Definition und Abgrenzung
Die digitale Infrastruktur ermöglicht die Erreichbarkeit des Internets und dadurch die Verwendung digitaler Dienste. Diese sind Grundlage für die digitale Transformation und Digitalisierung. Die digitale Infrastruktur wird unterteilt in das kabelbasierte Festnetz sowie das Mobilfunknetz.
Innerhalb des Telekommunikationsnetzwerks als Fundament für die kabelbasierte digitale Infrastruktur wird zwischen kupferbasierten (herkömmliche Telefonkabel) und lichtwellenbasierten (Glasfaserkabel) Übertragungsmedien differenziert. Diese beiden Technologien unterscheiden sich maßgeblich in der Übertragungsgeschwindigkeit, wobei die lichtwellenbasierte Übertragung erheblich schnellere Verbindungen zu digitalen Applikationen ermöglicht. Des Weiteren gibt es die Möglichkeit, sich mit der digitalen Infrastruktur über das Fernsehkabelnetz zu verbinden. Jedes Gebäude kann an die unterschiedlichen Kabelnetzwerke angeschlossen werden. Mithilfe von Routern zapfen die jeweiligen Haushalte des angeschlossenen Gebäudes das Netzwerk individuell an. [1, 2]
Geräte mit entsprechend integrierter Technologie können zusätzlich mit dem Mobilfunknetz verbunden werden. Hierbei wird mit dem verwendeten Gerät eine Verbindung zu dem nächstgelegenen Funkmast aufgebaut, über den Verbindungen zu anderen Teilnehmern im lokalen als auch – via Kabel – überregionalen Netz ermöglicht werden. Die Geschwindigkeit der Übertragung von Daten ist jeweils vom verfügbaren Mobilfunkstandard des Geräts und Funkmasten abhängig. Hierbei wird differenziert in Generationen (G), die jeweils unterschiedliche Technologien in verschiedenen Netzfrequenzen und dadurch Übertragungsgeschwindigkeiten zu Verfügung stellen. [3]
Die Verwendung des über diese digitale Infrastruktur bereitgestellten Internets wird ebenso wie die Netze selbst durch privatwirtschaftliche Firmen verwaltet. In Deutschland sind die drei derzeit größten Netzanbieter die Deutsche Telekom, Telefonica Deutschland und Vodafone. [4]
Vereinzelt werden zur digitalen Infrastruktur auch durch das Internet zugängliche Angebote wie Cloud Services oder das World Wide Web gezählt, wobei diese eher als Dienste zur Nutzung des Internets und nicht als grundlegende digitale Infrastruktur verstanden werden können.
Geschichte
Mit beginnender Kommerzialisierung des Internets in den 1990er-Jahren wurde auch der Aufbau einer digitalen Infrastruktur relevant. Die Technologie wurde in den 1960er-Jahren aufbauend auf der bestehenden Telekommunikationsinfrastruktur entwickelt. Daher war in den ersten Jahren die Telefonleitung der einzige Zugang zum neuen Kommunikationsmedium. Diese zu Beginn analoge Doppelbelegung der bestehenden ISDN-Telefonleitung für die Telefon- und Internetnutzung führte dazu, dass ein Haushalt entweder telefonieren oder das Internet verwenden konnte. Die Einführung eines DSL-Modems und Splitters, der Sprach- und Datensignal auf Anwenderseite trennte, führte dazu, dass die bestehende Telekommunikationsinfrastruktur weiterhin Hauptmedium für beide Kommunikationskanäle bleiben konnte. Die sich allerdings immer schneller entwickelnde Informations- und Kommunikationsbranche benötigte erhebliche Steigerungen der Leistungsfähigkeit von Übertragungsgeschwindigkeiten und Rechenkapazitäten nicht nur in den Endgeräten, sondern insbesondere auch in der Infrastruktur. [2]
Die bestehende Telekommunikationsinfrastruktur basierte auf einem Netz aus Kupferleitungen, die auf längere Entfernungen große Leistungsabfälle verzeichnen. Daher wird seit einigen Jahren die bestehende Infrastruktur durch die leistungsfähigeren Glasfaserleitungen ergänzt. Da hierbei ein neuer Kabelstrang der bestehenden Telekommunikationsinfrastruktur hinzugefügt wird, ist der Ausbau mit großen Kosten verbunden. Aktuell wird die Verlegung von Glasfaserkabeln bis zu Verteilerkästen vorangetrieben. Ab den Verteilerkästen, von wo aus Haushalte in den jeweiligen Straßenabschnitten versorgt werden, wird die bestehende Kupferleitung verwendet. Folglich ist das kupferbasierte Telefonkabel kürzer und kann durch weitere Optimierungen (Vectoring) in den Verteilerkästen für den gesteigerten Leistungsbedarf genutzt werden. [1, 2]
Parallel hierzu entwickelten sich unterschiedliche Mobilfunkstandards, die in Generationen (G) unterteilt werden. Während bis in die frühen 2000er-Jahre noch mit 2G im GSM- und EDGE-Netz vorrangig telefoniert oder eine MMS versendet werden konnte, wurde mit der Jahrtausendwende UMTS und dadurch 3G eingeläutet. Die Weiterentwicklung dieser Technologie in HSPA und HSPA+ ermöglichte erstmals sekundenschnelle Datenversendungen von kleineren Datenpaketen. Seit 2015 gibt es das sogenannte LTE-Netz, das in seiner ersten Form noch 3G angehört. LTE-Advanced, eine optimierte Version des ursprünglichen Datentransferprotokolls, ist gleichzustellen mit 4G, der derzeit noch schnellsten am Markt verfügbaren Generation. Aktuell ist der Aufbau des 5G-Netzes in Planung, mit dessen verzögerungsfreien Übertragung erstmals autonome Fahrzeuge, Telemedizin und smarte Netze störungsfrei funktionieren sollen. [3]
Anwendung und Beispiele
Die digitale Infrastruktur wird für internetbasierte Dienste und Produkte benötigt. Über das Netzwerk werden Geräte wie Laptops und Smartphones oder auch Sensoren vernetzt. Dadurch ist ein Austausch von Datenpaketen, die Applikationen oder Informationen beinhalten können, möglich.
