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Generative KI verändert Schule und Studium – zentrale Herausforderungen

Bessere Noten mithilfe von ChatGPT? Generative künstliche Intelligenz (KI) hat längst Einzug in Klassenzimmer und Hochschulen gehalten und wird das deutsche Bildungssystem nachhaltig verändern. Eine neue bidt-Studie zeigt, wie erwachsene Schülerinnen und Schüler sowie Studierende die Technologien nutzen, ihre Chancen einschätzen und wo sie Regulierungsbedarf sehen. Nachhilfe ist laut den Ergebnissen an mehreren Stellen notwendig: Eine kritische Auseinandersetzung mit KI, klare Leitlinien und kontrollierte Prüfungsformate sind nur ein paar der aktuellen Herausforderungen.

Cover bidt Studie

Eine Studie des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation (bidt) der Bayerischen Akademie der Wissenschaften legt dar, wie generative künstliche Intelligenz insbesondere im Bildungskontext genutzt und wahrgenommen wird. Im Auftrag des bidt befragte das Marktforschungsinstitut DCORE im Juli und August 2023 3.020 Internetnutzende in Deutschland, darunter 252 Schülerinnen und Schüler ab 18 Jahren und 981 Studierende ab 18 Jahren.

Hier geht es zur Studie:

Drei Viertel der befragten Lernenden setzen generative KI ein

Die junge Generation kennt generative KI häufiger als der Rest der Bevölkerung. Während 92 Prozent der erwachsenen Schülerinnen und Schüler und 98 Prozent der Studierenden bereits von der Technologie gehört haben, sind es unter den restlichen befragten Internetnutzenden 77 Prozent. Noch deutlicher sind die Unterschiede jedoch bei der Nutzung. Nur ein Viertel der Befragten, die keine Schule oder Hochschule besuchen, hat generative KI bereits verwendet. Im Gegensatz dazu haben rund drei Viertel der Schülerinnen und Schüler (73 Prozent) sowie Studierenden jeweils ab 18 Jahren (78 Prozent) die Technologie bereits eingesetzt. Insgesamt verwenden männliche Lernende sie häufiger als weibliche.

Zeitersparnis und bessere Noten – selbst ohne entsprechende Leistung

Erstaunlich ist der wahrgenommene Einfluss generativer KI auf die Benotung: Vier von zehn erwachsenen Schülerinnen und Schülern (42 Prozent) und 45 Prozent der Studierenden sind der Meinung, dass sie durch generative KI bessere Noten erhalten hätten, ohne dafür eine angemessene Leistung erbracht zu haben. Andererseits stimmt auch die Hälfte der befragten Lernenden der Aussage zu, dass der Einsatz von generativer KI im Rahmen von Schule oder Studium zu einer Leistungssteigerung führt. Insgesamt sehen sowohl erwachsene Schülerinnen und Schüler als auch Studierende die Vorteile der Technologie. Sie konnten die erzeugten Ergebnisse überwiegend sinnvoll nutzen, durch den Einsatz generativer KI leichter lernen und Zeit sparen. Während ChatGPT und Co. in der Schule eher für Textzusammenfassungen (68 Prozent) verwendet werden, besteht der Hauptzweck bei Studierenden in der Recherche (59 Prozent).

Interesse an tieferem Verständnis steigt mit Wissensstand

Nur, weil die Lernenden generative KI kennen und nutzen, verstehen sie die Technologie nicht notwendigerweise. Lediglich etwa die Hälfte der betrachteten Lernenden, die zumindest schon von generativer KI gehört haben, gibt auch an, ihre Grundlagen zu verstehen. Doch zeigt sich auch: Je häufiger die Lernenden generative KI nutzen, desto eher verstehen sie die Technologie. Zudem würde etwa die Hälfte der betrachteten Schülerinnen und Schüler (45 Prozent) sowie Studierenden (57 Prozent) generative KI-Systeme gerne besser verstehen. Wobei insbesondere die Personen mit mehr Verständnis der Technologie dieses Wissen noch weiter vertiefen wollen.

