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Informatik

Die Bedeutung von Cloud-Technologien für die Forschung mit Satellitendaten

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In den späten 2000er-Jahren entwickelte sich das Cloud Computing als Servicemodell für die elastische – an einen dynamischen Bedarf anpassungsfähige – Bereitstellung von Rechenressourcen in Verbindung mit einem bequemen Zahlungsmodell. Die Cloud-Angebote wurden schnell diversifiziert und bieten seither mehrere Ebenen der Computerabstraktion – die Hardware- oder auch Infrastrukturebene (Infrastructure-as-a-Service (IaaS)), die Middleware-Ebene (Plattform-as-a-Service (PaaS)) und die Anwendungsebene (Software-as-a-Service (SaaS)) –, die Cloud-Anwendungen von außerordentlicher Komplexität und Größe ermöglichen [1]. Mittlerweile wird von der nächsten Generation des Cloud Computing als evolvierendes Paradigma gesprochen, dem sogenannten Serverless Computing. Seit Ende der 2010er-Jahre wird dieser Begriff verstärkt genutzt und beschreibt Charakteristika, die sich von denen etablierter Cloud-Dienste unterscheiden: Serverless Computing bedeutet die vollständige Automatisierung des zugrunde liegenden Ressourcenmanagements bei feingranularer und nutzungsbasierter Abrechnung. Dies ermöglicht das Ausführen von Cloud-Anwendungen ohne manuelles Servermanagement.

Die Prozessierung and Analyse von Erdbeobachtungsdaten ist häufig ein Big-Data-Problem durch inhärent hohe räumliche wie auch zeitliche Ausdehnung bzw. Auflösung. Damit sind enorme Anforderungen an die Recheninfrastruktur in den Dimensionen Übertragungsvolumina, Speicherverbrauch und Rechenkapazität gestellt und mit den entsprechenden Kosten verbunden. Klassischerweise wird daher in spezialisierten High-Performance-Rechenclustern gerechnet, wobei der Datentransport und die Lokalität eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Der Zugriff auf derartige Infrastrukturen und die damit verbundenen Analysemöglichkeiten war vor den Cloud-Technologien der breiteren Masse vorenthalten.

Cloudbasierte Plattformen wie Google Earth Engine (GEE) [2], Code-DE und EO-Lab als Teil der Geoinformationsstrategie Deutschlands [3] wie auch HPDA terrabyte [4] erlauben mittlerweile Zugriff auf Petabyte große Datenkataloge und bieten bequeme Analyseframeworks, die bis zu einem gewissen Grad auch kostenfrei nutzbar sind. Dies ist bedeutsam für die Demokratisierung von Erdbeobachtungsdaten und der Beschleunigung von Neu- und Weiterentwicklungen.

Zu den häufig genannten Kritikpunkten gehört eine leicht zu unterschätzende Plattformabhängigkeit. Das bedeutet, dass eine entwickelte Lösung nicht oder nur mit großem Aufwand portabel auf eine andere Plattform umgezogen werden kann.

Zu den aktuellen Herausforderungen bei der Nutzung von Cloud-Technologie für die Satellitendatenverarbeitung zählen unter anderem die Reproduzierbarkeit der komplexen Berechnungen für eine transparente Nachvollziehbarkeit wissenschaftlicher Ergebnisse in dieser Forschungsdomäne, die Standardisierung und Kontrolle über Vorverarbeitungsschritte der rohen Satellitendaten und die Kostenabschätzbarkeit im Vorfeld von Rechenaufträgen auf Cloud-Ressourcen.

Vergleichbarkeit mit analogen Phänomenen

Ein analoger Atlas, also eine meist als Buch gebundene Sammlung thematisch, inhaltlich oder regional zusammenhängender Landkarten, war im analogen Zeitalter für viele Anwendungsfälle eine zentrale Informationsquelle. Erinnern wir uns zum Beispiel an Straßenatlanten, die zur Navigation auf Autoreisen gerne auf der Rückbank mitfuhren, aber doch sehr schnell innerhalb weniger Jahre veralteten. Digitale Navigationssysteme mit aktuellem Kartenmaterial, angereichert mit Echtzeitinformationen zur Verkehrslage aus einer Cloud, haben diese Straßenatlanten wohl weitestgehend abgelöst. Durch digitale Enabler wie eine hohe Geschwindigkeit von Rechenprozessen, eine Vernetzung und Datenintegration wie auch die Möglichkeit zur Erzeugung, Verarbeitung und Speicherung großer Datenmengen wurden nicht nur die Straßenatlanten durch Navigationssysteme abgelöst. Das breite Spektrum an Daten und Dienstleistungen u. a. im Kontext von Cloud Computing hat die satellitengestützte Fernerkundung nachhaltig verändert, wobei sich nach wie vor eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten und Chancen in diesem Bereich auftun.

Gesellschaftliche Relevanz

Die Erarbeitung eines tiefgreifenden Verständnisses der laufenden Veränderungen unserer Erde (auf Basis von Fernerkundungsdaten), die Auswirkungen des Klimawandels und Wechselwirkungen zwischen den (Öko-)Systemen kann als Generationenaufgabe verstanden werden. Dieses Wissen bildet die Grundlage für nachhaltige Lebens- und Wirtschaftsformen. Cloud-Computing-Technologien besitzen hier das Potenzial, diese Wissensgewinnung sowohl zu demokratisieren und zu beschleunigen.