Industrie 4.0-Entwicklungen basieren auf der Vernetzung von Maschinen, Zulieferern und Mitarbeitern entlang von beispielsweise Produktionsketten, die über einen einzelnen Standort hinaus agieren. Ohne eine digitale Infrastruktur und die darüber bereitgestellte Vernetzung mit ortsunabhängigen Teilnehmern der Produktionskette wäre eine solche Entwicklung nicht möglich. [5]
Weitere Beispiele sind in fast jedem Wirtschaftssektor zu finden. Neben Smart Grids und Smart Metering im Energiesektor wird Smart Farming für den Landwirtschaftssektor immer relevanter. Smart Homes für die Gesellschaft und Ambient Assistent Living für die ältere Generation zeigen, dass digitale Anwendungen jeden Bereich des Alltags bereits für sich gewinnen. [6]
Kritik und Probleme
Ausbau und Betrieb der digitalen Infrastruktur werden durch den freien Markt reguliert. Die Wirtschaftlichkeit des Ausbaus ist aufgrund der geringeren Bevölkerungsdichte in ländlichen und dünn besiedelten Regionen weit weniger gewährleistet als in Städten. Allerdings wird die digitale Infrastruktur heutzutage von einem Großteil der Bevölkerung als Kritische Infrastruktur und teilweise öffentliches Gut wahrgenommen. [7]
Die Nichterreichbarkeit des Internets und der hierdurch bereitgestellten Dienste stellt besonders seit der Coronapandemie Unternehmen und Privathaushalte vor große Probleme. Teilen der Bevölkerung wird aufgrund des Pandemiegeschehens zu Homeoffice geraten, wobei hier eine Mindestgeschwindigkeit von 50 Mbit/s definiert wird, um flüssig arbeiten zu können. Ebenfalls im Bildungswesen sind Schüler*innen, Studierende, Lehrende und Dozierende von einer guten digitalen Infrastruktur abhängig.
Während in städtischen Regionen 98 % der Haushalte über einen Anschluss mit einer Bandbreite von 50 Mbit/s verfügen, muss jeder fünfte Haushalt in ländlichen Regionen mit geringeren Bandbreiten zurechtkommen. [9]
Die Bundesregierung hat daher schon seit einigen Jahren unterschiedliche Finanzierungsprogramme entwickelt, um auch für wirtschaftlich unrentable Regionen einen Ausbau der digitalen Infrastruktur zu ermöglichen. [8] Jedoch steigt die Relevanz einer störungsfreien und schnellen Verbindung schneller als der Ausbau vorangetrieben werden kann. Dadurch sinkt die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität weniger gut an die digitale Infrastruktur angebundener Regionen stetig und verschärft so fortlaufend bestehende regionale Wirtschaftsdifferenzen. [6] Gleichzeitig gibt es andere Stimmen, die den Ausbau der digitalen Infrastruktur durch derlei Infrastruktur-Förderprogramme kritisch betrachten. Der einheitliche und flächendeckende Ausbau solle durch eine zwar staatliche, aber bedarfsorientierte Infrastruktur-Förderung abgelöst werden. [5]
Forschung
Derzeit liegt ein Forschungsfokus in den Anwendungsszenarien und infrastrukturbedingten Ausbaumöglichkeiten von 5G. [10]
Andere Forschungsprojekte befassen sich mit der Verwendung des durch die digitale Infrastruktur bereitgestellten Internets, seinen Möglichkeiten und Herausforderungen auf technologischer, wirtschaftlicher, juristischer als auch sozialpolitischer Seite.
Im bereits abgeschlossenen Projekt „Digitale Transformationsstrategien der bundesdeutschen Länder“ wurden die Digitalisierungsstrategien der deutschen Bundesländer untersucht. Die Abschlusspublikation berücksichtigt auch das Thema digitale Infrastruktur und den Ausbau des Mobil- und Breitbandnetzes in Deutschland.
Das Doktorandenprojekt „Analyse und dynamische Optimierung von Fahrzeugkommunikation“ beschäftigt sich mit der Frage, wie über das Mobilfunknetz eine optimale Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation erreicht werden kann.
Weiterführende Links und Literatur
Bundes-Förderprogramme der digitalen Infrastruktur:
Literaturempfehlung im Zusammenhang mit der Funktionsweise des Mobilfunks:
Martin Sauter, From GSM to LTE-Advanced Pro and 5G: An Introduction to Mobile Networks and Mobile Broadband, 4th Edition, John Wiley & Sons, 2021 (ISBN: 978-1-119-71469-9)
Quellen
[2] Achim Wambach, Erik Gawel, Rafael Aigner, Lars Handrich, Georg Koopmann: Kurz kommentiert.
[3] Martin Sauter, Grundkurs Mobile Kommunikationssysteme: UMTS, HSDPA und LTE, GSM, GPRS und Wireless LAN, Vieweg + Teubner, Wiesbaden, 2011.
[4] Statista: Umsatz der führenden Telekommunikationsunternehmen in Deutschland bis 2020.
[5] ifo Institut: Digitale Infrastruktur.
[7] PricewaterhouseCoopers: Warum die digitale Infrastruktur zum politischen Schlüsselthema wird.
[8] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Die Breitbandförderung des Bundes.