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Definition

So unterschiedlich die möglichen Schreibweisen von eLearning sind, so divergent fallen auch die im wissenschaftlichen Diskurs teilweise synonym verwendeten Begrifflichkeiten aus. Unter eLearning (electronic learning, elektronisch gestütztes Lernen), computergestütztem Lernen oder multimedialem Lernen wird grundsätzlich das Lehren und Lernen mithilfe verschiedener digitaler Medien verstanden [1]. Dieser Einsatz digitaler Technologien ermöglicht die Einbindung interaktiver und multicodaler Darbietungsformen wie Texte, Bilder und Animationen, die von den Lernenden multimodal, also über mehrere Sinne hinweg, wahrgenommen werden. Vielschichtig gestaltet sich weiterhin die Anwendung von eLearning-Angeboten, die sowohl als eigenständige Onlinelektionen genutzt werden als auch konventionellen Unterricht in Form des sogenannten Blended Learning ergänzen können [2].

Geschichte

Fasst man den Begriff eLearning etwas weiter und bezieht auch das maschinengestützte Lernen mit ein, finden sich die Anfänge des eLearning in den USA des 20. Jahrhunderts mit der Einführung des programmierten Unterrichts [3]. Zu dieser Zeit prägte das behavioristische Paradigma die psychologische Forschung, wonach Wissen und Verhalten mittels Konditionierung beliebig erlernt werden könne [4]. Aus dieser Perspektive heraus entwickelte Burrhus F. Skinner, einer der führenden Behavioristen, 1958 eine Maschine, die die Aufgaben der Lehrkraft insofern übernahm, als dass sie den Lernenden zumeist segmentierte Texte präsentierte und anschließend die Erinnerungsleistung beispielsweise durch Lückentexte prüfte [5]. Der behavioristischen Idee folgend wurden gute Lernergebnisse mit Süßigkeiten belohnt. Spätere elektronische Lernangebote, also eLearning-Angebote im engeren Sinne, basieren nicht auf eigens entwickelten Geräten, sondern werden über Personal-Computer oder als Webanwendungen genutzt.

Mit dem Aufkommen der frühen Heim-PCs und ihrer zunehmenden Popularität Ende des letzten Jahrtausends wurde auch der Weg für elektronische Lernangebote geebnet. Diese technischen Errungenschaften ermöglichten die Entwicklung non-linearer Lernmaterialien in Form von z. B. digitalen Tutorials oder webbasierten Trainings, bei denen nicht mehr die Arbeitsentlastung der Lehrkräfte im Fokus steht, sondern die Adaptivität bezugnehmend auf die individuellen Bedürfnisse der Lernenden [3]. Insbesondere die zunehmende Popularität von Hypertext, also Text, der Verknüpfungen mit anderen Texten beinhaltet, förderte die Selbststeuerung in Lernumgebungen. Auf diese Weise kann – je nach vorhandenem Vorwissen – Text übersprungen oder bei Wissenslücken nachgelesen werden. Auch heutige eLearning-Formate orientieren sich neben den bereits bestehenden Formaten stark an populären Medien wie beispielsweise Podcasts, YouTube-Videos, Weblogs und Lernspielen.

Anwendung

Die Anwendungsgebiete von eLearning-Angeboten spiegeln die Vielfältigkeit sowie Variabilität dieser Lehr-Lernform wider. Ungeachtet neuester technischer Möglichkeiten ist auch heute die überwiegend genutzte Form digitaler Lernmedien die klassische Website, die mit (Hyper-)Text und weiteren Medienformen wie Videos, Grafiken, Simulationen, Animationen und anderen interaktiven Modulen angereichert wird. Doch auch Lernspiele (sogenannte serious games) allein und Virtual-Reality-Anwendungen können eLearning-Angebote darstellen. Im Folgenden werden die relevantesten Anwendungsbereiche digitaler Lernmedien knapp vorgestellt.

Im akademischen Kontext werden Lehr-Lernplattformen, sogenannte Learning-Content-Management-Systeme, verwendet, um Materialen der Lehrveranstaltungen oder Literaturempfehlungen zur Verfügung zu stellen, aber auch, um interaktive Elemente wie Kontrollfragen zu implementieren. Die Studierenden können über die Integration von z. B. Wikis aktiv an Lernmaterialien mitarbeiten. Mit den pandemiebedingten Anforderungen des Distanzlernens stellten zahlreiche Universitäten auf vollständige Onlineformate um: So werden Vorlesungen entweder als Videodateien zur Verfügung gestellt oder digital über Videokonferenzsysteme abgehalten [6].

