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Digitale Transformation von Engineering-Unternehmen

Das Projekt erforscht organisationale Implikationen der digitalen Transformation in Engineering-Unternehmen.

Projektbeschreibung

Digitale Technologien haben das Potenzial, einzelne Unternehmen und gesamte Branchen grundlegend zu verändern. Dies gilt auch und besonders für den klassischen Engineering-Sektor. Traditionelle Engineering-Unternehmen, beispielsweise in der Automobilindustrie oder im Bereich Mess- und Verfahrenstechnik, weisen schon immer einen starken Technologie-Fokus auf. Dieser lag bislang allerdings vorranging im Bereich des „klassischen“ Ingenieurwesens. Digitale Technologien spielten eine eher untergeordnete und unterstützende Rolle im alltäglichen Geschäft. Neue digitale Technologien eröffnen diesen Unternehmen nun in vielfältiger Weise Möglichkeiten für neue Produkt-Features, Dienstleistungen oder völlig neue Geschäftsmodelle. Sie stehen vor der Herausforderung, bestehende Geschäftsmodelle und Arbeitsweisen zu hinterfragen und sich neu aufzustellen.

Während digitale Innovationen neue Möglichkeiten eröffnen, bringt die digitale Transformation traditioneller Engineering-Unternehmen zugleich tiefgreifende Veränderungen auf organisationaler Ebene mit sich. Digitale Transformation geht weit über die Einführung digitaler Technologien hinaus – sie betrifft die Organisation als Ganzes.

Das Projekt erforscht in einem interdisziplinären Forschungsansatz, der Perspektiven aus Soziologie und Wirtschaftswissenschaften integriert, welche Implikationen die digitale Transformation von Engineering-Unternehmen auf Organisationsebene mit sich bringt. Im Zentrum steht die Frage, wie Unternehmen mit internen Spannungsfeldern umgehen – etwa zwischen Tradition und Erneuerung, zwischen Ingenieurskultur und Softwaredenken oder zwischen Führung und Partizipation. Wir analysieren, welche organisationalen Dynamiken sich im Zuge der digitalen Transformation entfalten und wie Unternehmen mit Herausforderungen wie Widerständen, Rollenkonflikten oder Unsicherheit umgehen. Damit möchte das Projekt nicht nur zu einem tieferen Verständnis der digitalen Transformation etablierter Unternehmen beitragen, sondern auch Gestaltungsspielräume aufzuzeigen und praxistaugliches Orientierungswissen für Unternehmen bereitzustellen, die sich im digitalen Wandel befinden.

In drei Teilprojekten werden zentrale Aspekte der digitalen Transformation von Engineering-Unternehmen tiefergehend beleuchtet und untersucht:

