Definition und Abgrenzung

Der Begriff Smart City wird seit den 1980er-Jahren in zahlreichen Publikationen, Visions- und Strategiepapieren, Förderaufrufen und Projekten verwendet. Eine einheitlich verwendete Definition gibt es dabei nicht, sodass der Begriff jeweils für die jeweils verfolgte Zielstellung angepasst werden kann und meist auch wird.

Die EU definiert Smart Cities als Städte, die Technologien dazu einsetzen, die Verwaltung und Effizienz des städtischen Raums zu verbessern[1]. In Deutschland schuf die Smart City Charta als Ergebnis der Dialogplattform Smart Cities (Bundesbauministerium) 2017 einen normativen Rahmen, der 2021 fortgeschrieben wurde[2]. An diesem Regelwerk richten sich nun auch die 73 Modellprojekte Smart City des gleichnamigen föderalen Förderprogramms aus. Hier wird der Begriff im Kontext der digitalen Transformation von Städten, Kreisen und Gemeinden eingeführt und zielt auf die „ressourcenschonende, bedarfs­gerechte Lösung der zentralen Herausforderungen der Stadtentwicklung“.

Unter dem Begriff Smart Country werden diese Ziele auf den ländlichen Raum erweitert; ähnliche Zielsetzungen findet man auch unter Begriffen wie digitale Stadt (Digital City), intelligente Stadt (Intelligent City), virtuelle Stadt (Virtual City) oder Ambient City.

All diesen Begriffen ist gemein, dass sie

  1. sich auf die Zukunft beziehen: Sie beschreiben zugleich einen Zielzustand, der in der Gegenwart noch nicht erreicht ist, und die Absicht, diesen Zielzustand zu erreichen;
  2. die Chance sehen, dass der Einsatz von Technologien dabei helfen kann: Sie fördern und fordern Innovationen und neue, kreative Lösungen;
  3. oft die Stadt selbst als Akteur nennen; wer aus der Stadtgesellschaft für die Umsetzung der Smart City verantwortlich ist und wer zumindest mit eingebunden wird, kann daher stark variieren. Dies können z. B. kommunale Verwaltung, Stadtwerke und andere kommunale Dienstleister, lokale und überregionale Technologiefirmen, Vereine, Verbände und andere Organisationen sowie die Bürgerinnen und Bürger selbst sein.

Wie der Abschnitt Anwendungen und Beispiele zeigt, sind die in einer Smart City betrachteten Anwendungsdomänen so vielfältig wie das städtische Leben selbst. Meist erfordern sie inter- oder transdisziplinäre Ansätze, da es starke Wechselwirkungen zwischen eingesetzten Technologien, den damit befassten Menschen und Organisationen an den jeweiligen Orten und räumlichen Gegebenheiten gibt. Eine der größten Herausforderungen ist daher die Übertragbarkeit bzw. der Transfer von konkreten Systemen und Lösungen von einer Smart City in eine andere, für die es auch aus Gründen der Wirtschaftlichkeit dringend praktikabler Antworten bedarf.

Geschichte

Der Begriff Smart City wird seit den späten 1990er-Jahren in der Literatur verwendet [3]. Auch Technologiefirmen adressierten in ihren Unternehmensstrategien und Marketingkonzepten städtische Prozesse, wie z. B. IBM im Jahr 2009 im Rahmen ihrer Smarter-Cities-Kampagne [4]. Während Projekte und Produkte zunächst auf den gewinnbringenden Einsatz von Technologien insbesondere in Groß- und Megastädten fokussierten, wurden bald auch kleinere Städte sowie der ländliche Raum betrachtet.

Insbesondere im europäischen Raum gab es dabei einen Wandel im Fokus, der das Ziel der Lebensqualität und der Nachhaltigkeit in den Vordergrund stellte und neue Technologien nicht mehr als Selbstzweck, sondern als sinnvolles und notwendiges Hilfsmittel darstellt.

Anwendung und Beispiele

Die unter dem Begriff Smart City betrachteten Anwendungen beziehen sich auf alle Aspekte des städtischen Lebens. Nach der systematischen Literaturstudie von Anthopoulos [3] finden sich Smart-City-Lösungen in folgenden Domänen:

  • effiziente Nutzung und Management von Ressourcen, wie z. B. ein smartes Energie- oder Wassermanagement
  • Verkehrsmanagement und Mobilität, oft mit einem Fokus auf intelligente und/oder multi-modale Angebote
  • städtische Infrastruktur und verbesserte Stadtplanung mit digitaler Unterstützung
  • Lebensqualität: Bildung, Gesundheit und Sicherheit im städtischen Raum
  • Regierung: öffentliche elektronische Dienstleistungen, E-Demokratie und Partizipation, Rechenschaftspflicht und Transparenz sowie die Effizienz der Verwaltung in der Stadt
  • Wirtschaft: umfasst Bereiche, die das Inlandsprodukt in der Stadt, den Innovationsgeist, die Beschäftigung und den elektronischen Geschäftsverkehr widerspiegeln
  • Kohärenz: soziale Fragen, wie z. B. die digitale Kluft, soziale Beziehungen und digitale Teilhabe.

