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Sharing Economy

Definition und Abgrenzung

Sharing Economy ist ein Überbegriff für eine aufstrebende Wirtschaftsform, in der materielle und immaterielle Ressourcen mit Fremden geteilt werden [1]. In der Regel vereint die Sharing Economy das Teilen, Austauschen, Vermieten oder die Zurverfügungstellung nicht ausgelasteter Ressourcen in Form von Gütern (z. B. nicht genutztem Wohnraum oder Fahrzeugen) bzw. Dienstleistungen (z. B. nicht ausgelasteter Arbeitskraft) auf monetärer oder nicht monetärer Basis mithilfe digitaler Plattformen [2, 3].

Der kollaborative Konsum, unter den auch die Sharing Economy fällt, ist grundsätzlich ein sehr altes Konzept [4], da Menschen schon immer Ressourcen geteilt haben. Neuere Beispiele umfassen unter anderem „Nachbarn helfen Nachbarn“, Flohmärkte oder Secondhandläden [4]. Das Teilen innerhalb der Sharing Economy unterscheidet sich jedoch grundlegend von diesen traditionellen Formen des Teilens, bei denen das Teilen von Ressourcen vor allem auf Interaktionen mit bereits bekannten Individuen, wie z. B. Familienmitgliedern, und bekannten sozialen Gruppen begrenzt war [5] oder zumindest persönlichen oder direkten Austausch voraussetzte [6].

In der Sharing Economy übernehmen technologiegestützte Plattformen die Rolle des Vermittlers und senken die Transaktionskosten zwischen Anbietern und Nutzern erheblich, indem sie unter anderem die Notwendigkeit des persönlichen Kontakts reduzieren [6, 7, 8, 9]. Dadurch entsteht ein skalierbares sozioökonomisches System, das auf Crowdsourcing basiert [10]. Sharing-Economy-Plattformen sind mehrseitige Märkte, die es ihren Nutzern ermöglichen, neue Rollen und Aufgaben zu erfüllen, die normalerweise von Unternehmen selbst wahrgenommen werden, und in denen Nutzer somit als Anbieter und Nachfrager agieren können [11]. Verkäufer gewähren den Nutzern dabei die Möglichkeit, zeitlich befristete Nutzungsrechte für ungenutzte Ressourcen zu erwerben. Nutzer genießen den Vorteil, sich dadurch keine Gedanken über den Kauf oder die Instandhaltung machen zu müssen, und können zudem Kosten sparen [11].

Zusammengefasst charakterisieren fünf Hauptmerkmale die Sharing Economy [10]:

  1. Basiert auf Plattformökonomie
  2. Viele individuelle Nutzer stellen die Angebotsseite sicher (Crowdsourcing)
  3. Nutzer sind Anbieter und Nachfrager (mehrseitiger Markt)
  4. Temporärer Zugriff statt permanenter Besitz
  5. Wert wird im Rahmen einer ökonomischen Transaktion ausgetauscht

Geschichte

Der Begriff der Sharing Economy taucht zum ersten Mal während der Finanzkrise 2008 in der akademischen Literatur auf. Lawrence Lessig war möglicherweise der Erste, der den konkreten Begriff verwendet hat [3]. Während es sich bei der Sharing Economy also um ein vergleichsweise neues Phänomen handelt, hat es innerhalb weniger Jahre ganze Branchen umgekrempelt und sich zu einem der wichtigsten globalen Trends der letzten Jahre entwickelt, dessen Wachstum sich noch weiter fortsetzen wird [12]. Während die weltweiten Umsatzzahlen der Sharing Economy im Jahr 2013 noch ca. 15 Mrd. Dollar betrugen, werden für das Jahr 2025 bereits Umsätze von über 335 Mrd. Dollar prognostiziert [12].

Anwendung und Beispiele

Insbesondere in den Branchen Mobilität, Reisen, Essen, Mode, Services und Finanzen gibt es viele Geschäftsmodelle und Plattformen, die sich die Sharing Economy zunutze macht und auch von den Nutzern gut angenommen werden. Aus einer Umfrage von YouGov zur Sharing Economy aus dem Jahr 2019 geht hervor, dass sich zum Beispiel in Deutschland 84 Prozent der befragten Personen vorstellen können, im Bereich Mobilität zukünftig Sharing-Angebote in Anspruch zu nehmen [13]. 67 Prozent geben dabei an, dies bereits zu tun [13]. Ebenso geben 61 Prozent der an der Umfrage Teilnehmenden an, Sharing Angebote bei Reisen bereits genutzt zu haben [13].