  • Teilprojekt 1: Digitale Transformation – eine Frage der Identität
    Die digitale Transformation etablierte Traditionsunternehmen im Engineering-Sektor betrifft nicht nur technologische Aspekte, sondern die Organisation als Ganzes. Sie trifft den zentralen Nerv des Unternehmens und wirft die Frage auf: „Wer sind wir – und wer wollen wir in Zukunft sein? “. Die Antworten darauf sind von substanzieller Tragweite, weil sie nicht nur nach außen das Bild des Unternehmens prägen, sondern auch die Sinnstiftung nach innen beeinflussen. Digitale Transformation wird somit zu einer Frage der Identität. Wir wollen verstehen, wie sich diese Veränderungen im Zusammenspiel zwischen dem Anknüpfen an die eigene Tradition und der Ausrichtung auf die Zukunft gestalten.
    Vor diesem Hintergrund gehen wir der Frage nach, welche Rolle der organisationale Identität in der digitalen Transformation zukommt. Unsere Studien zeigen, dass digitale Transformation und Unternehmensidentität in einem wechselseitigen Verhältnis stehen. Auf der einen Seite ist die organisationale Identität Ausgangspunkt digitaler Transformation. Sie bildet den Bezugs- und Orientierungsrahmen, vor dem die Potenziale digitaler Technologien wahrgenommen und bewertet werden. Die Unternehmensidentität stellt damit die Weichen für eine digitale Transformation. Sie kann Veränderungsprozesse ermöglichen, aber auch hemmen – und beeinflusst, wie und in welcher Weise digitale Transformation realisiert wird. Auf der anderen Seite lösen solche Transformationsprozesse eine Suche nach dem zukünftigen Selbstverständnis aus und führen zu gemeinsamen Verständigungs- und Neu-Aushandlungsprozessen über die (zukünftige) Identität.
  • Teilprojekt 2: Ingenieure in der Digitalen Transformation – Digitale Transformation als Professionskrise
    Die ‚Ingenieurskunst‘ ist unhinterfragtes Sinnbild und Inbegriff erfolgreicher Engineering-Unternehmen. IngenieurInnen stehen hier für Stabilität, technische Präzision und Innovationskraft. Doch mit wachsender Bedeutung digitaler Technologien und Softwarekompetenzen geraten traditionelle Professionsbilder unter Druck. Dies wirft Fragen für das Selbstbild der Ingenieure auf und lässt Neuaushandlungen über Professionsgrenzen, Kompetenzen und Autoritäten erwarten.
    Vor diesem Hintergrund untersuchen wir, wie sich das Verhältnis zwischen ‚klassischen‘ IngenieurInnen und Software-ExpertInnen gestaltet, welche Spannungen, Neujustierungen und Machtverschiebungen sich daraus ergeben und welche Auswirkungen das auf die digitale Transformation des Unternehmens hat. Digitale Transformation wird so auch zur Professionskrise, in der sich Autoritäten, Zuständigkeiten und Selbstverständnisse neu ordnen.
  • Teilprojekt 3: Digitale Transformation als Balanceakt zwischen Partizipation und Führung
    Tiefgreifende und weitreichende Veränderungen im Zuge der digitalen Transformation führen intern häufig zu Unsicherheiten, Resistenzen und Konflikten, die letztlich das Scheitern der digitalen Transformation zur Folge haben können. Umso entscheidender ist es, die Beschäftigten mitzunehmen und aktiv in den Wandel einzubeziehen – nicht nur zur Steigerung der Akzeptanz, sondern um echte Identifikation mit dem Veränderungsprozess zu ermöglichen und damit den Erfolg der digitalen Transformation zu sichern.
    Vor diesem Hintergrund untersuchen wir, wie Unternehmen ihre Beschäftigten wirkungsvoll in digitale Transformationsprozesse einbinden können. Denn, so unsere These, erfolgreiche digitale Transformation braucht beides: die aktive Beteiligung der Beschäftigten und eine klare, steuernde Führung. Denn einerseits ist die Einbindung der Mitarbeitenden essenziell, um deren Erfahrungswissen, praktisches Know-How und Perspektiven in den Veränderungsprozess einzubringen – nur so kann eine Transformation erfolgen, die auch im Arbeitsalltag tragfähig ist und zugleich die Bereitschaft erhöht, neue Wege mitzugehen. Andererseits ist es genauso wichtig, dass solche weitreichenden Veränderungen klar gesteuert werden – nur so können übergeordnete Ziele, Orientierungen und Konsistenz sichergestellt werden und Unsicherheit oder Überforderung durch unklare Anforderungen vermieden werden. Die digitale Transformation wird damit zum Balanceakt zwischen Partizipation und Führung, der bewusst gestaltet werden muss.

Projektteam

Prof. Dr. Thomas Hess

Mitglied im bidt-Direktorium | Professor für Wirtschaftsinformatik und Betriebswirtschaftslehre, Ludwig-Maximilians-Universität München

PD Dr. Angela Graf

Forschungskoordinatorin und Projektleiterin, bidt

Anna Kiemer

Wissenschaftliche Referentin Forschung, bidt

Ehemalige

Lea Müller

ehem. Wissenschaftliche Referentin Forschung, bidt

Beiträge