Darüber hinaus gibt es auch Beispiele weiterer Domänen wie Tourismus, Umweltschutz oder Kultur.

Als Lösungsbausteine einer Smart City finden sich dabei meist eine oder mehrere der folgenden Komponenten: Eine zentrale oder föderierte Datenplattform, auf der städtische Daten aus unterschiedenen Domänen integriert und georeferenziert werden; oft ist diese teilweise oder sogar vollständig als Open-Data-Plattform angelegt; eine oder mehrere städtische Apps, über die Bürgerinnen und Bürger oder Gäste digitale Dienstleistungen nutzen können; ein Portal zur Bürgerbeteiligung, über die ein Austausch über geplante Vorhaben erfolgt und neue Ideen eingebracht werden; eine Mobilitätsplattform, über die meist intermodale Mobilitätsangebote (wie z. B. ÖPNV, Parken, Mikromobilität, Sharing) gebündelt werden und entweder über eine Suche oder bis hin zur Ticketbuchung integriert werden; ein oder mehrere Sensornetzwerke, über die dezentral Informationen über die Umwelt (z. B. Mikroklima, Wasserstand, Luftqualität) oder den Zustand städtischer Infrastruktur (z. B. Füllstand von Abfallbehältern) erfasst werden. Hier kommen oft Technologien zum Einsatz, die dem Internet der Dinge zuzuordnen sind. Aus dem Bereich der Industrie wurde der Begriff des Digitalen Zwillings übernommen, der im Kontext von Smart City sehr unterschiedlich gefüllt werden kann – von einem 3D-Stadtmodell bis hin zu Systemen, die Simulationen von Verkehr, Starkregen oder Mikroklima in der Stadt ermöglichen. Ergänzt oder realisiert werden solche Systeme oft durch partizipative Methoden wie Crowdsensing (auch Crowdsourcing oder Citizen Science), bei denen die Bürgerschaft selbst in die Datenerfassung eingebunden ist oder diese sogar maßgeblich treibt, wie z. B. in der Sensor Community [5].

Zahlreiche Städte und Kommunen haben inzwischen eigene Smart-City-Initiativen, die oft aus Förderinitiativen hervorgegangen sind, teilweise aber auch durch eigene Mittel finanziert wurden. Im europäischen Kontext werden oft Barcelona, Wien, Helsinki, Amsterdam oder Kopenhagen als Vorreiter genannt; international sind Singapur oder auch die chinesische Stadt Songdo Beispiele dafür, wie durch flächendeckenden Einsatz von Sensortechnologie viele Bereiche des städtischen Lebens organisiert werden, allerdings auf Kosten der Privatsphäre im öffentlichen Raum.

In Deutschland werden 73 Modellprojekte Smart City [6] als Experimentierorte der integrierten Stadtentwicklung gefördert. Das Programm läuft noch bis Ende 2027 und liefert zahlreiche weitere Beispiele.

Kritik und Probleme​​

Auch wenn die Idee einer Smart City meist mit gesamtgesellschaftlichen Zielen oder in Bezug zu den 17 globalen Nachhaltigkeitszielen (SDG) motiviert wird, gibt es Kritik und Herausforderungen, die nicht vernachlässigt werden sollten.

Insbesondere bei den ersten Smart-City-Projekten stand der Einsatz innovativer Technologien im Vordergrund, ohne dass der Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger in der Stadt und deren Bedürfnisse deutlich gemacht wurde. Durch den Einsatz von Sensortechnologie im öffentlichen Raum muss stets beachtet werden, welche Informationen über städtisches Leben erfasst werden und ob dieser Eingriff in die Privatsphäre und das Recht auf informelle Selbstbestimmung durch einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen gerechtfertigt werden kann. Auch kann der Eindruck entstehen, dass Steuergelder für unnütze Spielereien ausgegeben werden, während andere, dringendere Probleme ignoriert werden.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die technologische und digitale Souveränität der Kommunen. Da Smart-City-Lösungen oft wenig standardisiert sind, besteht die Gefahr, dass sich eine Kommune mit zentralen städtischen Prozessen von einzelnen Technologieanbietern abhängig macht und den Haushalt auf lange Zeit durch Lizenzverträge belastet. Eine Migration zu einem anderen Anbieter ist oft technisch nicht möglich oder sehr aufwendig, so dass ein sogenannter Vendor Lock-in entsteht.

