Soziale Roboter sind bewegliche Computer, die in einen kommunikativen Austausch mit Menschen treten können und dabei die Illusion von sozialer Interaktion erzeugen. Dem Roboter werden aufgrund der kommunikativen Funktionen in dieser Interaktion menschliche Eigenschaften zugesprochen wie Empathie, Werte, Ziele oder Emotionen. Soziale Roboter sind abzugrenzen von anderen technischen Geräten, deren primärer Zweck auf der Unterstützung auf anderen Ebenen als der Kommunikation liegt. Im Haushalt sind dies beispielsweise der Staubsaugerroboter oder der selbstfahrende Roboterrasenmäher. Im professionellen Setting sind Transportroboter als Beispiel ohne kommunikative Funktionen zu nennen.
Soziale Roboter werden auch oft als Companions (Begleiter) bezeichnet. Unterschieden werden soziale Roboter, die sich primär um den Menschen kümmern, indem sie ihm beistehen oder zur Kommunikation anregen, von denjenigen, um den sich der Mensch kümmert, z. B. in der Form von Kuschelrobotern oder Roboterhaustieren[1], [2].
Die Ziele von sozialen Robotern bestehen darin, durch kommunikative Akte Einsamkeit für den Menschen zu reduzieren, die Kommunikation des Menschen mit dem und über den sozialen Roboter zu fördern und das Gefühl von Geborgenheit und Verbundenheit zu erzeugen. Einsamkeit ist dabei das als negativ erlebte subjektive Gefühl der Unverbundenheit mit anderen Menschen. Es ist abzugrenzen vom Alleinsein, das sich durch die physische Abwesenheit von Menschen auszeichnet. Menschen können sich auch in Anwesenheit anderer einsam fühlen. Gleichsam können sich Menschen im Alleinsein verbunden, also nicht einsam fühlen. Soziale Roboter verbinden ähnlich wie andere medizinische Roboter die Knoten „Roboter“ und „Digital Health“. Die Psyche als essenzielle Dimension von Gesundheit wird somit durch ein digitales und verkörpertes Artefakt des sensorgestützten Roboters angesprochen und soll gestärkt werden.
Die Gestaltung von sozialen Robotern ist mannigfaltig und die meisten sozialen Roboter existieren Stand April 2024 im Stadium des Prototypen[3]. Wenige Roboter haben bereits Marktreife erlangt, sodass sie für den Erwerb durch Privatpersonen oder Pflegeeinrichtungen frei zur Verfügung stehen.
Die bekanntesten und verbreitetsten sozialen Roboter sind der humanoide Pepper und die Kuschelrobbe Paro, die Beispiele für die zwei oben genannten Kategorien von sozialen Robotern darstellen. Pepper ist 120 cm groß, komplett in eine Plastikhülle gefasst und bewegt sich auf Rollen und ist in der Lage, auf Gesprächsimpulse adäquat zu antworten. Neben dem humanoiden Gesicht verfügt Pepper über einen Tablet-Bildschirm, auf dem weitere Interaktion möglich ist. Zudem hat Pepper Arme zum Fassen und Greifen, was eine weitere Interaktion möglich macht. Paro hingegen ist eine 60 cm lange Plüschrobbe, die von Fell umgeben ist. Paro folgt mit dem Blick den Geräuschen aus der Umgebung und kann durch Wimpernschlag und eigene Geräusche interagieren. Die Ansprache von Paro ist möglich, die Interaktion jedoch auf Blickkontakt und Laute beschränkt; Paro ist zudem nicht in der Lage, über Arme oder andere Funktionen mit der Umwelt zu interagieren.
Weitere Beispiele für Companions im Sinne von Pepper sind der Fraunhofer Care-O-Bot, Betty oder Matild[4]. Weitere Beispiele für Kuschelroboter im Sinne von Paro sind der Hund Aibo oder der Dinosaurier Pleo[5]. Kuschelroboter fanden bisher zumeist Anwendung in stationären Pflegeeinrichtungen mit dem Fokus auf Demenz[4], [6], [7]. Companions im Sinne von Pepper werden neben stationären Pflegeeinrichtungen auch in Krankenhäusern zum Zweck der Navigation oder zum Erstkontakt mit Laufpublikum eingesetzt. In der häuslichen Umgebung von Privatpersonen oder in der ambulanten Pflege finden soziale Roboter bisher wenig Anwendung[8].
Vergleichbarkeit mit analogen Phänomenen
Soziale Roboter imitieren soziale Interaktionen zwischen Menschen und finden ihre Entsprechung im zwischenmenschlichen Gespräch oder in der Interaktion mit Haustieren. Somit knüpfen soziale Roboter direkt an zwischenmenschliches Verhalten an. Den in Studien verwendeten sozialen Robotern werden oftmals menschliche Eigenschaften zugeschrieben (Anthromorphismus). Solche Zuschreibungen sind auch bei Tieren oder anderen nicht menschlichen Akteuren zu beobachten. Dahingehend stellen soziale Roboter keine Neuheit dar, sondern sie knüpfen an die Gewohnheiten der Menschen an. In Studien zur Wirksamkeit von Kuschelrobotern wird beispielsweise die Interaktion mit Therapiehunden oder anderen Tieren als aktive Kontrollgruppe genutzt[7]. Dies unterstellt eine Vergleichbarkeit im Modus der Interaktion zwischen Kuschelrobotern als soziale Roboter und Haustieren. Allerdings sind besonders die komplexeren sozialen Roboter mit Rollen, Armen und Sprachverständnis eine Neuheit, die Mensch-Maschine-Interaktionen auf einer neuen Ebene ermöglicht. Solche Companions könnten als Begleiter die Potenziale der Digitalisierung am meisten ausschöpfen und Einsamkeit auch über den stationären Pflegekontext hinaus lindern.
