Die Blockchain-Technologie ist eine kryptografisch-verifizierbare Form der Datenverwaltung und -übertragung, die besonders in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat, indem sie innovative Lösungen für bestimmte Herausforderungen der Digitalisierung bietet. Vor dem Hintergrund der angestrebten Digitalisierung im öffentlichen Sektor könnte die Blockchain deshalb dort ebenfalls Potenziale entfalten.
So zeigt die „Digitalstrategie Deutschland“ [1] auf, dass die fehlende digitale Harmonisierung unterschiedlicher Behörden eines der Kernprobleme der derzeitigen öffentlichen Verwaltung sei. Dies bezeichnet den Zustand, dass Behörden ihre Daten untereinander nicht regelmäßig abgleichen und synchronisieren, wodurch vor allem bei überbehördlichen Vorgängen Redundanzen entstehen können. Die Blockchain-Technologie kann hier als behördenübergreifende Datenverwaltungsinfrastruktur genutzt werden, um die bisher bestehenden Individualsysteme der Behörden abzulösen oder miteinander zu vernetzen.
In einer Blockchain können Daten manipulationssicher abgespeichert und zu ihrer Einsicht spezielle Rechte vergeben werden. Dadurch ist es möglich, dass jede Behörde ihre Daten dort verwaltet, aber nur Zugriff auf jene Informationen erhält, die für ihre Aufgabenerledigung erforderlich sind. Blockchainbasierte Verwaltungssysteme sorgen hierdurch für eine effiziente Koordination der ressortübergreifenden Verwaltungsvorgänge, welche insbesondere im Hinblick auf das föderale Regierungssystem in Deutschland und die damit verteilten Kompetenzen relevant werden. Eine solche behördenübergreifende Kooperation konnte bereits im Projekt FLORA [2] des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in die Praxis umgesetzt werden. Hierbei wurde Blockchain eingesetzt, um Informationen zwischen unterschiedlichen, am Asylprozess beteiligten Behörden auszutauschen und zu synchronisieren.
Ebenfalls bietet die Blockchain-Technologie aufgrund ihrer Datenstruktur die Möglichkeit, die Verifikation und Integrität rechtlich relevanter Prozesse durch eine erhöhte Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten. Somit kann Blockchain in der öffentlichen Verwaltung zu einer Verbesserung von Transparenz und Sicherheit beitragen. Beispielsweise konnten die Potenziale der Technologie bei der Bekämpfung von Steuerausfällen auf Onlinemarktplätzen durch eine verbesserte Verifizierbarkeit steuerlicher Prozesse in der bayerischen Steuerverwaltung untersucht werden [3].
Auf einer Blockchain können auch verteilte Programme (sog. Smart Contracts) ausgeführt werden, die es ermöglichen, die Blockchain selbst mit zusätzlichen Funktionalitäten auszustatten. Durch die Integration dieser Programme können behördliche Folgeprozesse automatisch veranlasst werden, sobald die jeweiligen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Beispielsweise könnten bei Gewerbean- oder ummeldungen automatisch die entsprechenden Folgeprozesse beim jeweiligen Finanzamt eingeleitet werden, ohne dass weitere manuelle Prozessschritte notwendig wären. Dies würde zum einen zu geringeren Wartezeiten und zum anderen zu weniger fehleranfälligen Prozessabläufen führen.
Eine weitere Herausforderung im öffentlichen Sektor ist die Digitalisierung der Identitätsnachweise (z. B. Ausweisdokumente). Hier stellt sich vor allem die Frage, wie diese sicher, die Privatsphäre schützend und souverän implementiert werden können. Als verifizierbare Datenstruktur bieten Blockchains die Möglichkeit, das Konzept der selbstsouveränen digitalen Identitäten (Self-Sovereign-Identities (SSI)) umzusetzen. Diese digitalen Identitäten sind so konzipiert, dass sie die Privatsphäre schützen und können sowohl für Privatpersonen als auch Unternehmen ausgegeben und nutzbar gemacht werden. Dies dient der Datensouveränität von Privatpersonen und Unternehmen und beugt gleichzeitig einem Gefahrenszenario der gläsernen Person vor.
