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Definition und Abgrenzung

Durch die ubiquitäre Verbreitung digitaler Technologien sind diese im Alltag allgegenwärtig und beeinflussen die Wahrnehmung, das Verhalten sowie das Wohlbefinden der Menschen. Digitales Wohlbefinden befasst sich dabei mit dem Wohlbefinden von Menschen, die einer zunehmenden Technologisierung ausgesetzt sind. Grundsätzlich handelt es sich um ein noch im Entstehen begriffenes Konzept, für das es derzeit noch keine einheitliche und allgemein anerkannte Definition gibt. Während einige Begriffsbezeichnungen beispielsweise den normativen Charakter des digitalen Wohlbefindens in den Vordergrund stellen und sich auf die Kompetenz von Individuen konzentrieren, die Nutzung digitaler Technologien mit langfristigen Zielen in Einklang zu bringen[4], betrachten andere Definitionen den Einfluss der Nutzung digitaler Technologien auf das Wohlbefinden Berücksichtigung der Balance zwischen den zugrunde liegenden Vor- und Nachteilen, die mit der Nutzung einhergehen[8]. Grundsätzlich ist sich die Literatur jedoch darüber einig, dass es beim digitalen Wohlbefinden darum geht, ein möglichst gutes Leben im Einklang mit der Digitalisierung zu ermöglichen[2]. Dabei stehen hauptsächlich drei Komponenten im Vordergrund: digitale Praktiken, Nutzen und Risiken sowie Wohlbefinden. Die zunehmende Digitalisierung bringt sowohl positive als auch negative Aspekte mit sich, die in Abhängigkeit von den digitalen Praktiken entstehen. Nutzen und Risiken können sich auf das Wohlbefinden des Individuums auswirken, was sich schließlich aus kollektiver Sicht auf die Gesellschaft als Ganzes auswirken kann[1].

Bei der Komponente Wohlbefinden handelt es sich um ein vielschichtiges und weit gefasstes Konzept, für das in der Wissenschaft verschiedene Definitionen und Ansätze existieren. Häufig werden jedoch zwei Arten des Wohlbefindens voneinander unterschieden: hedonistisches und eudaimonisches Wohlbefinden. Beim hedonistischen (alternativ: subjektives Wohlbefinden[3]) geht es darum, wie eine Person ihr Leben aus emotionaler und kognitiver Sicht bewertet. Das hedonistische Wohlbefinden ist insbesondere durch zwei Dimensionen gekennzeichnet: Zum einen geht es darum, inwieweit das Leben als allgemein zufrieden bewertet wird, zum anderen geht es um die sogenannte Affektbalance, d. h. um den Wunsch, möglichst häufig positiven und möglichst selten negativen Gefühlen ausgesetzt zu sein. Bei der zweiten Art, dem eudaimonischen Wohlbefinden (alternativ: psychologisches Wohlbefinden[6]), geht es vorrangig darum, dass man als Person bestimmte Bedürfnisse hat, um die eigene persönliche Entwicklung voranzutreiben. Die Befriedigung dieser Bedürfnisse hilft dabei, das eigene Potenzial voll ausschöpfen zu können. Forscher haben hier unter anderem sechs Hauptkomponenten identifiziert, die zum eudaimonischen Wohlbefinden beitragen: Autonomie, positive Beziehung zu anderen, Kontrolle der Umwelt, Lebenssinn, Selbstakzeptanz und persönliches Wachstum. Nicht zuletzt gibt es noch sogenannte Risiko- und Resilienzfaktoren, die das Wohlbefinden ebenfalls beeinflussen können.

Digitale Technologien können sich auf die oben erwähnten Bereiche des Wohlbefindens auswirken in Abhängigkeit davon, welche digitalen Praktiken im Umgang mit digitalen Technologien angewendet werden und welcher Nutzen und welche Risiken sich daraus ergeben.

Geschichte

Der Begriff des digitalen Wohlbefindens hat sich im alltäglichen Sprachgebrauch hauptsächlich im Zusammenhang mit den seit 2018 auf den Markt gekommenen Anwendungen etabliert, die die Nutzungszeit von Geräten und darauf befindlichen Apps protokollieren und die Möglichkeit bieten, diese zu kontrollieren. Im Forschungsbereich handelt es sich bei dem Begriff um ein Konzept, das erst seit wenigen Jahren verstärkt Anwendung findet. Seit 2015/2016 lässt sich ein exponentieller Anstieg von Forschungsartikeln zu dem Thema beobachten, welche sich mit dem Thema des digitalen Wohlbefindens befassen[8].

