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Fear of Missing Out – der Einfluss von Social-Media-Nutzung auf die psychische Gesundheit

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Fear of Missing Out (FoMO) beschreibt die Angst, (sozial) belohnende Erfahrungen zu verpassen, die andere Personen haben könnten, während man selbst abwesend ist.[1] Dies geht mit dem anhaltenden Wunsch einher, mit anderen stets im Austausch zu stehen.[2] Um diese Angst zu adressieren, wird häufig auf die Nutzung sozialer Medien zurückgegriffen. FoMO wird daher charakterisiert als angstbezogenes Konstrukt, bestehend aus einer kognitiven Komponente und einer Verhaltensstrategie (z. B. die Nutzung von Social Media).

Social-Media-Kanäle wie Instagram und TikTok bieten die Möglichkeit, Interaktion und Erlebnisse von anderen beobachten zu können. Auf diesen Plattformen sind neue Inhalte in kurzer Zeit in hoher Anzahl, und dann aber teilweise nur zeitlich begrenzt, verfügbar. Dadurch werden Verhaltensweisen wie das regelmäßige Prüfen der eigenen Social-Media-Profile, die Kontrolle über den Eingang neuer Nachrichten und die damit einhergehende Unterbrechung im Alltag stetig angeregt.[2] FoMO ist sowohl mit der Social-Media-Nutzung als auch mit dem digitalen Wohlbefinden eng verknüpft. Auch wenn die Nutzung von Social Media nicht grundsätzlich problembehaftet sein muss, sondern eine positive Ergänzung zum Erleben von sozialer Zugehörigkeit im Alltag sein kann, ist davon auszugehen, dass die Angst, etwas zu verpassen und die damit intensive, anhaltende Nutzung von Social Media negative Emotionen verstärken und so das digitale Wohlbefinden verschlechtern können.

Als mögliche Erklärung für die Entwicklung von FoMO wird angenommen, dass das Erleben einerseits das Resultat unbefriedigter sozialer Bedürfnisse und Defizite in Belohnungserwartungen darstellt,[2] es andererseits aber auch darum geht, genau diese fehlende Bedürfnisbefriedigung durch die Nutzung von Social Media zu kompensieren.[3], [4] Empirische Arbeiten haben gezeigt, dass das Erleben von FoMO mit einer zeitintensiven und teilweise problematischen Nutzung von Social Media und anderen internetbezogenen Anwendungen assoziiert ist, die mit dem Erleben negativer Konsequenzen im Alltag, wie beispielsweise Konflikte mit Familienangehörigen oder Probleme im beruflichen oder schulischen Alltag, einhergehen (z. B. [5], [6], [7]). Des Weiteren unterstreichen empirische Studien, dass auch psychopathologische Symptome wie Depressivität, (soziale) Ängstlichkeit, gesundheitliche Probleme oder auch eine geringere Lebensqualität das Erleben von FoMO und der daraus resultierenden problematischen Nutzung von sozialen Medien begünstigten können (z. B. [6], [7], [8], [9], [10]). Zusätzlich scheinen insbesondere weibliche Nutzerinnen sowie Jugendliche und junge Erwachsene von einer erhöhten Angst, etwas zu verpassen, betroffen zu sein.[2], [5]

Vergleichbarkeit mit analogen Phänomenen

FoMO tauchte erstmals in den 2010er-Jahren in den Medien auf und fällt damit in den gleichen Zeitraum, in dem die Nutzung von Social Media ebenfalls substanziell zunahm. [1], [2] Die Angst, etwas zu verpassen, ist in der Forschung daher klar assoziiert mit der Nutzung von Social Media und weiteren internetbezogenen Anwendungen und kann als hauptsächlich digitales Phänomen bezeichnet werden, welches ortsunabhängig auftritt und somit ubiquitär verfügbar ist (z. B. [5], [6], [7]). Aufgrund der engen Verknüpfung zwischen FoMO und Social Media sowohl im wissenschaftlichen als auch gesellschaftlichen Diskurs ist eine Übertragung auf ein analoges Phänomen nicht direkt möglich. Da aber das Fehlen von sozialer Bedürfnisbefriedigung als Grundlage von FoMO gilt, besteht eine zumindest inhaltliche Nähe mit dem Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit (Need to belong). Dies ist ein zentrales Motiv eines Individuums mit unterschiedlich starker subjektiver Ausprägung.[11] Anders als beim FoMO geht es beim Bedürfnis der sozialen Zugehörigkeit nicht um das Erleben von Angst oder einer Strategie, dieser entgegenzuwirken, sondern vielmehr um ein generelles menschliches Bedürfnis und Handlungsmotiv im Zuge der sozialen Zugehörigkeit und kann als Grundlage für das Erleben von FoMO verstanden werden.

