Vor dem Hintergrund der Veröffentlichung von ChatGPT und dem damit verbundenen Bedeutungszuwachs von künstlicher Intelligenz (KI) untersucht das bidt mit einer Befragung von ca. 3.000 Personen in Deutschland die Nutzung und Akzeptanz von generativer KI. Generative KI dient dabei als Sammelbegriff für Systeme mit künstlicher Intelligenz, die neue Inhalte wie unter anderem Texte, Bilder, Programmcode, Videos oder Musik erzeugen. Im Folgenden werden Ergebnisse für alle Internetnutzerinnen und -nutzer in Deutschland sowie für internetnutzende Erwerbstätige vorgestellt. Beleuchtet werden dabei Fragen zur Nutzung, zur Regulierung sowie zu den erwarteten Auswirkungen generativer KI auf die Arbeitswelt.
Generative KI könnte einer Studie des McKinsey Global Institute zufolge bis zu 4,4 Billionen US-Dollar pro Jahr an globalen Unternehmensgewinnen generieren. So könne generative KI die Produktivität steigern, bei der Schaffung kreativer Inhalte insbesondere für Marketing und Vertrieb helfen und Softwarecode ohne Programmierkenntnisse allein auf Basis sprachbasierter Eingaben erzeugen (McKinsey 2023). Gleichzeitig fürchten Beschäftigte jedoch um den Verlust ihrer Arbeitsplätze, wenn in Zukunft generative KI ihre Tätigkeiten übernimmt (Spiegel 2023). Nicht nur in der Arbeitswelt wird das Thema generative KI daher heftig diskutiert, sondern es gewinnt auch in Gesellschaft und Politik zunehmend an Bedeutung. Diese aktuellen Diskussionen nahm das bidt zum Anlass, um selbst mittels einer Befragung zu untersuchen, wie es tatsächlich um die Nutzung und Akzeptanz von generativer KI in der Bevölkerung und unter Erwerbstätigen bestellt ist.
Dazu führte das Marktforschungsinstitut DCORE vom 20. Juli bis zum 4. August 2023 eine repräsentative quantitative Befragung mittels standardisiertem Onlinefragebogen im Auftrag des bidt durch. Insgesamt wurden 3.020 Internetnutzerinnen und -nutzer ab 16 Jahre in Deutschland befragt, darunter 1.008 hauptberuflich Erwerbstätige. Die nachfolgenden Ergebnisse sind auf Basis der Onlinerinnen und Onliner nach Alter, Geschlecht, Bildung und Bundesland repräsentativ für Deutschland gewichtet. Für den Teildatensatz der hauptberuflich Erwerbstätigen erfolgt eine gesonderte Gewichtung ebenfalls nach Alter, Geschlecht, Bildung und Bundesland (b4p 2022).
Rund ein Drittel der Onlinerinnen und Onliner hat bereits generative KI genutzt
Die große Mehrheit der Internetnutzerinnen und -nutzer in Deutschland (81 %) hat bereits von generativer KI für die Erstellung und/oder Prüfung von Texten oder Programmcode oder für die Erstellung von Bildern oder Videos gehört. Mindestens einmal genutzt haben solche Systeme aber nur gut ein Drittel der Onlinerinnen und Onliner (36 %). Bei Erwerbstätigen beträgt der Anteil der Personen, die generative KI für einen der genannten Zwecke bereits genutzt haben, 40 %, bei Personen ohne Erwerbstätigkeit ist dieser Anteil mit 27 % deutlich niedriger.
Für die Erstellung und/oder Prüfung von Texten oder Programmcode haben insgesamt 32 % der Internetnutzerinnen und ‑nutzer generative KI bereits genutzt, 17 % einmal und 15 % bereits mehrmals. 45 % haben zwar von generativer KI für diese Zwecke schon gehört, sie aber noch nicht eingesetzt.
Jüngere Personen und formal höher Gebildete mit mindestens Fachhochschulreife nutzen generative KI dabei häufiger für das Erstellen und/oder Prüfen von Texten und Programmcode als ältere oder formal niedriger Gebildete. Auch wer angibt, viel über KI zu wissen, nutzt eher textbasierte generative KI.