Anwendung und Beispiele

Ein besseres Verständnis darüber, wie sich die Nutzung digitaler Technologien auf das Wohlbefinden auswirkt, trägt dazu bei, mögliche negative Konsequenzen zu reduzieren und die positiven Aspekte zu verstärken. Mögliche positive Aspekte könnten eine verstärkte soziale Bindung zu anderen Individuen, soziale Unterstützung sowie ein verbesserter Zugang zu Informationen sein[1]. Negative Aspekte können beispielsweise Faktoren wie Stress durch kontinuierliche Erreichbarkeit, Datenschutzbedenken bei der Weitergabe von persönlichen Informationen sowie der Zugang zu Falschinformationen sein[1]. Die letzten Beispiele (Zugang zu Informationen sowie zu Falschinformationen) verdeutlichen, dass positive und negative Faktoren durchaus parallel auftreten können. Mögliche Risiko- und Resilienzfaktoren umfassen beispielsweise das Gefühl von Einsamkeit, Stress, Schlafqualität oder Selbstwertgefühl.

Digitale Technologien, die einen Einfluss auf das Wohlbefinden von Individuum und Gesellschaft ausüben können, sind beispielsweise soziale Medien, Smartphones sowie Anwendungen der künstlichen Intelligenz.

Digitale Praktiken beinhalten die Art und Weise, wie digitale Technologien konkret genutzt werden und können sowohl Vorteile als auch Risiken für das Wohlbefinden mit sich bringen[1]. Digitale Praktiken werden durch verschiedene Faktoren, wie permanente Konnektivität und Erreichbarkeit, die vielfältigen Optionen nutzbarer digitaler Technologien und die Integration diverser Technologien an ein und demselben Ort geformt[1]. Solche digitalen Praktiken umfassen eine große Bandbreite an Verhaltensweisen, wie digitale Technologien genutzt werden. Dies kann die generelle (Nicht-)Nutzung, die Intensität und Häufigkeit der Nutzung sowie den Kontext und den Zweck der Nutzung betreffen.

Forschung und Herausforderungen

Während die frühere Forschung den Einfluss auf das Wohlbefinden der Menschen auf der Basis globaler Nutzungsmuster wie der Häufigkeit der Nutzung sowie der absoluten Nutzungszeit untersucht hat, berücksichtigt die aktuelle Forschung vermehrt die hohe Komplexität des zugrunde liegenden Forschungskontextes. Entsprechend trägt nicht nur die generelle Nutzung digitaler Technologien zum Wohlbefinden bei, sondern auch eine Vielzahl weiterer Faktoren. Der Einfluss der Nutzung digitaler Technologien kann beispielsweise von der zugrunde liegenden Motivation der Nutzung, der betrachteten Inhalte, dem Kontext der Nutzung sowie von individuellen Unterschieden abhängen[9]. Entsprechend werden neben einer Vielzahl verschiedener Moderatoren auch interindividuelle bzw. insbesondere auch intraindividuelle Unterschiede der Probanden berücksichtigt. Aufgrund der hohen Komplexität des Untersuchungsfeldes lässt sich bisher keine eindeutige oder nur eine limitierte Aussage darüber treffen, wie sich die Nutzung digitaler Technologien auf das Wohlbefinden von Individuen auswirkt. Unter Berücksichtigung dieses Umstands hat die Forschung bisher jedoch gezeigt, dass die Nutzung digitaler Technologien einen scheinbar nur geringfügigen Beitrag zum Wohlbefinden leistet [5].

Quellen

[1] Büchi, M. (2024). Digital well-being theory and research. In: New Media & Society 26 (1), 172–189.

[2] Burr, C./Floridi, L. (2020). The ethics of digital well-being: A multidisciplinary perspective. In: Burr, C./Floridi, L. (Hg.). Ethics of digital well-being: A multidisciplinary approach, 1–29.

[3] Diener, E. (1984). Subjective well-being. In: Psychological Bulletin 95, 542–575.

[4] Lyngs, U. (2019). Putting self-control at the centre of digital wellbeing. 2019 ACM CHI Conference on Human Factors in Computing Systems [Position paper]), Glasgow, UK, May 4, 2019.

[5] Orben, A./Przybylski, A. K. (2019). The association between adolescent well-being and digital technology use. In: Nature Human Behaviour 3 (2), 173–182.

[6] Ryan, R. M./Deci, E. L. (2000). Self-determination theory and the facilitation of intrinsic motivation, social development, and well-being. In: American Psychologist 55, 68–78.

[7] Vanden Abeele, M. M. P. (2021). Digital wellbeing as a dynamic construct. In: Communication Theory 31 (4), 932–955.

[8] Vanden Abeele, M. M. P./Nguyen, M. H. (2022). Digital well-being in an age of mobile connectivity: An introduction to the Special Issue. In: Mobile Media & Communication 10(2), 174–189.

[9] Yang, C./Holden, S. M./Ariati, J. (2021). Social Media and Psychological Well-Being Among Youth: The Multidimensional Model of Social Media Use. In: Clinical Child and Family Psychology Review 24, 631–650.