Ein Gespür für die aktuelle KI-Transformation zu entwickeln, sei essenziell, stellte Keynote-Speaker und Internetunternehmer Sascha Lobo zum Veranstaltungsauftakt fest, denn sie werde nach wie vor unterschätzt. Doch wie können wir das Digitalisierungsnarrativ in Deutschland in eine positive Richtung wenden? Diese Frage klang in hochkarätigen Panels aus Wissenschaft und Gesellschaft an. Dabei wurden zentrale Ergebnisse aus bidt-Forschungsprojekten sowie laufende Projekte des bidt Graduate Centers vorgestellt und die Konferenzgäste zur Interaktion aufgerufen. Auf dem „bidt Marktplatz“ und beim abendlichen Get-together gab es Gelegenheit, mit den Forschenden ins Gespräch zu kommen. Hier kommen Impressionen, Highlights und Denkanstöße der zwei Konferenztage.
Wo liegt die Verantwortung im Zusammenspiel von Mensch und Maschine?
Zu den zentralen Themen zählten Aspekte rund um Vertrauen und Verantwortung im Zusammenhang mit generativer KI. Schließlich werfen Sprachmodelle wie ChatGPT uns auf die Frage nach dem „Kern des Menschlichen“ zurück, erläuterte Professor Jürgen Pfeffer (TU München). Wie Sprachmodelle soziale Ungleichheiten beeinflussen können, wurde ebenso diskutiert wie die Verantwortlichkeit bei missbräuchlicher Nutzung von KI oder der Verbreitung von Falschinformationen. Gemeinsamer Tenor des Diskurses: An vielen Stellen sind politische Maßnahmen erforderlich. Doch die Digitalisierung ist ein gesamtgesellschaftliches Gestaltungsthema, das auch die Selbstverantwortung der Bürgerinnen und Bürger betrifft, so Professor Alexander Pretschner, Vorsitzender des bidt-Direktoriums (TU München).
„Es braucht keine ‚German Angst‘, aber einen nuancierten Diskurs … Ich wünsche mir, dass wir in den Fahrer:innensitz der Digitalisierung kommen.“
Lajla Fetic (Bertelsmann Stiftung)
Ist für eine gemeinwohlorientierte Digitalisierung mehr Regulierung nötig?
Können Meinungsfreiheit und freie partizipative Kultur im Netz durch Regulierung geschützt werden? Wo sind Regulierung oder Kuration sinnvoll? Der Diskurs über gemeinwohlorientierte Datennutzung war ein weiterer zentraler Diskussionspunkt. Ist ein pragmatischer, konstruktiver Ansatz beim Datenschutzgesetz dafür vonnöten? stellte Professor Dirk Heckmann (bidt/TU München) zur Diskussion. Generell bedürfe es einer rationaleren Chancen-Risiko-Abwägung beim Einsatz innovativer Technologien, ergänzte Professor Thomas Hess (bidt/LMU München). Einig war man sich: Wir müssen die digitale Transformation gestalten, nicht sie uns.
„Ich glaube, wir brauchen wegen der Monopolisierung der Infrastruktur der digitalen Kommunikation, wegen der hochgradigen Kommerzialisierung, wegen der Dominanz der Silicon-Valley-Konzerne, eine alternative Infrastruktur digitaler Kommunikation in öffentlicher, öffentlich-rechtlicher oder etwa Stiftungsverantwortung. In Europa wird darüber gelegentlich diskutiert, aber in die Pötte kommt dazu bislang niemand.“
Prof. Dr. Dr. h.c. Julian Nida-Rümelin (bidt/LMU München)
Wie bauen wir eine positive digitale Zukunft in Deutschland?
Vor der „German Angst“ warnte Sascha Lobo in seiner Keynote und dass wir uns in Europa nicht von einem Angstszenario in Bezug auf KI lähmen lassen sollten. Die Lösungsansätze, die im Rahmen der Konferenz diskutiert wurden, drehten sich etwa um Kompetenzaufbau und AI Literacy, transparentere Kommunikation von Entscheidungstragenden und den Medien sowie grundlegend neue Konzepte in der Bildungs- und Hochschullandschaft. Auch ein Neudenken der Arbeitswelt – mit proaktiv und gemeinsam gestalteten Veränderungsprozessen – wurde in den Blick genommen.
„Da wo ich Spezialist bin, kann ich mehr Hilfe und noch besseren und schnelleren Output bekommen.“
Anna Kopp (Microsoft Deutschland GmbH)
Die digitale Transformation gemeinsam gestalten
Zum Konferenzabschluss rief Valerie Mocker (Geschäftsführerin von Wingwomen) in ihrer Keynote zu mehr Mut auf: Mut, andere mit einzubeziehen, Mut, die Dinge lieber unperfekt zu machen, als sie gar nicht zu machen, Mut, sich – trotz Angst – einzumischen und die Digitalisierung gemeinwohlorientiert für alle Menschen mitzugestalten. Ein schönes Schlusswort für eine Konferenz, die Handlungsfelder der digitalen Kommunikation aus unterschiedlichen Perspektiven in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen beleuchtete.
„Niemand kann dir ein Zeugnis, Zertifikat oder die Erlaubnis geben, die Zukunft mitzugestalten. Wir brauchen mehr Menschen mit dem Mut, sich einzumischen. Die mit ihren Ideen eine Welt bauen, in der alle von Technologie, dem Internet und digitalen Innovationen profitieren.“
Valerie Mocker (Wingwomen)
Ausgewählte Highlights
Interview mit Sascha Lobo
Video
Bildergalerie
© bidt/Klaus D. Wolf