Die meisten Nutzerinnen und Nutzer von generativer KI für die Erstellung und/oder Prüfung von Texten oder Programmcode im privaten Kontext haben diese zur Recherche von Informationen (56 %), zur Zusammenfassung von Texten (48 %) sowie für das Erstellen neuer Texte und das Führen von Gesprächen (jeweils 42 %) genutzt. Nur etwas mehr als ein Viertel hat hingegen Programmcode in eine andere Programmiersprache übersetzt (27 %) oder überprüfen (26 %) lassen.*
Es werden eher Risiken als Chancen generativer KI gesehen
Während fast die Hälfte der Internetnutzerinnen und -nutzer in Deutschland (46 %) der Ansicht ist, dass sich Chancen und Risiken generativer KI die Waage halten, sehen immerhin 26 % hauptsächlich Risiken und nur für 18 % überwiegen die Chancen. Etwas mehr als 10 % der Onlinerinnen und Onliner können oder wollen hierzu keine Einschätzung vornehmen.
Personen mit niedriger formaler Bildung sehen dabei häufiger Risiken als Personen, die mindestens die Fachhochschulreife besitzen. Zusätzlich betonen Personen eher die Chancen von generativer KI, wenn sie auch ihr Wissen über KI als hoch einschätzen.
Ein ähnlicher Zusammenhang zeigt sich, wenn man die bisherige Nutzung von generativer KI betrachtet. Nutzen Befragte diese Technologie häufiger, werden eher Chancen statt Risiken gesehen. So überwiegen für 42 % der Internetnutzerinnen und -nutzer, die bereits mehrfach generative KI für die Erstellung und/oder Prüfung von Texten oder Programmcode eingesetzt haben, die Chancen und nur für 9 % überwiegen die Risiken. Bei den Befragten, die zwar schon von generativer KI gehört, diese aber noch nicht für die genannten Zwecke genutzt haben, sehen nur 13 % überwiegend Chancen, während 30 % hauptsächlich Risiken wahrnehmen.
Gegenüber einer früheren Befragung des bidt vor der Veröffentlichung von ChatGPT zu den Chancen und Risiken künstlicher Intelligenz allgemein hat sich die Chancen- und Risikoeinschätzung damit etwas in Richtung einer verstärkten Risikowahrnehmung verschoben. Im Rahmen des „bidt-SZ-Digitalbarometers 2022“ sahen noch 21 % der Internetnutzerinnen und -nutzer in Deutschland überwiegend Chancen von künstlicher Intelligenz. 50 % waren der Ansicht, dass sich Chancen und Risiken die Waage halten und nur für 20 % überwogen die Risiken. Besonders auffällig ist dabei die Gruppe der 16 bis 29-jährigen Onlinerinnen und Onliner: Während im bidt-SZ-Digitalbarometer noch 36 % von ihnen überwiegend Chancen von KI sahen, sind es in der aktuellen Befragung nur noch 20 %, die dies für generative KI angeben.
Fast die Hälfte der Onlinerinnen und Onliner in Deutschland glaubt an einen Verlust der Kontrolle über KI
Knapp die Hälfte der Internetnutzerinnen und -nutzer in Deutschland stimmt der Aussage, dass der zunehmende Einsatz generativer KI dazu führen kann, dass die Menschheit in Zukunft die Kontrolle über die Technologie verliert, eher oder voll und ganz zu. Nur 18 % sind der Meinung, dass dies eher kein realistisches Szenario darstellt. Besonders interessant ist diese vergleichsweise pessimistische Sicht vor dem Hintergrund der relativ ausgeglichenen Chancen-Risiko-Einschätzung in der Bevölkerung. Selbst bei Nutzerinnen und Nutzern generativer KI liegt der Anteil derer, die eher oder voll und ganz einen Kontrollverlust über die Technologie fürchten, bei 44 %. Auch bei den 16 bis 29-Jährigen beträgt dieser Anteil 44 % und bei formal höher Gebildeten mit mindestens Fachhochschulreife 45 %.
