| Analysen & Studien | Digitalisierung durch Corona? Homeoffice in Bayern im Februar 2021

Digitalisierung durch Corona? Homeoffice in Bayern im Februar 2021

Dr. Roland A. Stürz bidt

Mit der am 27. Januar 2021 in Kraft getretenen Arbeitsschutzverordnung sind Unternehmen angehalten, Homeoffice so weit wie möglich anzubieten. Mit seiner jüngsten, dritten Befragungswelle zu Homeoffice in Deutschland untersucht das Bayerische Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt) erstmals auch die aktuelle Verbreitung und Akzeptanz von Homeoffice speziell in Bayern.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales reagierte im Januar 2021 mit einer neuen SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung auf die hohen Coronainzidenzwerte. Losgelöst von der auf der arbeitspolitischen Agenda stehenden Regulierung von Homeoffice hat die neue Arbeitsschutzverordnung das Ziel, das Risiko von Coronavirusinfektionen bei der Arbeit zu minimieren und die Sicherheit und Gesundheit von Beschäftigten zu schützen. Sie enthält neben weiteren Maßnahmen zur Kontaktreduktion im Betrieb auch die arbeitgeberseitige Pflicht, Beschäftigten im Falle von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten Homeoffice zu ermöglichen (Bundesanzeiger 2021). Die Verordnung trat am 27. Januar 2021 in Kraft, ihre Gültigkeit wurde jüngst durch Beschluss von Bund und Ländern bis zum 30. April 2021 verlängert (Bundesregierung 2021). Bereits zuvor hatte die Bayerische Staatsregierung Mitte Januar auf einem Homeoffice-Gipfel an die Unternehmen in Bayern appelliert, so viele Beschäftigte wie möglich von zu Hause aus arbeiten zu lassen (Süddeutsche Zeitung, 13.01.2021).

Homeoffice-Befragung Bayern Februar 2021

Das Bayerische Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt) nahm die neue SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung zum Anlass, die Auswirkungen dieser Verordnung auf die Verbreitung und Akzeptanz der Arbeit im Homeoffice in Bayern und Gesamtdeutschland zu beleuchten. Dazu führte das bidt vom 5. bis 7. Februar 2021 – also kurz nach Inkrafttreten der neuen Verordnung – eine repräsentative Kurzbefragung in Bayern durch. Unter Nutzung von Google Surveys wurden 1.058 erwachsene berufstätige Internetnutzerinnen und -nutzer in Bayern befragt. Daneben wurde die Befragung vom 4. bis 8. Februar 2021 unter Nutzung von Google Surveys auch an 1.564 erwachsene berufstätige Internetnutzerinnen und -nutzer in ganz Deutschland gerichtet. Im Folgenden werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Homeoffice-Nutzung in Bayern und Deutschland aufgezeigt.

Arbeitsschutzverordnung zeigt Effekte: ArbeitgeberInnen reagieren mit Ausweitung der Homeoffice-Möglichkeiten

39 % der bayerischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer berichten, dass die Arbeitgeberseite die Homeoffice-Möglichkeiten aufgrund der Verordnung ausgeweitet hat. Die überwiegende Mehrheit der von der Ausweitung betroffenen Beschäftigten wollen die erweiterten Homeoffice-Möglichkeiten selbst auch nutzen (32 % aller bayerischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer), für 7 % aller bayerischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gilt dies nicht. Bei 61 % der bayerischen Beschäftigten erfolgte keine Ausweitung von Homeoffice. Dies lag hauptsächlich daran, dass die Homeoffice-Möglichkeiten bereits ausgeschöpft waren (bei 16 % der bayerischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) oder die Tätigkeiten allgemein kein Homeoffice zulassen (bei 32 % der bayerischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer). Weitere 13 % der Beschäftigten in Bayern geben an, dass ihre Arbeitgeberin oder ihr Arbeitgeber bisher nicht auf die neue Verordnung reagiert hat.

Im Vergleich zu den deutschlandweiten Zahlen fällt auf, dass in Bayern ein etwas größerer Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einer Ausweitung der Homeoffice-Möglichkeiten aufgrund der neuen Verordnung berichtet.