Gesellschaftliche Relevanz

Fear of Missing Out (FoMO) hat gesellschaftliche Relevanz, da es als zentraler Risikofaktor bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung einer problematischen, exzessiven Nutzung von Social Media identifiziert wurde.[4] Es ist anzunehmen, dass die Adressierung von FoMO grundlegend von Interesse sein sollte, um dieses Risiko insbesondere bei jungen Menschen zu reduzieren und somit die problematische Nutzung zu adressieren. Grundlegende Bausteine sind hierbei der Aufbau von Resilienz und die Umsetzung einer kontrollierten Nutzung von Social Media. Diese hätten außerdem das Ziel, kognitive Verzerrungen aufzugreifen, aber auch Strategien zu erlernen, um mit eigenen Unsicherheiten und sozialen Ängsten umzugehen sowie um mit anderen Personen in Kontakt zu treten.[12], [13], [14]

Quellen

  1. Przybylski, A. K.et al. (2013). Motivational, emotional, and behavioral correlates of fear of missing out. In: Computers in Human Behavior 29(4), 1841–1848. https://doi.org/10.1016/j.chb.2013.02.014.
  2. Elhai, J. D./Yang, H./Montag, C. (2021). Fear of missing out (FOMO): Overview, theoretical underpinnings, and literature review on relations with severity of negative affectivity and problematic technology use. In: Brazilian Journal of Psychiatry 43(2), 203–209. https://doi.org/10.1590/1516-4446-2020-0870.
  3. Elhai, J. D. et al. (2020). Health anxiety related to problematic smartphone use and gaming disorder severity during COVID-19: Fear of missing out as a mediator. Human Behavior and Emerging Technologies. https://doi.org/10.1002/hbe2.227.
  4. Wegmann, E./Brand, M. (2019). A narrative overview about psychosocial characteristics as risk factors of a problematic social networks use. In: Current Addiction Reports, 6, 402–409. https://doi.org/10.1007/s40429-019-00286-8.
  5. Akbari, M. et al. (2021). Fear of missing out (FoMO) and Internet use: A comprehensive systematic review and meta-analysis. In: Journal of Behavioral Addictions 10(4), 879–900. https://doi.org/10.1556/2006.2021.00083.
  6. Beyens, I./Frison, E./Eggermont, S. (2016). “I don’t want to miss a thing”: Adolescents’ fear of missing out and its relationship to adolescents’ social needs, Facebook use, and Facebook related stress. In: Computers in Human Behavior, 64, 1–8. https://doi.org/10.1016/j.chb.2016.05.083.
  7. Wegmann, E. et al. (2017). Online-specific fear of missing out and Internet-use expectancies contribute to symptoms of Internet-communication disorder. In: Addictive Behaviors Reports 5, 33–42. https://doi.org/10.1016/j.abrep.2017.04.001
  8. Elhai, J. D. et al. (2019). Depression and anxiety symptoms are related to problematic smartphone use severity in Chinese young adults: Fear of missing out as a mediator. Addictive Behaviors. https://doi.org/10.1016/j.addbeh.2019.04.020.
  9. Fang, J. et al. (2020). Fear of missing out and problematic social media use as mediators between emotional support from social media and phubbing behavior. Addictive Behaviors 107, 106430. https://doi.org/10.1016/j.addbeh.2020.106430.
  10. Röttinger, D. et al. (2021). Dispositional and online-specific Fear of Missing Out are associated with the development of IUD symptoms in different internet applications. In: Journal of Behavioral Addictions. https://doi.org/10.1556/2006.2021.00042.
  11. Deci, E. L./Vansteenkiste, M. (2004). Self-determination theory and basic need satisfaction: Understanding human development in positive psychology. In: Ricerche di Psicologia 27, 23-40.
  12. Alutaybi, A. et al. (2020). Combating Fear of Missing Out (FoMO) on social media: The FoMO-R Method. In: International Journal of Environmental Research and Public Health 17(17). https://doi.org/10.3390/ijerph17176128
  13. Gupta, M./Sharman, A. (2021). Fear of Missing Out: A brief overview of origin, theoretical underpinnings, and relationship with mental health. In: World Journal of Clincial Cases, 9(19) 4881–4889. https://doi.org/10.12998/wjcc.v9.i19.4881.
  14. Vandoninck, S./d’Haenens, L./Roe, K. (2013). Online risks - coping strategies of less resilient children and teenagers across Europe. Journal of Children and Media, 7(1), 60–78. https://doi.org/10.1080/17482798.2012.739780.