Rund ein Viertel der Erwerbstätigen hat generative KI bereits im beruflichen Kontext genutzt
Die Mehrheit der internetnutzenden Erwerbstätigen hat generative KI im beruflichen Kontext noch nicht für die Erstellung und/oder Prüfung von Texten oder Programmcode eingesetzt (74 %). Nur etwa 3 % der Erwerbstätigen nutzen generative KI ausschließlich für den beruflichen Kontext, 23 % nutzen die Technologie sowohl beruflich als auch für andere Zwecke (z. B. privat).*
Über die Nutzung von generativer KI wird dabei in den meisten Fällen offen am Arbeitsplatz kommuniziert. So geben 79 % der Nutzenden textbasierter generativer KI an, dass ihre Arbeitgeberin oder ihr Arbeitgeber oder ihre Vorgesetzte oder ihr Vorgesetzter über die entsprechende Nutzung Bescheid weiß,nur 18 % berichten das Gegenteil.
Bezüglich der Nutzungszwecke von generativer KI im beruflichen Kontext ergibt sich ein etwas anderes Bild als bei der allgemeinen Nutzung in der Bevölkerung. Erwerbstätige, die bereits generative KI zur Erstellung und/oder Prüfung von Texten oder Programmcode verwendet haben, nutzen die Technologie am häufigsten für die Zusammenfassung von Texten (45 %) und für die Erstellung neuer Texte (42 %). Die Recherche von Informationen, in der Gesamtbetrachtung der populärste Nutzungszweck, ist in der Subgruppe der Erwerbstätigen der dritthäufigste Nutzungszweck textbasierter generativer KI (38 %). Es folgen die Überprüfung (32 %) und Einordnung von Informationen (29 %) sowie die Erstellung (25 %), Überprüfung (25 %) oder Übersetzung von Programmcode (23 %). Das Führen von Gesprächen spielt im beruflichen Kontext nur eine untergeordnete Rolle, während dieser Nutzungszweck in der Gesamtbetrachtung aller Nutzenden von textbasierter generativer KI einen deutlich höheren Stellenwert einnimmt.
Bewusstsein über Risiken beim Umgang mit generativer KI bei der Mehrheit der Erwerbstätigen vorhanden
39 % der internetnutzenden Erwerbstätigen, die schon einmal von generativer KI gehört haben, glauben eher oder voll und ganz, erkennen zu können, in welchen Fällen die Anwendung generativer KI bei der Erledigung einer Aufgabe hilfreich ist und in welchen nicht. Bei Erwerbstätigen, die textbasierte generative KI bereits im beruflichen Kontext genutzt haben, beträgt dieser Anteil 57 %. 11 % können dies hingegen eher oder voll und ganz nicht einschätzen.
In Sachen Datenschutz stimmen 62 % der Erwerbstätigen, die textbasierte generative KI bereits im beruflichen Kontext genutzt haben, der Aussage, dass sie sorgfältig abwägen, welche Daten sie bei der Nutzung generativer KI angeben, eher oder voll und ganz zu. Es scheint damit bei vielen Erwerbstätigen ein gewisses Bewusstsein für potenzielle datenschutzrechtliche Problematiken bei der Nutzung generativer KI zu bestehen.
Des Weiteren ist einer Mehrheit der internetnutzenden Erwerbstätigen in Deutschland durchaus bewusst, dass von generativer KI erzeugte Ergebnisse faktisch falsch (57 % Zustimmung) oder zumindest unvollständig, unausgewogen, widersprüchlich sowie unangebracht sein können (56 % Zustimmung). Bei Nutzerinnen und Nutzern textbasierter generativer KI im beruflichen Umfeld sind diese Einsichten noch häufiger vorhanden (66 % bzw. 65 % Zustimmung).
Die zunehmende Verbreitung generativer KI führt auch dazu, dass viele Erwerbstätige mehr über diese Technologie wissen möchten. So stimmt die Hälfte aller Erwerbstätigen der Aussage, besser verstehen zu wollen, wie generative KI funktioniert, eher oder voll und ganz zu. Nur 18 % haben diesen Wunsch nicht. Es zeigt sich zudem ein deutlich positiver Zusammenhang zwischen dem Interesse, mehr über generative KI erfahren zu wollen, und den Vorkenntnissen bzw. der Vorerfahrung mit generativer KI. So stimmen dieser Aussage nur 35 % der Erwerbstätigen, die noch nie von generativer KI gehört haben, eher oder voll und ganz zu, bei Erwerbstätigen, die textbasierte generative KI im beruflichen Kontext bereits verwendet haben, sind es hingegen 63 %.
