Als Influencer:innen werden Menschen bezeichnet, die durch ihre Aktivitäten in sozialen Medien eine hohe Reichweite erzielen. Durch das Hochladen selbst produzierter Inhalte geben sie Einblicke in ihr Leben und binden dabei meist gesponserte Werbeinhalte und Produktplatzierungen in ihre alltägliche Erzählung ein. Da die Influencer:innen in den sozialen Medien mit ihren Followern interagieren und sich als nahbar und authentisch präsentieren, gelten ihre Produktempfehlungen als glaubwürdiger im Vergleich zu klassischen Formaten wie etwa Fernsehwerbung.
Definition
Wie die Übersetzung des englischen „influence“ ins Deutsche bereits verrät, zeichnen sich Influencer:innen durch ihre Reichweite und die damit verbundene Möglichkeit zur Einflussnahme auf Kaufentscheidungen, Einstellungen oder Handlungen in sozialen Medien aus. Vor allem in der Marketing-Literatur, aber auch in wissenschaftlichen Beiträgen finden sich viele Definitionen von Influencer:innen, von denen sich bisher keine durchsetzen konnte. Abidin definiert Influencer:innen als
„everyday, ordinary Internet users who accumulate a relatively large following on blogs and social media through the textual and visual narration of their personal lives and lifestyles, engage with their following in digital and physical spaces, and monetize their following by integrating ‚advertorials‘ into their blog or social media posts.“
Und weiter heißt es:
„It is a functional attribution that organizations apply to social media users such as bloggers, YouTubers, Instagrammers, etc., that are ascribed the ability to influence the organization’s stakeholders and thus become relevant to the organization.“ [1]
Aus dieser Definition wird zum einen deutlich, dass sich Influencer:innen als „gewöhnliche Personen“ darstellen und somit eine Abgrenzung zu Prominenten, wie etwa Filmstars oder bekannten Sportler:innen, stattfindet [2]. Zum anderen zeichnen sich Influencer:innen dadurch aus, dass sie Produktplatzierungen oder Werbungen in ihre Alltagserzählung einbauen und ihr Profil so monetarisieren. Als gewöhnliche Menschen berichten Influencer:innen über ihren Alltag und ziehen über die (vermeintlich) authentische Darstellung ihres Lebens Zuschauende auf ihr Profil. Eben diese Authentizität, die Influencer:innen verkörpern, ist der Kern ihres Erfolgsrezepts. Der vermittelte Eindruck von Echtheit wird in der Forschung als maßgeblicher Erfolgsfaktor dargestellt [3]. Viele der sogenannten „Mikro-Influencer“ (mit einer vergleichsweise geringen Anzahl an Followern) betreiben ihr Profil allerdings nicht hauptberuflich und sehen die Einnahmen, die sie über eventuelle Kooperationen erzielen, als Nebenverdienst oder Hobby [4].
Geschichte
Die Ursprünge von Influencer:innen können unter anderem auf sogenannte Lifestyle-Blogger zurückgeführt werden, die schon vor dem Erfolg sozialer Medien auf Blog-Seiten im Internet regelmäßig über ihren Alltag berichteten. Dabei beeinflussten sie als „voicy consumers“ bereits Mitte der 2000er die Kaufentscheidung der Leser:innen [5]. In der gleichen Zeit entwickelten sich die bis dahin überwiegend amateurhaften, nutzergenerierten Videos auf YouTube hin zu professionellen, kommerzialisierten Inhalten [6]. Der Begriff des Influencers, wie wir ihn heute verwenden, entstand 2007, als auf Pressekonferenzen bekannte YouTube-Stars erstmals mediale Resonanz erzeugten. Heute üben Influencer:innen auf YouTube, Instagram, TikTok oder Snapchat großen Einfluss vor allem auf junge Menschen aus. Laut einer aktuellen Studie stufen mehr als die Hälfte der jungen Erwachsenen Influencer:innen als glaubwürdiger ein als Werbung in den klassischen Medien [7]. Laut dem Reuters Digital News Report geben rund ein Drittel der Befragten an, Social-Media-Plattformen als primäre Informationsquelle zu nutzen [8]. Ein Abriss des Trends ist bislang nicht abzusehen, allerdings steigt durch die wachsende Zahl an Influencer:innen auch der Druck, Aufmerksamkeit zu generieren. Deshalb sehen sich vor allem Mikro-Influencer:innen steigendem Optimierungs- und Professionalisierungsdruck ausgesetzt [10]. Nichtsdestotrotz geben Jugendliche Influencer:in vermehrt als Traumberuf an [9] und die Marketing-Branche rechnet mit einer jährlichen Wachstumsrate von 20 % für das Influencer-Marketing [11].
