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„bidt-Digitalbarometer.international“: Deutschland liegt bei digitalen Kompetenzen zurück 

Die deutsche Bevölkerung weist im europäischen Ländervergleich schwache digitale Kompetenzen auf. Dabei ist die digitale Kluft in Deutschland besonders stark ausgeprägt; digitale Kompetenzen sind in keinem anderen Land so abhängig von Alter und Geschlecht. Diese und weitere Erkenntnisse liefert das neue „bidt-Digitalbarometer.international“.

  • erste Ausgabe des „bidt-Digitalbarometers.international“ veröffentlicht
  • Studie schließt an das 2022 erschienene „bidt-SZ-Digitalbarometer“ an und ermöglicht einen Vergleich von Deutschland mit sechs europäischen Ländern
  • jeweils zwischen 1.157 und 1.734 Personen in Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich und Spanien befragt
  • Themenfelder: Nutzungsverhalten und E-Government, digitale Kompetenzen, digitale Transformation der Arbeitswelt und künstliche Intelligenz (KI)
  • Befragung fand zwischen November 2022 und Januar 2023 statt
  • Deutschland ist Schlusslicht bei digitalen Kompetenzen und digitalen Verwaltungsakten; relativ positive Einschätzung von KI und den Chancen der Digitalisierung für das eigene Unternehmen

Das „bidt-Digitalbarometer.international“ ist ein Gemeinschaftsprojekt des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation (bidt) der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und des SZ-Instituts der „Süddeutschen Zeitung“. Aufbauend auf dem „bidt-SZ-Digitalbarometer“, das 2022 mit Ergebnissen für Deutschland erschienen ist, wurden zwischen November 2022 und Januar 2023 repräsentative Befragungen in sechs europäischen Ländern durchgeführt. Damit wird nun ein Vergleich von Deutschland mit Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich und Spanien ermöglicht. Der Ländervergleich trägt dazu bei, Entwicklungen und Herausforderungen besser zu verstehen und zeigt Handlungsfelder zur Gestaltung der digitalen Transformation auf.

Finnland Spitzenreiter bei digitalen Kompetenzen, Deutschland und Spanien Schlusslicht

Bei den digitalen Kompetenzen bildet die Bevölkerung in Deutschland mit durchschnittlich 55 von 100 Punkten gemeinsam mit Spanien die Schlussgruppe, beide Länder liegen deutlich hinter dem Spitzenreiter Finnland (63 Punkte). Dabei sind die digitalen Kenntnisse und Fähigkeiten in Deutschland stärker als in anderen Ländern von soziostrukturellen Faktoren abhängig.

In Deutschland weisen Personen ab dem Alter von 65 Jahren im internationalen Vergleich die niedrigsten digitalen Kompetenzen auf. Neben älteren Menschen fallen vor allem Einkommensschwächere und Frauen teils deutlich hinter entsprechenden Personengruppen in den Vergleichsländern zurück. Damit ist die digitale Kluft in Deutschland besonders stark ausgeprägt.

Defizite bei Fort- und Weiterbildungen und in der öffentlichen Verwaltung

Auch die Erwerbstätigen in Deutschland schneiden bei den digitalen Kompetenzen im Vergleich eher schlecht ab. Zudem beurteilen sie das Angebot an Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten zum Thema Digitalisierung vergleichsweise schlecht. So bewerten nur 36 Prozent der Mitarbeitenden in Unternehmen mit bis zu 49 Beschäftigten das Fort- und Weiterbildungsangebot ihres Arbeitgebers zum Thema Digitalisierung als sehr gut oder eher gut, in Großbritannien liegt dieser Wert dagegen bei 61 Prozent.

In keinem anderen Land haben zudem so wenige Menschen bereits einen kompletten Verwaltungsvorgang (ausgenommen die Steuererklärung) online durchgeführt wie in Deutschland – eine Tatsache, die die Studienautorinnen und -autoren vor allem auf das mangelnde Angebot an digitalen Verwaltungsdienstleistungen zurückführen.

Auch bei der Nutzung von medizinischen und therapeutischen Dienstleistungen sowie bei Onlinebewerbungen liegen die Vergleichsländer vor Deutschland.

Zuversicht bei Digitalisierung und künstlicher Intelligenz

Neben den Defiziten bei der digitalen Transformation in Deutschland fördert das „bidt-Digitalbarometer.international“ aber auch positive Aspekte zutage. Im internationalen Vergleich sind die Deutschen eher zuversichtlich bei der Abwägung von Chancen und Risiken der Digitalisierung. So nehmen 65 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland die Digitalisierung eher als Chance für ihr Unternehmen wahr. In keinem anderen der Vergleichsländer wird ein derart hoher Wert erzielt.

81 Prozent der Deutschen geben zudem an, zumindest ein bisschen über künstliche Intelligenz (KI) zu wissen, der zweithöchste Wert hinter Finnland (82 Prozent) und weit vor den letztplatzierten Ländern Frankreich und Spanien (61 Prozent).

Beim autonomen Fahren und der Erkennung von Krankheiten mithilfe von KI sehen die Deutschen deutlich häufiger Chancen als die Befragten in den anderen untersuchten europäischen Ländern.

Mehr Möglichkeiten zur Partizipation an digitaler Transformation erforderlich

„Es entsteht oftmals der Eindruck, dass Deutschland bei der Digitalisierung international zurückliegt“, bilanziert Roland A. Stürz, Abteilungsleiter des Think Tank am bidt und Leiter der Studie.

Wir sehen in unserer Studie, dass dies als Problem auch erkannt wird. Über 61 Prozent der Menschen in Deutschland – so viele wie in keinem anderen unserer Vergleichsländer – finden, dem Thema Digitalisierung werde in ihrem Land zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet.

Dr. Roland A. Stürz Zum Profil

Damit Deutschland international bei der Digitalisierung Schritt halten kann und unter ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten nicht den Anschluss verliert, muss die gesamtgesellschaftliche Teilhabe gestärkt werden. Dazu empfehlen die Autorinnen und Autoren der Studie unter anderem einheitliche Bildungsangebote, wie zum Beispiel die deutschlandweite Einführung von Informatik als Unterrichtsfach sowie eine stärkere Förderung von Weiterbildungsangeboten und höhere Anreize, um entsprechende Angebote auch wahrzunehmen.

Daneben müsse die Digitalisierung der Dienstleistungen von Ämtern und Behörden beschleunigt und die Nutzerperspektive verstärkt in den Mittelpunkt gestellt werden. Der rasanten Entwicklungsgeschwindigkeit von KI sollte mit einem flexiblen Regulierungsrahmen Rechnung getragen werden, der mögliche Gefahren begrenzt, aber Innovationspotenziale nicht übermäßig beschränkt.

Dr. Roland A. Stürz

Abteilungsleiter Think Tank, bidt

Christian Stumpf

Wissenschaftlicher Referent Think Tank, bidt

Antonia Schlude

Wissenschaftliche Referentin Think Tank, bidt

Ulrike Mendel

Wissenschaftliche Referentin Think Tank, bidt

Danilo Harles

Wissenschaftlicher Referent Think Tank, bidt

Ansprechpartner:innen

Pressekontakt

Dr. Margret Hornsteiner

Abteilungsleiterin Dialog, bidt

Anfragen zur Studie

Dr. Roland A. Stürz

Abteilungsleiter Think Tank, bidt