Die bekanntesten kommerziellen Beispiele sind hier aufgeführt:

NameBereichDetails
UberMobilitätFahrdienst: Funktionsweise wie bei einer Taxigesellschaft, Fahrer werden über eine App angefordert und auch bezahlt
Car 2 Go / Share NowMobilitätCarsharing: Fahrzeuge können aus einem Pool gemietet und entsprechend der Nutzungsdauer bezahlt werden
BlaBlaCarMobilitätOnlinemitfahrzentrale: Nutzer bieten eine Fahrt mit ihrem privaten Fahrzeug an oder suchen nach Mitfahrgelegenheiten
AirbnbReisenMarktplatz für Unterkünfte: Privatunterkünfte werden an touristische Gäste vermietet
Too Good to GoEssenFoodsharing: Unternehmen können übrig gebliebene Lebensmittel auf einer App zu einem vergünstigten Preis anbieten
Kleiderkreisel / VintedModeMarktplatz für Kleidung: Gebrauchte Kleidung kann über eine App zum Verkauf angeboten werden
Book a TigerServicesMarktplatz für Reinigungskräfte für private Haushalte und auch für Unternehmen
CompanistoFinanzenCrowdfunding: Internationale, aktienbasierte Crowdfunding-Website, die es Investoren ermöglicht, in Start-ups zu investieren

Kritik und Probleme​​

Manche der oben genannten Plattformen haben potenziell einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft oder die Umwelt, wie z. B. die Nutzung von ansonsten entsorgten Lebensmitteln oder die Möglichkeit, gebrauchte Kleidung nicht wegzuwerfen, sondern weiterzuverkaufen. Die Sharing Economy bietet Personen zudem die Möglichkeit, ein (zusätzliches) Einkommen zu realisieren, z. B. mit angebotenen Fahrten über Uber oder BlaBlaCar. Jedoch werden die Arbeitsbedingungen, vor allem wegen fehlenden Arbeitsschutzes und mangelnder Regulierungen, oftmals kritisiert [14]. Manche Sharing-Economy-Firmen operieren hier in legalen Grauzonen [15]. Die Gesetzgeber und Behörden sind mit dem schnellen Wachstum und den sich ebenso schnell ändernden Ausgestaltungen der Geschäftsmodelle der Start-ups und größeren Firmen der Sharing Economy überfordert und können zum Teil nicht schnell genug auf diese Veränderungen reagieren [16]. Besonders große Konflikte gibt es zudem mit der „alten Wirtschaft“ (z. B. durch die Hotel-Lobby, die sich gegen AirBnB ausspricht, die Taxigesellschaften gegen Uber etc.), die bemüht ist, ihre Märkte vom Einfluss der Sharing Economy abzuschirmen [17]. Uber zum Beispiel ist unter anderem deshalb in einigen Ländern Europas komplett oder zum Teil verboten. So wird die Uber App in England, Frankreich, Tschechien oder der Türkei als widerrechtlich und wettbewerbsverzerrend eingestuft [17]. Auch in Deutschland verstoßen die Uber Apps gegen das Personenbeförderungsgesetz und sind deshalb in einigen deutschen Städten verboten [18]. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Plattformen der Sharing Economy auch die Nutzer zu wenig schützen. So übernehmen sie häufig nur die Rolle als Vermittler und bieten beispielsweise keine Gewährleistung für die Nutzer an [13]. Insgesamt wird einigen Plattformen vorgeworfen, ihren eigenen Wert auf Kosten anderer zu maximieren [19, 20].

Forschung

Aufgrund der hohen praktischen Relevanz der Sharing Economy hat sich auch die akademische Forschung in den letzten Jahren intensiv mit dem Thema beschäftigt [10].

Unterschiedliche Disziplinen, wie z. B. Marketing [21, 10], Management [22, 23] oder Information Systems [24, 25], veröffentlichen regelmäßig Beiträge zu diesem Thema in ihren führenden Journals. Auch auf den großen internationalen wissenschaftlichen Konferenzen spielt das Thema eine wichtige Rolle.

Weiterführende Links und Literatur​​​​

Literaturempfehlungen:

  • Agarwal, N., & Steinmetz, R. (2019). Sharing economy: A systematic literature review. International Journal of Innovation and Technology Management, 16(06), 1930002.
  • Chang, H. H., & Sokol, D. D. (2020). How incumbents respond to competition from innovative disruptors in the sharing economy—The impact of Airbnb on hotel performance. Strategic Management Journal, 1–22.
  • Chen, Y., & Wang, L. (2019). Commentary: marketing and the sharing economy: digital economy and emerging market challenges. Journal of Marketing, 83(5), 28–31.
  • Eckhardt, G. M., Houston, M. B., Jiang, B., Lamberton, C., Rindfleisch, A., & Zervas, G. (2019). Marketing in the sharing economy. Journal of Marketing, 83(5), 5–27.
  • Horton, J. J., & Zeckhauser, R. J. (2016). Owning, using and renting: some simple economics of the “sharing economy” (No. w22029). National Bureau of Economic Research.
  • Mittendorf, C., Berente, N., & Holten, R. (2019). Trust in sharing encounters among millennials. Information Systems Journal, 29(5), 1083–1119.
  • Weber, T. A. (2014). Intermediation in a sharing economy: insurance, moral hazard, and rent extraction. Journal of Management Information Systems, 31(3), 35–71.