Nutzung generativer KI wird von der Mehrheit der Nutzerinnen und Nutzer im beruflichen Kontext als gewinnbringend wahrgenommen
Erwerbstätige, die textbasierte generative KI bereits im beruflichen Kontext genutzt haben, sind mehrheitlich mit der Anwendung zufrieden. So stimmen 60 % der Aussage, dass sie die erzeugten Ergebnisse sinnvoll beruflich nutzen konnten, und 64 % der Aussage, dass der Einsatz von generativer KI ihnen Arbeitszeit gespart hat, eher oder voll und ganz zu. 56 % geben an, dass generative KI eine Hilfe bei Aufgaben ist, die ihnen schwerfallen. Für 63 % der erwerbstätigen Nutzerinnen und Nutzer trifft zudem eher oder voll und ganz zu, dass generative KI dabei geholfen hat, dass ihre Arbeitsergebnisse positiver wahrgenommen wurden, ohne dass sie dafür einen größeren Arbeitsaufwand gehabt hätten. Allgemein zeigt sich zudem ein positiver Zusammenhang derart, dass Personen, die generative KI bereits häufiger genutzt haben, auch häufiger diesen Aussagen zustimmen.
Trotz der hohen Zufriedenheit mit generativer KI überprüft ein Großteil die Ergebnisse: So stimmen 67 % der Erwerbstätigen, die textbasierte generative KI bereits im beruflichen Kontext genutzt haben, eher oder voll und ganz der Aussage zu, die von generativer KI erzeugten Ergebnisse auf Korrektheit überprüft zu haben. Interessant ist diese Einschätzung im Zusammenhang mit dem Wissen, dass die Ergebnisse generativer KI nicht immer vertrauenswürdig, sondern unter Umständen auch faktisch falsch oder unvollständig, unausgewogen oder widersprüchlich sein können. So überprüfen Erwerbstätige, die angeben, dass ihnen diese potenzielle Problematik bewusst ist, die Ergebnisse generativer KI deutlich häufiger als Erwerbstätige, die darüber keine oder nur eingeschränkte Kenntnis besitzen. Beispielsweise geben 77 % der erwerbstätigen beruflichen Nutzerinnen und Nutzer, welche eher oder voll und ganz der Ansicht sind, dass generative KI falsche Ergebnisse produzieren kann, auch eher oder voll und ganz an, die Ergebnisse im beruflichen Kontext auf Korrektheit überprüft zu haben.
Generativer KI wird in vielen Unternehmen Aufmerksamkeit beigemessen
In Unternehmen ist die Aufmerksamkeit für den Einsatz von generativer KI heterogen verteilt. So geben 39 % der internetnutzenden Erwerbstätigen in Deutschland, die schon einmal von generativer KI gehört haben, an, in ihrem Unternehmen oder ihrer Einrichtung würde dem Thema nur geringe oder keine Aufmerksamkeit beigemessen werden, wohingegen 31 % berichten, dem Thema werde in ihrem Unternehmen oder ihrer Einrichtung hohe oder sehr hohe Aufmerksamkeit zuteil. Es zeigt sich zudem ein deutlicher Zusammenhang mit der beruflichen Nutzung textbasierter generativer KI: Von den Erwerbstätigen, die textbasierte generative KI bereits beruflich genutzt haben, geben 61 % an, dass dem Einsatz generativer KI in ihrem Unternehmen oder ihrer Einrichtung hohe oder sehr hohe Aufmerksamkeit gewidmet wird. Bei den Erwerbstätigen, die schon von generativer KI gehört, textbasierte generative KI im beruflichen Kontext aber noch nie verwendet haben, berichten nur 17 % von hoher oder sehr hoher Aufmerksamkeit in ihrem Unternehmen oder ihrer Einrichtung.