Kritische Auseinandersetzung noch ausbaufähig

Beim Risikobewusstsein besteht Nachholbedarf: Nicht mehr als 50 Prozent der betrachteten Schülerinnen und Schüler und 56 Prozent der Studierenden sind sich bewusst, dass erzeugte Ergebnisse faktisch falsch sein können. Auch eine kritische Auseinandersetzung ist nur teilweise vorhanden: Weniger als zwei von drei Schülerinnen und Schülern (59 Prozent) und Studierenden (58 Prozent) überprüfen die Korrektheit der Ergebnisse textbasierter generativer KI im Kontext von Schule oder Studium. Zum Vergleich: Im beruflichen Kontext sind es unter den nicht studierenden Erwerbstätigen immerhin 70 Prozent.

Antonia Schlude, wissenschaftliche Referentin des bidt Think Tank, betont:

Ein erheblicher Anteil der Lernenden ist sich nicht bewusst, dass generative KI unvollständige, unausgewogene oder widersprüchliche Ergebnisse liefern kann. Umso wichtiger ist es, diese Grenzen aufzuzeigen und die Technologie- und Medienkompetenzen von Lernenden und Lehrenden zu fördern.

Antonia Schlude Zum Profil

Wunsch nach Leitlinien, kontrollierten Prüfungsformaten oder sogar Verbot

Auch bei den Lehrenden herrscht zum Teil Unwissenheit. Bei einem Drittel der volljährigen Lernenden, die textbasierte generative KI im Rahmen von Schule oder Studium eingesetzt haben, wisse das Lehrpersonal nichts von der Nutzung. Zudem berichten 54 Prozent der Schülerinnen und Schüler und 41 Prozent der Studierenden ab jeweils 18 Jahren, dass es an ihrer Bildungseinrichtung keine Leitlinien gebe. Wenn Regelungen vorhanden sind, werden sie überwiegend eingehalten (61 Prozent). Wenn keine Regelungen vorhanden sind, wünschen sich 44 Prozent der betrachteten Schülerinnen und Schüler und 57 Prozent der Studierenden ebensolche. Auch sprechen sich immerhin 47 Prozent der Studierenden für mehr kontrollierte Prüfungsformate aus, ein Drittel (31 Prozent) ist sogar für ein Verbot von generativer KI.

Große Herausforderungen für das deutsche Bildungssystem

Den Lernenden ist mehrheitlich klar, dass der Einsatz generativer KI das deutsche Bildungssystem vor große Herausforderungen stellen wird. Eine wichtige Aufgabe ist es, mit der rasanten Entwicklung der Technologie Schritt zu halten und schnell mit geeigneten Maßnahmen zu reagieren.

Roland A. Stürz, Abteilungsleiter des bidt Think Tank und Leiter der Studie, sieht Handlungsbedarf auf verschiedenen Ebenen:

Generative KI setzt das deutsche Bildungssystem massiv unter Druck. Bildungseinrichtungen müssen sich flexibler und agiler aufstellen und bildungspolitische Maßnahmen ergriffen werden: Klare Regelungen, Kompetenzaufbau und eine adäquate Leistungsbewertung sind nur einige der großen Herausforderungen, vor denen Schulen und Hochschulen jetzt stehen.

Dr. Roland A. Stürz Zum Profil

Zum Hintergrund

Die Studie ist der zweite Teil der bidt-Befragung zu generativer KI in Deutschland. Den ersten Teil finden Sie hier:

Informationen zum übergeordneten Forschungsprojekt des Think Tank gibt es hier:

Autor:innen der Studie

Antonia Schlude

Wissenschaftliche Referentin Think Tank, bidt

Ulrike Mendel

Wissenschaftliche Referentin Think Tank, bidt

Dr. Roland A. Stürz

Abteilungsleiter Think Tank, bidt

Dr. Micha Fischer

Wissenschaftlicher Referent Think Tank, bidt

Ansprechpartner:innen

Pressekontakt

Leonie Liebich

Referentin Dialog, bidt

Anfragen zur Studie

Dr. Roland A. Stürz

Abteilungsleiter Think Tank, bidt