| Analysen & Studien | Digitalisierung durch Corona?
Ulrike Mendel bidt
Dr. Roland A. Stürz bidt
Christian Stumpf bidt
Prof. Dr. Dietmar Harhoff Ph.D. Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb

Die Digitalisierung stellt eine wesentliche Voraussetzung für neue flexible Arbeitsmodelle und mobile Arbeitsformen wie das Homeoffice dar. Während der Coronakrise gewann gerade dieses in der öffentlichen Diskussion schlagartig an Bedeutung. Die Studie gibt Einblick in die Verbreitung und Akzeptanz von Homeoffice in Deutschland.

Das Wichtigste in Kürze

Das Bayerische Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt) ist zentralen Fragen zur Verbreitung und Akzeptanz der Arbeit im Homeoffice im Verlauf der Coronakrise nachgegangen.

Dazu führte das bidt vom 27. bis 29. März 2020 sowie vom 12. bis 15. Juni 2020 zwei repräsentative Kurzbefragungen unter jeweils rund 1.500 erwachsenen berufstätigen Internetnutzerinnen und -nutzern in Deutschland durch (unter Nutzung von Google Surveys). Die Analysen zeigen:

Die Nutzung von Homeoffice ist in der Krise gestiegen.

Vor der Krise arbeiteten 35 % der erwachsenen berufstätigen Internetnutzerinnen und -nutzer in Deutschland zumindest ab und zu im Homeoffice. Der Anteil unter Frauen war etwas geringer als unter Männern. Ende März arbeiteten 43 % der Befragten zumindest ab und zu von zu Hause aus, Mitte Juni waren es 40 %. Die Mehrheit der Berufstätigen arbeitete allerdings auch während der Coronakrise nicht im Homeoffice.

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Die Intensität der Nutzung von Homeoffice ist mit der Krise deutlich gestiegen.

Mitte Juni befanden sich noch 32 % der Befragten mehrmals pro Woche im Homeoffice. Ende März lag dieser Anteil bei 39 %. Vor der Krise waren hingegen nur 20 % der Befragten mehrmals pro Woche im Homeoffice.

Vor der Coronakrise erlaubten Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber teilweise kein Homeoffice.

Bei 39 % der im März Befragten, die während der Coronakrise erstmals im Homeoffice waren, hatte dies zuvor die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber nicht erlaubt. 26 % führen als Grund an, dass sie selbst Homeoffice nicht nutzen wollten.

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Die Zufriedenheit mit der aktuellen Situation im Homeoffice ist hoch.

Zu beiden Befragungszeitpunkten gaben mehr als 80 % der Befragten an, mit ihrer Situation im Homeoffice zufrieden zu sein. Die Zufriedenheitswerte variieren jedoch etwas je nach betrachteter Personengruppe. Der Anteil von Zufriedenen war dabei mit 75 % bei den „Homeoffice-Neulingen“ zu Beginn der Krise Ende März am geringsten, bei Männern, die in einem Haushalt mit Kind oder Kindern leben, Ende Juni mit 92 % am größten.

Die Nutzung der Technik im Homeoffice bereitet keine großen Schwierigkeiten.

Drei Viertel der Beschäftigten gaben in der Befragung Mitte Juni an, mit der im Homeoffice eingesetzten Technik keine großen Schwierigkeiten zu haben. Nur 12 % berichteten von großen Schwierigkeiten. Das mag daran liegen, dass Homeoffice für viele keine gänzlich neue Erfahrung war. Doch selbst bei denjenigen, die erstmals während der Coronakrise von zu Hause aus arbeiteten, gab ein ähnlich hoher Anteil an, keine Schwierigkeiten mit der eingesetzten Technik zu haben. Auch nach Altersgruppen unterscheiden sich die Einschätzungen nicht wesentlich voneinander.

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Der Wunsch nach mehr Homeoffice ist stark ausgeprägt.

Rund 70 % der befragten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Homeoffice bei ihrer Tätigkeit grundsätzlich für möglich halten, wünschen sich, nach der Coronakrise häufiger im Homeoffice arbeiten zu können als zuvor.

Die Befürchtung, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber könnten nach der Krise die Homeoffice-Möglichkeiten wieder beschränken, ist weit verbreitet.

55 % der befragten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen davon aus, dass die Möglichkeiten, von zu Hause aus zu arbeiten, nach der Coronakrise wieder auf das Vorkrisenniveau reduziert werden.

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Fazit

Die Studie legt nahe, dass die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite die coronabedingte Forcierung von Homeoffice als Chance sehen und beide Seiten nun über den langfristigen Einsatz von flexiblen Arbeitsformen verhandeln sollten. Als sinnvolles Ziel erscheinen dabei Regelungen, die die Vorzüge von Homeoffice mit den Vorteilen der Präsenzarbeit verknüpfen. Gleichzeitig sollten die Vereinbarungen möglichen negativen Effekten der Arbeit von zu Hause aus entgegenwirken. Ob ein gesetzliches Recht auf Homeoffice nach der Initialzündung durch die Coronakrise überhaupt noch vonnöten sein wird, bleibt abzuwarten. In jedem Fall aber sollte in der derzeitigen Situation die wirtschaftliche Erholungsphase nicht durch neue, hohe bürokratische Vorgaben in Sachen Homeoffice belastet werden.

Eine Flexibilisierung der Arbeitswelt wird auch starken Einfluss auf zahlreiche andere Bereiche entfalten. Zu nennen sind unter anderem Effekte auf Umwelt und Stadtbild, soziale Aspekte sowie Auswirkungen auf die Nachfrage nach Geschäftsreisen oder Büroimmobilien. Die Forschung sollte frühzeitig beginnen, sich mit den damit verbundenen Fragen auseinanderzusetzen.