkeit
Die Ergebnisse zeigen, dass eine Datenmitnahmemöglichkeit die Nutzungsbereitschaft signifikant erhöht – im Schnitt um etwa zehn Punkte auf einer Skala von 0 bis 100. Abbildung 1 zeigt die berichtete Nutzungsbereitschaft mit und ohne Mitnahmemöglichkeit für verschiedene Preisniveaus.
Am stärksten ausgeprägt ist der positive Effekt von Datenportabilität bei kostenlosen Diensten, wo er die Nutzungsbereitschaft um etwa 22 Punkte erhöht, und er sinkt mit steigendem Preis. Allerdings ist bei allen Preisniveaus die Nutzungsbereitschaft für Dienste mit Portabilität signifikant höher als für Dienste ohne diese Möglichkeit. Zusätzlich zeigt ein Vergleich der Preisniveaus, dass eine beworbene Datenmitnahmemöglichkeit die Preissensitivität der Befragten reduziert: So fällt etwa die Nutzungsbereitschaft für einen mit 0,99 € teuren Dienst, der aktiv Datenmitnahme anbietet, höher aus als die für einen mit 0,49 € teuren Dienst, der diese Möglichkeit nicht anbietet – dies entspricht immerhin einer Verdopplung des akzeptierten monatlichen Preises.
Zusätzliche Analysen prüften, ob der Effekt einer Datenmitnahmemöglichkeit auch von soziodemografischen und Persönlichkeitsfaktoren der Befragten abhängt. Dabei zeigte sich, dass gerade technikversierte und technikkompetente Personen dazu tendieren, Dienste mit beworbener Datenmitnahmemöglichkeit zu bevorzugen, und dass sie auch eher bereit sind, höhere Preise dafür zu akzeptieren.
Zusammenfassung und Empfehlungen
Die Ergebnisse werden wir in Kürze in einem Working Paper auf der bidt-Website veröffentlichen. Insgesamt legt das Working Paper nahe, dass Datenportabilität nicht nur für Nutzende, sondern auch für Diensteanbieter Vorteile mit sich bringt und aktiv gestaltet werden sollte:
- Anbieter haben Vorteile, wenn sie das Recht auf Datenportabilität, deren Umsetzung die DSGVO ohnehin fordert, nutzerfreundlich gestalten und einfache Import- und Exportmöglichkeiten anbieten, die einen Wechsel von bzw. zu anderen Anbietern erleichtern.
- Diese Möglichkeiten sollten aktiv beworben werden, da sie dazu führen, dass Kundinnen und Kunden eher bereit sind, Dienste zu nutzen.
- Der positive Effekt von Datenportabilität auf die Nutzungsbereitschaft trat in der aktuellen Studie sowohl für kostenlose als auch kostenpflichtige Angebote auf.
- Nutzerfreundliche Import- und Exportmöglichkeiten erlauben es Anbietern, Angebote (höher) zu bepreisen, da der Anteil zahlungsbereiter Kundinnen und Kunden durch einen expliziten Hinweis auf Datenportabilität gesteigert wird.
Zu beachten ist dabei, dass in unserer Analyse nur E-Mail-Dienste fokussiert wurden. Um wie viel Datenportabilität die Nutzungs- und Zahlungsbereitschaft für andere Arten von Diensten (etwa Cloud oder Streaming) erhöht, muss jeweils spezifisch und unter Berücksichtigung der Wettbewerbssituation festgestellt werden.
Weitere Ergebnisse sowie Empfehlungen dazu, wie Websitebesucher mittels Visualisierungen verständlich auf Datenportabilität hingewiesen werden können, finden Sie in Kürze im Working Paper.
Quellen
- [1] Kübler-Wachendorff, S., Luzsa, R., Kranz, J., Mager, S., Syrmoudis, E., Mayr, S., & Grossklags, J. (2021). The Right to Data Portability: conception, status quo, and future directions. Informatik Spektrum, 44, 264-271. https://doi.org/10.1007/s00287-021-01372-w
- [2] Syrmoudis, E., Mager, S., Kübler-Wachendorff, S., Pizzinini, P., Grossklags, J., & Kranz, J. (2021) Data Portability between Online Services: An Empirical Analysis on the Effectiveness of GDPR Art. 20. Proceedings on Privacy Enhancing Technologies, 2021(3), 351–372. https://doi.org/10.2478/popets-2021-0051
- [3] Luzsa, R., Mayr, S., Syrmoudis, E., Grossklags, J., Kübler-Wachendorff, S. & Kranz, J. (2022). Datenportabilität zwischen Online-Diensten. Nutzeranforderungen und Gestaltungsempfehlungen. Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Befragung. (bidt Working Paper No. 5). https://doi.org/10.35067/bv16-2z31
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