Leitlinien zum Umgang mit generativer KI im Unternehmen größtenteils noch nicht vorhanden
Trotz der mittleren bis hohen Aufmerksamkeit für das Thema generative KI in vielen Unternehmen geben nur 21 % der internetnutzenden Erwerbstätigen, die bereits von generativer KI gehört haben, an, im beruflichen Kontext Vorgaben und Leitlinien für den Einsatz von generativer KI zu haben. Gleichzeitig berichtet eine deutliche Mehrheit von zwei Dritteln, dass es bei ihnen keine Vorgaben oder Leitlinien gibt. Bei Erwerbstätigen, die textbasierte generative KI bereits beruflich genutzt haben, beträgt dieser Anteil 46 %, bei Erwerbstätigen, die angeben, dass dem Thema in ihrem Unternehmen oder ihrer Einrichtung hohe oder sehr hohe Aufmerksamkeit zuteilwird, 43 %.
Knapp die Hälfte der Erwerbstätigen, die bereits von generativer KI gehört, aber beruflich keine Vorgaben und Leitlinien haben, wünschen sich derartige Vorgaben und Leitlinien. Gleichzeitig wünscht sich ein Viertel von ihnen weiterhin keine Vorgaben und Leitlinien. Auch hier bestehen Unterschiede im Zusammenhang mit der beruflichen Nutzung: Von den Erwerbstätigen ohne Vorgaben, die textbasierte generative KI beruflich bereits genutzt haben, wünschen sich mit 30 % etwas mehr keine klaren Vorgaben und Leitlinien zum Einsatz generativer KI als von denen ohne berufliche Nutzung (23 %).
Im Unternehmenskontext hält sich die Chancen-Risiko-Einschätzung die Waage
Bei der Frage nach Chancen und Risiken des Einsatzes generativer KI in Unternehmen ergibt sich bei den Erwerbstätigen ein etwas ausgewogeneres Bild als bei der Gesamtheit der Befragten. Knapp ein Viertel der Erwerbstätigen glaubt, dass die Chancen überwiegen, während ein weiteres Viertel eine pessimistischere Perspektive einnimmt und vor allem die Risiken betont. 42 % der Erwerbstätigen geben an, dass sich ihrer Meinung nach Chancen und Risiken generativer KI in Unternehmen die Waage halten.
Mehrheit geht vom Wegfall eigener beruflicher Tätigkeiten durch generative KI aus
Hinsichtlich erwarteter Veränderungen eigener beruflicher Tätigkeiten im Zusammenhang mit generativer KI ergibt sich, dass knapp die Hälfte der internetnutzenden Erwerbstätigen davon ausgeht, dass in den nächsten zehn Jahren alle oder zumindest Teile der Tätigkeiten in ihrem Beruf durch den steigenden Einsatz generativer KI überflüssig werden (47 %). Fast genauso viele sehen hier jedoch keine Substitutionsgefahr (43 %). Betrachtet man nur Erwerbstätige, die bereits textbasierte generative KI im Beruf genutzt haben und Erwerbstätige, die dies noch nicht getan haben, getrennt, ergeben sich deutliche Unterschiede. So rechnen 77 % der Erwerbstätigen, die textbasierte generative KI bereits beruflich genutzt haben, damit, dass zumindest Teile ihrer Tätigkeiten in Zukunft ersetzt werden könnten, bei Erwerbstätigen ohne berufliche Nutzung beträgt dieser Anteil nur 36 %.
Im Vergleich zur abstrakteren Frage aus dem „bidt-SZ-Digitalbarometer“ 2022, ob durch die Digitalisierung in den nächsten zehn Jahren Teile der Tätigkeiten wegfallen oder überflüssig werden, zeigt sich eine deutliche Zunahme der Erwartung eines Wegfalls von Tätigkeiten. So erwarteten im „bidt-SZ-Digitalbarometer“ 2022 nur 24 % der Erwerbstätigen, dass in den nächsten zehn Jahren Teile ihrer Tätigkeiten in ihrem Beruf aufgrund der Digitalisierung wegfallen würden. Nur 1 % befürchtete, dass alle Tätigkeiten überflüssig werden würden.