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Hohe Homeoffice-Nutzung in Bayern: 55  % der Berufstätigen mindestens ab und zu im Homeoffice

Die Nutzung von Homeoffice ist derzeit in Bayern weitverbreitet. So befinden sich aktuell 55 % aller erwachsenen berufstätigen Internetnutzerinnen und -nutzer in Bayern mindestens ab und zu im Homeoffice. Dies sind 6 Prozentpunkte mehr als im bundesweiten Durchschnitt. Zugleich fällt auf, dass auch schon vor der Coronapandemie die gelegentliche Homeoffice-Nutzung in Bayern etwas stärker verbreitet war als in Gesamtdeutschland. So geben 39 % der bayerischen Befragten an, auch vor der Coronakrise mindestens ab und zu von zu Hause aus gearbeitet zu haben. Deutschlandweit liegt dieser Wert bei 35 %. Bei der intensiven Nutzung von Homeoffice mehrmals pro Woche unterscheidet sich das Vorkrisenniveau in Bayern hingegen nicht von dem für Gesamtdeutschland. 48 % aller Berufstätigen in Bayern geben an, derzeit mehrmals pro Woche von zu Hause aus zu arbeiten. Deutschlandweit sind dies aktuell nur 41 %.

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Betrachtet man die Homeoffice-Nutzung nach der an einem typischen Arbeitstag überwiegend ausgeübten Tätigkeit, zeigt sich, dass es vor allem Personen mit Schreibtischtätigkeiten und Tätigkeiten in den Bereichen Unterricht, Ausbildung und Beratung sind, die gegenwärtig Homeoffice nutzen. Befragte mit anderen Tätigkeiten – wie zum Beispiel dem Herstellen von Waren, der Beförderung von Personen beziehungsweise Waren oder in Heil- und Pflegeberufen – sind weitaus weniger häufig im Homeoffice. Ein deutlicher Unterschied zwischen berufstätigen Internetnutzerinnen und -nutzern in Bayern und Gesamtdeutschland zeigt sich für Befragte mit Tätigkeiten in den Bereichen Unterricht, Ausbildung und Beratung. Bereits vor der Coronapandemie war bei dieser Personengruppe in Bayern die gelegentliche Homeoffice-Nutzung deutlich stärker ausgeprägt als im bundesdeutschen Durchschnitt. Jetzt während der Coronakrise verstärkt sich dieser Unterschied weiter. So geben 87 % der bayerischen Befragten mit Tätigkeiten in den Bereichen Unterricht, Ausbildung und Beratung an, derzeit mindestens ab und zu von zu Hause aus zu arbeiten, 21 Prozentpunkte mehr als im bundesweiten Durchschnitt. Auch bei der intensiven Homeoffice-Nutzung mehrmals pro Woche liegt diese Personengruppe in Bayern mit 73 % deutlich über dem deutschlandweiten Wert von 54 %. Es scheint somit, dass die insgesamt leicht höhere Homeoffice-Nutzung in Bayern im Vergleich zu Gesamtdeutschland vor allem auf Personen mit Tätigkeiten in den Bereichen Unterricht, Ausbildung und Beratung zurückzuführen ist.

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Homeoffice-Potenzial bei häufiger Nutzung weitgehend ausgeschöpft

Die erwachsenen berufstätigen Internetnutzerinnen und -nutzer wurden auch um eine Einschätzung gebeten, wie häufig ihre aktuellen beruflichen Tätigkeiten Homeoffice maximal zulassen würden. Die Einschätzung zum persönlichen Homeoffice-Potenzial sollte dabei unabhängig davon angegeben werden, ob die Arbeitgeberseite Homeoffice erlaubt oder ob ein solches Angebot überhaupt genutzt werden würde.

Die subjektive Bewertung des Potenzials für die Nutzung von Homeoffice kann der tatsächlichen Nutzung gegenübergestellt werden. Daraus wird erkenntlich, inwieweit das Homeoffice-Potenzial ausgeschöpft ist. Es zeigt sich, dass derzeit etwa 31 % aller Berufstätigen in Bayern (fast) ausschließlich im Homeoffice arbeiten. Allerdings geben nur rund 21 % der Befragten in Bayern an, dass sich ihre Tätigkeiten auch (fast) ausschließlich im Homeoffice ausüben lassen. Bei dieser Gruppe ist das Homeoffice-Potenzial damit aktuell bereits mehr als ausgeschöpft. Eine Reduzierung der Homeoffice-Nutzung nach der Coronakrise erscheint somit bei dieser Gruppe der Befragten erforderlich, damit den jeweiligen Tätigkeiten überhaupt sinnvoll nachgegangen werden kann.