Kommerzialisierung
Die bereits angedeutete Kommerzialisierung der „ordinary users“ ist ein wichtiger Bestandteil der Influencer:innen. Viele nutzen ihre hohe Reichweite, um Kooperationen einzugehen oder als Markenbotschafter:innen zu agieren, und immer mehr Unternehmen werden auf diese Art des Marketings aufmerksam. Influencer:innen gelten dabei als Expert:innen, denen es gelingt, junge Zielgruppen zu erreichen, langfristig Aufmerksamkeit zu generieren und niederschwellig und authentisch Werbeinhalte zu kommunizieren. Die daraus resultierende hohe Nachfrage ermöglicht Influencer:innen Einnahmen von bis zu 250.000 Euro für einen einzigen Post auf Social Media [4].
Das allgemeine Überangebot an Inhalten in sozialen Medien führt in Zuge dessen dazu, dass Aufmerksamkeit sich als neue Währung im Internet etabliert. Messbar gemacht wird diese anhand verschiedener Kennzahlen wie Followerzahl, Likes oder der Engagementrate. Deshalb ist es vor allem für Influencer:innen von zentraler Bedeutung, stets präsent zu sein und mit ihren authentischen Posts hohe Aufmerksamkeit zu bekommen. Folglich stehen Imagepflege und Optimierung der Selbstdarstellung stark im Mittelpunkt, wobei sich Influencer:innen im Spannungsverhältnis zwischen dem Wunsch nach Authentizität und der Uniformierung durch Trends bewegen [12] [13] [14].
Influencer im wissenschaftlichen Diskurs
Viele wissenschaftliche Beiträge beschäftigen sich bereits mit der Kommerzialisierung von Influencer:innen in sozialen Medien. Dabei setzen sich Studien mit dem Einsatz von Influencer:innen als Marketing-Strategie auseinander und erforschen zum Beispiel die Attraktivität und Effektivität, die Empfehlungen von Influencer:innen typischerweise innewohnt. In anderen Forschungsbeiträgen wird hingegen versucht, das Ausmaß der Werbung und Produktplatzierungen durch Influencer:innen zu quantifizieren [15] [16]. Einige Studien setzen sich darüber hinaus mit den Auswirkungen auf die öffentliche Meinung und den Einfluss auf das Verhalten der Follower auseinander [17]. Neben zahlreichen Untersuchungen zu Erfolgsstrategien des Influencer-Marketings sind vor allem psychologische und soziologische Beiträge hervorzuheben. Dabei zeigt sich auch hier, dass das relativ neue Phänomen in der Literatur noch unterschiedlich bezeichnet und definiert wird. So beschreiben einige Influencer:innen als „Microcelebrity“ [18], während andere von „the Instafamous“ sprechen [12], ein weiterer Ansatz versucht, Influencer:innen als digitale Meinungsführer:innen zu fassen [3] [19] und dabei auch die Rolle von Influencer:innen im politischen Diskurs stärker in den Fokus zu rücken.
So beschäftigt sich ein vom bidt gefördertes Forschungsprojekt unter dem Titel „Politische InfluencerInnen in Deutschland“ explizit mit politischen Influencer:innen und der Vermarktung politischer Inhalte in sozialen Medien. Ziel des Pilotprojekts ist es, neben der Konzeptualisierung und theoretischen Fundierung auch einen der ersten empirischen Beiträge zum Phänomen der politischen Influencer:innen zu leisten.
Weiterführende Links
Quellen
[2] Über die Differenzierung zwischen Prominenten und Influencer:innen herrscht in der aktuellen Debatte keine Einigkeit. Einige Positionen heben die Ähnlichkeiten beider Gruppen hervor und verzichten deshalb auf eine analytische Abgrenzung. Campbell wiederum spricht von „Celebrity Influencer“, um Prominente zu bezeichnen, die auch außerhalb von sozialen Netzwerken öffentliche Aufmerksamkeit genießen (Campbell & Farrell, 2020). Hier soll aber bewusst auf die relativ neue Möglichkeit verwiesen werden, Bekanntheit überwiegend durch die Social-Media-Nutzung zu erlangen.
[3] Bause, H. (2021). Politische Social-Media-Influencer als Meinungsführer? Publizistik.
[4] Campbell, C., & Farrell, J. R. (2020). More than meets the eye: The functional components underlying influencer marketing. Business Horizons, 63(4), 469–479.
[7] Jahnke, M. (2021). INFLUENCER MARKETING. GABLER.
[8] Hölig, S., & Hasebring, U. (2019). Reuters Institute digital news report … – Ergebnisse für Deutschland 2019.
[10] Riedl, M. (2021, April 28). Lifelogging auf Instagram.
[12] Caldeira, S. P., Ridder, S., & van Bauwel, S. (2020). ‘Everybody needs to post a selfie every once in a while’: Exploring the politics of Instagram curation in young women’s self-presentational practices. Information, Communication & Society, 30(3), 1–18.