Deutliche Unterschiede zeigen sich bei der Betrachtung verschiedener Altersgruppen. Jüngere Erwerbstätige bis 29 Jahre nehmen eine deutlich pessimistischere Sichtweise ein als beispielsweise 50- bis 64-Jährige; bei Ersteren gehen 64 % davon aus, dass zumindest Teile der Tätigkeiten in ihrem Beruf durch generative KI ersetzt werden, während bei Letzteren nur 34 % dieser Meinung sind.
Auch hinsichtlich der Bildung ergibt sich ein heterogenes Meinungsbild. Bei den formal niedrig gebildeten Erwerbstätigen ohne Schulabschluss oder mit Haupt- oder Volksschulabschluss glauben 23 %, dass zumindest Teile der Tätigkeiten in ihrem Beruf in den nächsten zehn Jahren überflüssig werden, während es bei den formal mittel Gebildeten 39 % und bei den formal höher gebildeten Erwerbstätigen mit mindestens einer Fachhochschulreife sogar 56 % sind.
Entsprechend groß ist auch der Anteil (54 %) der internetnutzenden Erwerbstätigen, die der Aussage, dass durch generative KI in Zukunft Arbeitsplätze verlorengehen werden, eher oder voll und ganz zustimmen. Nur 10 % erwarten, dass es nicht zu einem Verlust von Arbeitsplätzen kommen wird.
Mehrheit der Bevölkerung wünscht sich stärkere Regulierung
Über die Hälfte (52 %) aller Internetnutzerinnen und -nutzer in Deutschland wünscht sich eine stärkere Regulierung von generativer KI. Nur 11 % sehen dazu eher oder ganz und gar keinen Anlass. Rund ein Viertel ist sogar der Ansicht, dass die Weiterentwicklung generativer KI gestoppt werden sollte. Gleichzeitig stimmen auch 37 % der Aussage eher oder voll und ganz zu, dass generative KI das Leben in Zukunft leichter machen wird. Des Weiteren sind 33 % eher oder voll und ganz der Meinung, dass der Einsatz generativer KI den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken wird, während 20 % gegenteiliger Ansicht sind. Insgesamt ergeben die Einschätzungen zu generativer KI in der Bevölkerung damit ein heterogenes Bild. Auf der einen Seite werden Befürchtungen und Ängste einhergehend mit einem starken Wunsch nach Regulierung betont, auf der anderen Seite gibt es jedoch auch Stimmen, die potenzielle positive Folgen generativer KI betonen.
Fazit
Die Zahlen der bidt-Erhebung zeigen, dass mit der Veröffentlichung von ChatGPT vor knapp einem Jahr eine relativ schnelle Verbreitung der Nutzung generativer KI in der Bevölkerung und an deutschen Arbeitsplätzen erfolgte. Diese Verbreitung ging Hand in Hand mit einer Zunahme der allgemeinen Befürchtungen vor einem Verlust von Arbeitsplätzen und spezifischen Befürchtungen vor einem Verlust von Tätigkeiten im eigenen Beruf bei Erwerbstätigen. Auffällig dabei ist, dass vor allem formal höher Gebildete einen Tätigkeitsverlust in ihrem Beruf durch den Einsatz generativer KI befürchten.
Diese Einschätzung deckt sich mit Befunden, wonach bei den gegenwärtigen, vor allem durch generative KI ausgelösten Transformationsprozessen insbesondere kognitive Fähigkeiten und damit Wissensarbeiter von der fortschreitenden Automatisierung betroffen sind (Gmyrek et al. 2023). So werden vor allem Tätigkeiten von Fachleuten aus Wirtschaft und Verwaltung sowie aus Wissenschaft und Technik in zunehmendem Maße von generativer KI übernommen werden (Oschinski 2023), aber auch kreative Bereiche sind zunehmend betroffen, wie jüngst u. a. der Arbeitskampf US-amerikanischer Drehbuchautorinnen und -autoren sowie Schauspielerinnen und Schauspieler verdeutlichte (The Guardian 2023). Weniger klar ist, ob sich auch die Befürchtungen großzahliger Arbeitsplatzverluste in Zukunft bewahrheiten werden. In einigen Berufen werden sich die Aufgaben verändern und Menschen verstärkt solche Tätigkeiten ausführen, die auch weiterhin nicht oder nicht gut genug von KI übernommen werden können. Die in der Befragung festgestellte Unterstützung von Erwerbstätigen bei ihrer Arbeit durch generative KI zeigt diese Entwicklungsrichtung auf. In anderen Berufen werden tatsächlich Arbeitsplätze wegfallen, während jedoch neue Berufe und neue Arbeitsplätze entstehen werden. So sehen Studien in Prognosen des Arbeitsmarkts auch eher einen Transformationsprozess, bei dem gleichzeitig Arbeitsplätze wegfallen und neue Stellen geschaffen werden, sodass es insgesamt nur zu einer mäßigen Veränderung der Gesamtzahl an Arbeitsplätzen kommt (Schneemann et al. 2023). Dieser Transformationsprozess ist jedoch nicht zu unterschätzen, bedeutet er doch eine erhebliche Umwälzung der Nachfrage nach Arbeitskräften und der Nachfrage nach bestimmten Kompetenzen.