Betrachtet man nun diejenigen, die mehrmals pro Woche oder (fast) ausschließlich Homeoffice nutzen können, so ergibt sich bei den berufstätigen Internetnutzerinnen und -nutzern in Bayern ein Potenzial von 51 %. Tatsächlich arbeiten derzeit 48 % mehrmals pro Woche oder (fast) ausschließlich von zu Hause aus. Das bedeutet, dass in dieser größeren Gruppe der Häufig-Nutzenden das Homeoffice-Potenzial praktisch ausgeschöpft ist. Zu beachten ist dabei nämlich auch, dass nicht alle Berufstätigen das mögliche Potenzial ausschöpfen wollen und rund 7 % aller bayerischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angeben, die gegenwärtig erfolgte Ausweitung der Homeoffice-Möglichkeiten nicht zu nutzen.

Erweitert man die Betrachtung auf die gelegentliche Nutzung von Homeoffice, steht einem Potenzial von insgesamt 64 % aller berufstätigen Internetnutzerinnen und -nutzer in Bayern eine tatsächliche Nutzung von 55 % gegenüber. Bei Beschäftigten mit einer möglichen Homeoffice-Nutzung etwa einmal pro Woche oder seltener ist das Potenzial demzufolge noch nicht vollständig ausgeschöpft.

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Die deutschlandweiten Ergebnisse sind dabei den bayerischen sehr ähnlich. Etwa 26 % aller berufstätigen Internetnutzerinnen und -nutzer in Deutschland sind derzeit (fast) ausschließlich im Homeoffice. Nur rund 19 % der Befragten geben an, dass sich ihre Tätigkeiten auch (fast) ausschließlich im Homeoffice ausüben lassen. Bei dieser Gruppe ist das Homeoffice-Potenzial damit auch deutschlandweit aktuell mehr als ausgeschöpft. Für eine Homeoffice-Nutzung mehrmals pro Woche oder (fast) ausschließlich ergibt sich bei den befragten berufstätigen Deutschen ein selbst eingeschätztes Potenzial von 46 %. Tatsächlich arbeiten derzeit 41 % mehrmals pro Woche oder (fast) ausschließlich von zu Hause aus. Erweitert man die Betrachtung auf die gelegentliche Nutzung von Homeoffice, steht einem Potenzial von insgesamt 61 % aller berufstätigen Internetnutzerinnen und -nutzer in Deutschland eine tatsächliche Nutzung von 49 % gegenüber.

Hohe Zufriedenheit mit der Situation im Homeoffice

Die überwiegende Mehrheit der befragten Homeoffice-Nutzerinnen und -Nutzer in Bayern zeigt sich mit ihrer derzeitigen Situation im Homeoffice zufrieden. Insgesamt geben 77 % von ihnen an, eher zufrieden oder sehr zufrieden zu sein, 23 % sind eher unzufrieden oder sehr unzufrieden. Die Zufriedenheitswerte in Gesamtdeutschland sind mit 79 % Zufriedenen und 21 % Unzufriedenen praktisch identisch.

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Fazit

55 % aller erwachsenen berufstätigen Internetnutzerinnen und -nutzer in Bayern befinden sich derzeit mindestens gelegentlich im Homeoffice. 48 % arbeiten sogar mehrmals pro Woche von zu Hause aus. Insbesondere bei diesen Häufig-Nutzenden ist das Homeoffice-Potenzial damit praktisch ausgeschöpft. Die Homeoffice-Nutzung ist in Bayern zudem etwas stärker ausgeprägt als im bundesweiten Durchschnitt. 77 % der Homeoffice-Nutzerinnen und -Nutzer in Bayern sind mit der Situation im Homeoffice zufrieden, für 23 % gilt dies nicht.

Vieles spricht dafür, dass die Arbeitswelt nach Corona eine andere sein wird als vor Beginn der Pandemie. So scheint ein Wandel der Arbeitswelt in Bayern und Deutschland durch die coronabedingte Forcierung von Homeoffice weg von der ausgeprägten Präsenzkultur wahrscheinlich. Die hohe Zufriedenheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist die eine Seite, ein Umdenken auf der Arbeitgeberseite die andere.

Auch wenn die derzeitige Pflicht zum Angebot von Homeoffice nur temporär ist, wird die Nutzung von Homeoffice nach der Pandemie auch in Bayern wohl selbstverständlicher geworden und häufiger als vor der Pandemie möglich sein. Eine ausgewogene Mischung aus Präsenz- und Homeoffice-Tagen sollte dort, wo es möglich ist, zur Regel werden. So können die Vorzüge von Homeoffice mit den Vorteilen der Präsenzarbeit verknüpft und negative Folgen einer übermäßigen Homeoffice-Nutzung vermieden werden. Die Erfahrungen während der Pandemie sollten Anstöße dafür liefern, dass Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite sinnvolle Regelungen für die Homeoffice-Nutzung finden.