Quellen

[1] Morewedge, C., Monga, A., Palmatier, R., Shu, S., & Small, D. (2020). Evolution of Consumption: A Psychological Ownership Framework. Journal Of Marketing, 85(1), 196–218.

[2] Botsman, R. (2013). The Sharing Economy Lacks A Shared Definition. Abgerufen am 20.06.2021.

[3] Lessig, Lawrence (2008), Remix: Making Art and Commerce Thrive in the Hybrid Economy. New York: Penguin Press.

[4] Belk, R. W., Sherry Jr, J. F., & Wallendorf, M. (1988). A Naturalistic Inquiry into Buyer and Seller Behavior at a Swap Meet. Journal of Consumer Research, 14(4), 449–470.

[5] Lamberton, C. (2016). Collaborative Consumption: A Goal-Based Framework. Current Opinion in Psychology, 10, 55–59.

[6] Frenken, K., & Schor, J. (2017). Putting the Sharing Economy into Perspective. Environmental Innovation and Societal Transitions, 23, 3–10.

[7] Bardhi, F., & Eckhardt, G. M. (2012). Access-Based Consumption: The Case of Car Sharing. Journal of Consumer Research, 39(4), 881–898.

[8] Eckhardt, G. M., & Bardhi, F. (2015). The Sharing Economy isn’t about Sharing at all. Harvard Business Review, 28(1), 881–898.

[9] Tadelis, S. (2016). Reputation and Feedback Systems in Online Platform Markets. Annual Review of Economics, 8, 321–340.

[10] Eckhardt, G. M., Houston, M. B., Jiang, B., Lamberton, C., Rindfleisch, A., & Zervas, G. (2019). Marketing in the Sharing Economy. Journal of Marketing, 83(5), 5–27.

[11] Codagnone, C., & Martens, B. (2016). Scoping the Sharing Economy: Origins, Definitions, Impact and Regulatory Issues. Institute for Prospective Technological Studies Digital Economy Working Paper, 2016/1.

[12] PwC. Sharing or Paring? Growth of the Sharing Economy. PwC. (2015). Abgerufen am 25.06.2021.

[13] Fischlein, M. (2019, 14. Oktober). Kaufst Du noch oder teilst Du schon? – Zukunfts-Trend Sharing Economy. YouGov. Abgerufen am 12.06.2021.

[14] Sharing Economy. unternehmer.de. (n.d.). Abgerufen am 16.06.2021.

[15] Weber, F., Lehmann, J., Graf‐Vlachy, L., & König, A. (2019). Institution‐Infused Sensemaking of Discontinuous Innovations: The Case of the Sharing Economy. Journal of Product Innovation Management, 36(5), 632–660.

[16] Werner, K. (2015, 12. Februar). Für die alten Marken ist Sharing Economy ein Drama. Süddeutsche.de. Abgerufen am 26.06.2021.

[17] Hartmann, J. (2019, 27. Dezember). Die Liste wird länger: Uber jetzt auch in Kolumbien verboten. Taxi Times | Das Fachmagazin für die Taxibranche. Abgerufen am 15.06.2021.

[18] LTO. (2020, 10. Februar). Uber in München: Wieder ein Verbot – wieder zu spät? Legal Tribune Online. Abgerufen am 17.06.2021.

[19] Gondorf, L. (2019, 10. Januar). Teilen und absahnen – die Kehrseite der Sharing Economy. absatzwirtschaft. Abgerufen am 10.06.2021.

[20] Buhalis, D., Andreu, L., & Gnoth, J. (2020). The Dark Side of the Sharing Economy: Balancing Value Co‐Creation and Value Co‐Destruction. Psychology & Marketing, 37(5), 689–704.

[21] Belk, R. (2010). Sharing. Journal of Consumer Research, 36(5), 715–734.

[22] Chang, H. H., & Sokol, D. D. (2020). How Incumbents Respond to Competition from Innovative Disruptors in the Sharing Economy—The Impact of AirBnB on Hotel Performance. Strategic Management Journal.

[23] Horton, J. J., & Zeckhauser, R. J. (2016). Owning, Using and Renting: Some Simple Economics of the “Sharing Economy” (No. w22029). National Bureau of Economic Research.

[24] Weber T. A. (2014) Intermediation in a Sharing Economy: Insurance, Moral Hazard, and Rent Extraction. Journal of Management Information Systems, 31(3), 35–71.

[25] Mittendorf, C., Berente, N., & Holten, R. (2019). Trust in Sharing Encounters among Millennials. Information Systems Journal, 29(5), 1083–1119.