Die öffentliche Verwaltung übernimmt bei SSI-Konzepten die Bereitstellung der zugrunde liegenden Daten und profitiert vor allem von der sicheren Nutzbarkeit der Identitäten für Verwaltungsprozesse, um diese Ende-zu-Ende digitalisieren zu können. Diese Potenziale werden im Rahmen der Schaufensterprojekte „Sichere Digitale Identitäten“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz durch Behörden auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene erprobt [4].
Vergleichbarkeit mit analogen Phänomenen
Der Einsatz von Blockchain-Technologie in der öffentlichen Verwaltung lässt sich mit dem Einsatz einer herkömmlichen, zentralisierten Datenbank vergleichen. Dabei vereinfacht die Blockchain-Technologie vor allem unter dem Gesichtspunkt der Transparenz die Identifizierung und Verifizierung öffentlicher Aufzeichnungen und Dokumente. Da im Bereich der öffentlichen Verwaltung besonders großer Wert auf Authentizität und Sicherheit der zu verarbeitenden Daten gelegt werden muss, kann eine Blockchain hier einen entscheidenden Vorteil gegenüber einer herkömmlichen, zentralisierten Datenbank bieten.
Durch eine behördenübergreifende Koordination und Kooperation kann die bisher häufige Neuerfassung von Stammdaten und deren parallele Speicherung vermieden werden, wodurch Redundanzen verringert und Effizienzgewinne gesteigert werden. Bedingt durch die dezentrale Verteilung von Datenblöcken kann die Abhängigkeit der IT-Sicherheit von einer zentralisierten Infrastruktur vermieden und auch in Krisenfällen die ortsunabhängige, ubiquitäre Verfügbarkeit relevanter Daten ermöglicht werden. Dadurch bietet die Blockchain-Technologie gegenüber herkömmlichen Datenbanken wesentliche Vorteile in Bezug auf Sicherheit, Transparenz und Effizienz. Diese Eigenschaften machen sie ideal für Anwendungen, die eine hohe Datenintegrität unter Verzicht auf eine zentrale Autorität erfordern.
Gesellschaftliche Relevanz
Die Anwendung der Blockchain-Technologie im öffentlichen Sektor hat eine hohe gesellschaftliche Relevanz. Durch die Integration dieser innovativen Technologie kann die öffentliche Verwaltung die Transparenz, Effizienz und Sicherheit in ihren Prozessen erheblich verbessern. Blockchain ermöglicht eine dezentrale und manipulationssichere Datenverwaltung, welche das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in staatliche Institutionen stärkt. Darüber hinaus können durch Smart Contracts und automatisierte Abläufe bürokratische Hürden abgebaut werden, was zu schnelleren und schlussendlich kosteneffizienteren Dienstleistungen für die gesamte Gesellschaft führt.
Da bisher allerdings aufgrund noch fehlender Datengewinnung im Bereich der Skalierbarkeit blockchain-basierter Systeme noch keine bundesweite Implementierung der Technologie erfolgt ist, bleibt abzuwarten, wie konkrete Anwendungen solcher Systeme in der öffentlichen Verwaltung ausgestaltet sein werden. Die Anwendung von Blockchain im öffentlichen Sektor verspricht nicht nur eine Modernisierung der Verwaltung, sondern auch eine Steigerung der Effektivität und Transparenz, was letztlich auch das Verhältnis zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und dem Staat positiv beeinflussen könnte.
Weiterführende Links und Literatur
Quellen
- Digitalstrategie Deutschland. Die digitale Verwaltung schaffen. https://www.digitalstrategie-deutschland.de/digitale-verwaltung/ [18.03.2024]
- Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. FLORA – Föderale Blockchain Infrastruktur Asyl. https://www.bamf.de/DE/Themen/Digitalisierung/FLORA/flora-node.html [18.03.2024]
- Kühne, D. et al. (2020). SSI@LfSt – Einsatz der Blockchain-Technologie in der Steuerverwaltung. https://www.fim-rc.de/wp-content/uploads/2021/04/Whitepaper_SSI@LfSt.pdf [18.03.2024]
- Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (Hrsg.). Schaufensterprojekte. https://www.digitale-technologien.de/DT/Navigation/DE/ProgrammeProjekte/AktuelleTechnologieprogramme/Sichere_Digitale_Identitaeten/Projekte_Umsetzungsphase/projekte_umsetzungsphase.html [18.03.2024]