Auch der Einsatz der Technologie selbst (Sensorik, Kommunikationstechnologie und Computer) hinterlässt einen ökologischen Fußabdruck; in der Begeisterung über neue, innovative Lösungen muss daher neben der Installation auch die Wartung, das Recycling, der Energieverbrauch und nicht zuletzt auch die elektromagnetische Strahlung berücksichtigt werden. Letztere ist zwar (auch bedingt durch die energiesparenden IoT-Standards wie z. B. LPWAN, Low Power Wide Area Network) meist sehr gering, die Sorge vor negativen Folgen kann jedoch – ähnlich wie bei der Installation von Mobilfunkmasten – zu einer Ablehnung in der Bevölkerung führen.

Smart-City-Lösungen bieten oft ausschließlich digitale Nutzungsschnittstellen (z. B. über Smartphones). Dadurch wird die digitale Ungleichheit verstärkt und die Teilhabe am städtischen Leben von ganzen Bevölkerungsgruppen erschwert. Es ist daher wichtig, auch analoge oder frei zugängliche Interaktionsmöglichkeiten zu schaffen, z. B. durch öffentliche Displays oder den Druck automatisch erstellter und damit häufig aktualisierter Broschüren.

Auch wird befürchtet, dass die Kluft zwischen städtischer und ländlicher Entwicklung durch Smart-City-Initiativen weiter verstärkt wird. Gerade der ländliche Raum kann jedoch stark vom Einsatz intelligenter Lösungen z. B. für die Mobilität oder die Förderung von innovativen Arbeitsplätzen profitieren. Begrifflich wird daher der Begriff Smart City oft um Smart Country oder digitale Dörfer erweitert.

Forschung

Forschung zur Smart City findet sich in zahlreichen Disziplinen, die teilweise isoliert, teilweise inter- und transdisziplinär arbeiten, von der Informatik und den Ingenieurswissenschaften, der Geografie, der Stadtplanung, Politikwissenschaft oder Volkswirtschaftslehre bis zur Psychologie oder Philosophie. Mögliche Forschungsfragen sind dabei:

  • Wie können Umweltparameter und städtische Prozesse wie Mobilität oder der Zustand von Infrastruktur kostengünstig, energiesparend und datensparsam gemessen werden, ohne dabei die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger zu verletzen? Neben technischen und eher objektiven Parametern können auch qualitative oder subjektive Faktoren erfasst werden, wie z. B. die empfundene Lärmbelastung oder das Sicherheitsgefühl.
  • Welchen Einfluss haben neue städtische Anwendungen auf das städtische Leben, wie z. B. die Lebensqualität, die Kommunikation zwischen den Bürgerinnen und Bürgern, das Ehrenamt, die Wirtschaftskraft?
  • Welche Indikatoren und Parameter eignen sich, um die digitale Transformation und die Zielerreichung in den verschiedenen Bereichen der Smart City messen und steuern zu können?
  • Wie können städtische Prozesse mithilfe digitaler Methoden optimiert werden?
  • Wie können Methoden der künstlichen Intelligenz in Smart-City-Systemen sinnvoll eingesetzt werden?
  • Unter welchen ethischen Handlungsmaßstäben sollte die Gestaltung der Smart Cities erfolgen? Und unter welchen Bedingungen ist eine Gesellschaft oder sind Individuen unterschiedlicher Gruppen bereit, diesen Wandel zu akzeptieren?

Ein Beispiel für ein inter- und transdisziplinäres Forschungsnetzwerk ist das Smart City Research Lab [7] an der Universität Bamberg. Hier arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen in enger Kooperation mit Kommunen, Lösungsanbietern und der Stadtgesellschaft an solchen Fragestellungen. Abhängig von den Zielen des Projekts, den beteiligten Akteuren und der Finanzierung eignen sich dafür unterschiedliche Formate, wie z. B. gemeinsame Veranstaltungen (Hackathons, Konferenzen, Ringvorlesung), Betreuung studentischer Projekt- und Abschlussarbeiten, drittmittelgeförderte Verbundprojekte oder direkte Forschungsaufträge. Ein zentraler Punkt ist dabei die interdisziplinäre Bamberger Graduate School of Smart City Science, über die der notwendige transdisziplinäre Methodenmix für diese Forschungsfragen in den Promotionsprojekten verfügbar wird.