In den meisten Fällen werden neue Arbeitsplätze mit neuen und höheren Kompetenzanforderungen an Beschäftigte einhergehen. Mehr denn je gewinnen daher die Erwachsenenbildung und ein lebenslanges Lernen an Bedeutung. Weiterbildungsangebote und Fördermöglichkeiten müssen entsprechend ausgebaut werden, um die Beschäftigungsfähigkeit der Menschen auch für die Zukunft zu erhalten. Dies gilt zum einen, um wichtige allgemeine Fähigkeiten für die Arbeitsplätze der Zukunft zu fördern, etwa analytisches und kreatives Denken, aber auch Belastbarkeit, Flexibilität und Agilität, Motivation sowie Selbstbewusstsein (WEF 2023). Zum anderen gilt dies auch für Fähigkeiten im Umgang mit generativer KI und einem Verständnis für diese Technologie, um einen sicheren und produktiven Einsatz zu fördern. Es sollte daher auch im Interesse der Unternehmen sein, dem in der Befragung geäußerten Wunsch vieler Beschäftigter, mehr über die Funktionsweise generativer KI erfahren zu wollen, durch geeignete Weiterbildungsangebote Rechnung zu tragen. Auch sollten Unternehmen über die Vorgabe klarer Leitlinien zum Umgang mit generativer KI nachdenken – nicht nur, um dem entsprechenden Wunsch vieler Beschäftigter zu folgen – sondern auch, um einen ungewollten Abfluss von Betriebsgeheimnissen oder anderer schutzwürdiger Daten entgegenzuwirken.
Langfristig werden die Auswirkungen generativer KI auf Gesellschaft und Wirtschaft entscheidend davon abhängen, wo und wie der Einsatz generativer KI erfolgt und wie er geregelt wird. Dem jüngst in der Bletchley Declaration von 28 Staaten geäußerten Ziel, dass KI so konzipiert, entwickelt, eingesetzt und genutzt werden soll, dass sie sicher, menschenzentriert, vertrauenswürdig und verantwortungsvoll ist (Bletchley Declaration 2023), müssen geeignete politische Maßnahmen folgen. Diese Maßnahmen müssen dabei eine Balance zwischen verschiedenen Interessen wahren und sicherstellen, dass die vorhergesagten hohen zusätzlichen Gewinne durch generative KI nicht nur wenigen Personen zugutekommen. Die Bemühungen der Europäischen Union, bei der Regulierung von KI mit dem AI Act einen risikobasierten Ansatz zu verfolgen, bei dem insbesondere risikobehaftete Anwendungen stärker reguliert werden (European Parliament 2023), gehen vor dem Hintergrund der Studienergebnisse prinzipiell in die richtige Richtung. So wünschen sich nicht nur viele Menschen eine stärkere Regulierung von KI, sondern fürchten sogar einen Verlust der Kontrolle über die Technologie, der umso gravierender wäre, je risikobehafteter die Anwendung von generativer KI ist.
*Anpassungen im Text/an der Beschriftung der Grafik am 15.03.2024 und 21.06.2024 im Zuge einer Präzisierung der Kategorienzuordnung, bzw. des Nutzungskontexts.