Die Digitalisierung der Schulen verläuft in Deutschland schleppender als an Universitäten und Hochschulen. Dieser Umstand trat durch die pandemiebedingte Schließung der Schulen deutlich in Erscheinung, da die Umstellung auf Distanzunterricht mit zahleichen Problemen einherging, die teils so schwer wiegten, dass digitale Lernangebote gar nicht erst bereitgestellt werden konnten [7]. Andere Schulen, die den digitalen Wandel bereits vor der Pandemie aktiv angenommen und gestaltet haben, setzen häufig auf komplexere Software wie beispielsweise Microsoft Teams, die z. B. eine Lösung für digitale Klassenzimmer bereitstellt.

Auch im betrieblichen Kontext, und hier insbesondere in der betrieblichen Weiterbildung, kommen eLearning-Angebote zum Einsatz; z. B. für interne Schulungen, die orts- und zeitunabhängig genutzt und beliebig skaliert werden können. Internationale Konzerne profitieren überdies von der leichten Adaptivität digitaler Lernmaterialien, da die Grundstrukturen beispielsweise standort- bzw. länderübergreifend verwendet werden können und lediglich einer Übersetzung bedürfen.

Darüber hinaus erfreuen sich digitale Lernangebote auch im privaten Kontext größter Beliebtheit. Wer in der Freizeit eine Fertigkeit erwerben möchte, wie die Erneuerung des Fahrradantriebs oder den Saitenwechsel bei einer Gitarre, wird vermutlich schnelle Abhilfe bei Webvideos oder Webforen ersuchen. Für das Erlernen von Fremdsprachen existieren ferner Smartphone-Apps und Pflanzenpflegetipps sind auf Weblogs zu finden.

Forschung

Verankert ist die Forschung zu digitalen Lernmedien an der Schnittstelle von Psychologie, Pädagogik und Informatik. Eine große Anzahl an Studien basiert auf Theorien wie der Cognitive Load Theory [8] oder der Cognitive Theory of Multimedia Learning [9]. Von der Begrenztheit der Arbeitsgedächtniskapazität ausgehend, postulieren diese Theorien einen Zusammenhang zwischen der Gestaltung von Lernmaterialien und der kognitiven Belastung, wobei eine Überlastung des Arbeitsgedächtnisses mit einer Reduzierung der Lernleistung einhergehe. Zahlreiche experimentelle Untersuchungen führten zur Entwicklung sogenannter Gestaltungseffekte. Exemplarisch für diese Effekte soll an dieser Stelle der Modalitätseffekt stehen, der besagt, dass die Arbeitsgedächtnisauslastung reduziert werden kann, wenn mehrere Sinnesmodalitäten zeitgleich angesprochen werden [10]. Demnach ist es sinnvoll, Erklärungen zu komplizierten Grafiken über gesprochenen Text zu präsentieren – und nicht über schriftliche Erläuterungen. Letztere Gestaltungsmöglichkeit wäre darüber hinaus auch hinsichtlich des sogenannten Split-Attention-Effekts nicht optimal, da die Aufmerksamkeit während des Lernens zwischen Bild und Text wechseln und relevante Bereiche zusätzlich im Arbeitsgedächtnis zwischengespeichert werden müssten [11].

Andere Forschungsschwerpunkte bilden affektive und motivationale Fragestellungen. Während die Präsentation personalisierter Texte die Motivation der Lernenden steigern kann [12], scheinen Lernspiele trotz ihrer allgemeinen Lernförderlichkeit keinen Einfluss auf die Motivation zu haben [13].

Im bidt-Projekt „MOTIV – Digitale Interaktionskompetenz: Monitor, Training und Sichtbarkeit“ werden adaptive eLearning-Module entwickelt, die digitale Kompetenzen im Umgang mit sprachbasierten interaktiven Assistenten stärken sollen.