Gesellschaftliche Relevanz
Das Thema Einsamkeit gewinnt an gesellschaftlicher Relevanz. In Großbritannien wurde 2018 unter Theresa May das erste Einsamkeitsministerium gegründet, dem Stand April 2024 Diana Barran als Einsamkeitsministerin vorsteht. In Deutschland sprießen erste Initiativen, die jedoch durch lokale und regionale Impulse entstanden sind und getrennt voneinander arbeiten. So entstand in Dortmund im November 2023 die Koordinierungsstelle Einsamkeit und im Berliner Bezirk Reinickendorf im Februar 2024 die Stelle für die Einsamkeitsbeauftragte in Vollzeit.
Diese Initiativen stellen Antworten auf erhöhte Prävalenzen der Einsamkeit dar, die besonders in der COVID-Pandemie mit der behördlich angeordneten Isolation von Personen verschiedener Haushalte befeuert wurden. Jedoch gibt es bereits seit Jahrzehnten den Trend gesellschaftlicher Atomisierung, also einer Auflösung der intergenerationalen Großfamilie und fest verwurzelter Nachbarschaften hin zur Kleinfamilie und einem anonymeren Nebeneinander[9].
Oftmals wird Einsamkeit vor dem Hintergrund des demografischen Wandels diskutiert, der besonders die älteren Gesellschaftsmitglieder in den Fokus nimmt. Diese sind durch den Tod von Angehörigen und Freunden im hohen Alter öfter allein als jüngere Pendants – und Alleinsein ist ein Risikofaktor für das Gefühl von Einsamkeit. Entsprechend widmet sich auch die Forschung der Einsamkeit im höheren Alter sowie in Altenpflegeeinrichtungen, die durch den Fachkräftemangel unter doppeltem Druck leiden – weniger Personal durch weniger (gut ausgebildete) junge Menschen bei gleichzeitig höherer Nachfrage durch mehr ältere Menschen. Hier scheint Technik eine naheliegende Lösung zu sein, da sie in anderen Branchen Effizienzgewinne erzeugte, also einen höheren Output mit weniger Input erzielte[10]. Es ist jedoch kritisch zu reflektieren, inwieweit neue technische Möglichkeiten das Zurückholen des Menschen aus der sozialen Interaktion auch unterstützen können[11]. Das Ziel – und da sind sich die beteiligten Akteurinnen und Akteure einig – sollte nicht sein, den Menschen durch Roboter zu ersetzen[8]. Vielmehr sollen soziale Roboter eine Ergänzung und – wenn möglich – eine Erleichterung für Pflegende wie Gepflegte darstellen. Wichtig ist auch zu betonen, dass Einsamkeit kein Thema des Alters ist, sondern alle Gesellschaftsgruppen betreffen kann – auch jene, die sozial gut eingebunden scheinen. Bei der Ausstattung von privaten Haushalten, in denen auch junge einsame Mensche wohnen, mit Companions, bestehen noch blinde Flecken in den Debatten um soziale Roboter.
Quellen
- Bemelmans, R. et al. (2014). Socially assistive robots in elderly care: A systematic review into effects and effectiveness. In: Journal of the American Medical Directors Association 13 (2), 114–120.
- Robinson, H./MacDonald, B./Broadbent, E. (2014). The role of healthcare robots for older people at home: A review. In: International Journal of Social Robotics 6 (4): 575–591.
- Klein, B. et al. (2018). Robotik in der Gesundheitswirtschaft. Einsatzfelder und Potentiale, Heidelberg.
- Khosla, R./ K. Nguyen, K./Mei-Tai, C. (2017). Human robot engagement and acceptability in residential aged care. In: International Journal of Human-Computer Interaction 33 (6), 510–522.
- Baisch, S. et al. (2018). Emotionale Roboter im Pflegekontext. In: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 51 (1), 16–24.
- Bemelmans, R. et al. (2015). Effectiveness of robot Paro in intramural psychogeriatric care: A multicenter quasi-experimental study. In: Journal of the American Medical Directors Association 16 (11), 946–950.
- Robinson, H. et al. (2013). The psychosocial effects of a companion robot: A randomized controlled trial. In: Journal of the American Medical Directors Association 14(9), 661–667.
- Zöllick, J. C. et al. (2021). Potenziale und Herausforderungen von sozialen Robotern für Beziehungen älterer Menschen: eine Bestandsaufnahme mittels „rapid review“. In: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 55 (4), 298–304.
- Beck, U. (1986). Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne. Frankfurt am Main.
- Zöllick, J. et al. (2012). Robotik in der Pflege – Potenziale und Grenzen. In: Der Hautarzt 73 (5), 405–407.
- Sharkey, A./N. Sharkey, N. (2012). Granny and the robots: Ethical issues in robot care for the elderly. In: Ethics and Information Technology 14 (1), 27–40.