Kritik und Probleme

Kritik, die im Themenfeld des eLearning geäußert wird, bezieht sich überwiegend auf Aspekte, die eher auf eine schlechte Implementierung der digitalen Lehr-/Lernangebote schließen lässt und weniger auf Charakteristika des Konzepts der digitalen Lehre an sich. Und tatsächlich: Die Wahl des Lernmediums hat laut mehrerer Studien keinen signifikanten Einfluss auf die Lernleistung [14]. Eine Grundproblematik besteht in der Fehlannahme, eLearning substituiere prinzipiell Präsenzlehre, obwohl Mischformen wie das Blended Learning existieren. Ein webbasiertes Training kann, ebenso wie ein Lehrbuch, in einem Unterrichtssetting verwendet werden – mit dem Vorteil, dass dieses Programm je nach vorhandenem Vorwissen oder anderen Eigenschaften adaptiv auf die Bedürfnisse der Lernenden eingehen kann. Auch Kommunikationskanäle sind prinzipiell in Form von z. B. Onlinechats, Videochats oder pädagogischen Agenten implementierbar [15]. Auch der Nachteil der Demotivation lässt sich durch interaktive Elemente sowie metakognitive Hinweise (Prompts) reduzieren [16]. Derartige Maßnahmen sind jedoch eine Ressourcenfrage, da die Entwicklung adaptiver sowie interaktiver Module kostenintensiv ist. Hinzu kommt, dass zahlreiche Lehrkräfte wenig Expertise über die lernförderliche Gestaltung von digitalen Lernmedien besitzen und Schulen die Beauftragung externer eLearning-Agenturen scheuen. Zusammenfassend lässt sich diesbezüglich feststellen, dass die Nichtbeachtung empirisch bewährter Gestaltungsempfehlungen ein grundlegendes Problem bei der Entwicklung von digitalen Lernangeboten darstellt.

Quellen

[1] Rey, G. D. (2009). E-Learning: Theorien, Gestaltungsempfehlungen und Forschung. Bern: Huber.

[2] Garrison, D. R., & Kanuka, H. (2004). Blended learning: Uncovering its transformative potential in higher education. The internet and higher education, 7(2), 95–105.

[3] Messerschmidt, R., & Grebe, R. (2005). Zwischen visionärer Euphorie und praktischer Ernüchterung: Informations-und Bildungstechnologien der vergangenen fünfzig Jahre (No. 91). quem-report.

[4] Arnold, P. (2005). Einsatz digitaler Medien in der Hochschullehre aus lerntheoretischer Sicht. (Stand: 21.07.2006).

[5] Skinner, B. F. (1958). Teaching machines. Science, 128(3330), 969–977.

[6] Skulmowski, A., & Rey, G. D. (2020). COVID‐19 as an accelerator for digitalization at a German university: Establishing hybrid campuses in times of crisis. Human Behavior and Emerging Technologies, 2(3), 212–216.

[7] Kinkartz, S., & Isenson, N. (19.03.2020). Corona: Deutsche Schulen sind auf E-Learning schlecht vorbereitet.

[8] Sweller, J., & Chandler, P. (1991). Evidence for cognitive load theory. Cognition and instruction, 8(4), 351–362.

[9] Mayer, R. E. (2005). Cognitive theory of multimedia learning. The Cambridge handbook of multimedia learning, 41, 31–48.

[10] Moreno, R., & Mayer, R. E. (1999). Cognitive principles of multimedia learning: The role of modality and contiguity. Journal of educational psychology, 91(2), 358.

[11] Mayer, R. E., & Moreno, R. (1998). A split-attention effect in multimedia learning: Evidence for dual processing systems in working memory. Journal of educational psychology, 90(2), 312.

[12] Ginns, P., Martin, A. J., & Marsh, H. W. (2013). Designing instructional text in a conversational style: A meta-analysis. Educational Psychology Review, 25(4), 445–472.

[13] Wouters, P., Van Nimwegen, C., Van Oostendorp, H., & Van Der Spek, E. D. (2013). A meta-analysis of the cognitive and motivational effects of serious games. Journal of educational psychology, 105(2), 249.

[14] Clark, R. E. (1983). Reconsidering research on learning from media. Review of educational research, 53(4), 445–459.

[15] Melicheríková, Z., & Bušíková, A. (2012). Adaptive E-learning-A tool to overcome disadvantages of E-learning. In 2012 IEEE 10th International Conference on Emerging eLearning Technologies and Applications (ICETA) (pp. 263–266). IEEE.

[16] Bannert, M. (2009). Promoting self-regulated learning through prompts. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 23(2), 139–145.