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Datenportabilität – Bedeutungsvoll, aber kaum bekannt

Nutzerinnen und Nutzer haben das Recht, ihre bei Onlinediensten gespeicherten Daten abzurufen und sie zu anderen Diensten übertragen zu lassen, etwa bei einem Anbieterwechsel. Erste Studien aus dem bidt-Projekt „Bewusstsein, Motivation und Implementierung von Datenportabilität“ zeigen: Die Nachfrage, Daten zwischen Diensten zu transferieren, ist groß, das Recht aber noch kaum bekannt.


Im Mai 2018 trat die Datenschutz-Grundverordnung, kurz DSGVO, in Kraft. Darin werden Rechte beschrieben, die die Nutzerinnen und Nutzer von Onlinediensten gegenüber Diensteanbietern haben und durchsetzen können. Zu diesen gehören neben dem öffentlich bereits breit diskutierten Recht auf Löschung von Daten (das sogenannte Recht auf Vergessenwerden, § 17) und dem Auskunftsrecht (§ 15) auch das Recht auf Datenübertragbarkeit beziehungsweise Datenportabilität (§ 20). Letzteres regelt, dass Nutzerinnen und Nutzer ihre bei einem Dienst hinterlegten Daten erhalten, sie aber auch zu einem anderen Dienst übermitteln lassen können.

Dies soll Nutzerinnen und Nutzern erlauben, einfacher und freier zu entscheiden, welche Dienste sie nutzen möchten. So können nun bei einem Anbieterwechsel alle bisher erstellten beziehungsweise hochgeladenen Inhalte mitgenommen werden. Ein Beispiel: Ein Jogger, der seine Laufzeiten und -strecken mit einem Fitnesstracker aufzeichnet und in der Cloud des Anbieters A speichert, könnte somit beim Wechsel zu Anbieter B mit anderer Cloud fordern, dass Strecken und Zeiten zwischen den Anbietern synchronisiert werden.

Mit der Möglichkeit, Daten zwischen Anbietern zu portieren, ist nicht nur die Hoffnung verbunden, Nutzerrechte im Internet zu stärken. Viele sehen darin auch eine Chance für die deutsche Digitalbranche: Sie könnte davon profitieren, wenn Nutzerinnen und Nutzer sich freier zwischen Diensten entscheiden und einfacher von ausländischen Großkonzernen zu datenschutzfreundlicheren europäischen Anbietern wechseln können, ohne ihre Daten und selbst generierten Inhalte zu verlieren.

Forschung zu Datenportabilität am bidt – erste Ergebnisse aus dem Projekt

Doch wie lässt sich das Recht auf Datenportabilität in der Praxis nutzerfreundlich umsetzen? Wo und wie möchten Nutzerinnen und Nutzer tatsächlich davon Gebrauch machen? Diesen und weiteren Fragen gehen Professor Jens Großklags (Technische Universität München), Professor Johann Kranz (Ludwig-Maximilians-Universität München) und Professor Susanne Mayr (Universität Passau) interdisziplinär im bidt-Projekt „Bewusstsein, Motivation und Implementierung von Datenportabilität“ nach.

In zwei ersten Onlinebefragungen untersuchte das Team, wie bekannt das Recht auf Datenportabilität ist und bei welchen Typen von Onlinediensten sich Nutzerinnen und Nutzer überhaupt einen Anbieterwechsel wünschen.

Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass das Recht auf Datenübertragbarkeit das am wenigsten bekannte der DSGVO-Rechte ist.

Datenportabilität? 70 Prozent haben noch nie davon gehört

Weniger als ein Drittel der 246 Teilnehmenden in der ersten, im November 2019 durchgeführten Befragung gaben an, schon einmal davon gehört zu haben. Über die weiteren in der DSGVO genannten Rechte wussten immerhin mehr als die Hälfte Bescheid. Das Recht auf Datenlöschung war sogar 89 Prozent % der Befragten bekannt (siehe Abbildung 1).

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Ähnlich präsentiert sich die Situation bei der Frage, wie gut man sich vorstellen kann, was genau mit dem Recht auf Datenübertragbarkeit gemeint ist: Hier antworten die Befragten auf einer Skala von 0 („kann ich mir überhaupt nicht vorstellen“) bis 5 („kann ich mir sehr gut vorstellen“) im Mittel mit 2,3. Im Schnitt können sich die Befragten somit „eher nicht“ vorstellen, was das Recht auf Datenübertragbarkeit bedeutet. Die weiteren Rechte in der DSGVO werden allesamt als besser verständlich eingeschätzt (siehe Abbildung 2).

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Es zeigt sich: Insbesondere beim Recht auf Datenportabilität besteht großer Informations- und Aufklärungsbedarf.

Das gilt umso mehr, als bei den Nutzerinnen und Nutzern Bedarf nach einfachen und nutzerfreundlichen Lösungen zur Datenmitnahme beim Anbieterwechsel besteht, wie die Ergebnisse einer weiteren Befragung zeigen.

Viele wollen wechseln, scheuen aber davor zurück

So geben jeweils mehr als 10 Prozent der befragten Nutzerinnen und Nutzer von Diensten wie etwa sozialen Netzwerken (z. B. Facebook) oder Cloud-Speichern (z. B. Dropbox) an, ihren aktuellen Anbieter eigentlich verlassen und zu einem anderen wechseln zu wollen, dies aber nicht zu tun. Als wichtige Motive für den Wechselwunsch werden dabei vor allem Sorgen um Datenschutz und Privatsphäre und ein generell geringes Vertrauen in den aktuellen Anbieter genannt (siehe Abbildung 3).

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Doch warum wechseln die Nutzer nicht zu datenschutzfreundlicheren Anbietern? Als Hemmnisse nennen die Befragten vor allem, dass sie keine vergleichbaren Dienste kennen und/oder wenig Erfahrung mit dem Wechseln von Diensten haben. Zudem besteht die Befürchtung, dass der Wechsel aufwendig und mit dem Verlust vieler Daten und Informationen verbunden wäre. Sorgen über einen solchen Datenverlust äußern zwei Drittel der Befragten.

Nutzerinnen und Nutzer stärker unterstützen

Bei diesen ersten Projektergebnissen handelt es sich um nicht repräsentative Momentaufnahmen bei überwiegend jungen und hochgebildeten Teilnehmenden, die in Kürze um repräsentative Daten ergänzt werden. Dennoch illustrieren die Ergebnisse bereits, dass das Recht auf Datenportabilität ein reales Bedürfnis von Internetnutzenden adressiert: unkompliziert Daten zwischen Diensten auszutauschen und zwischen Anbietern wechseln zu können.

Damit Nutzerinnen und Nutzer auch tatsächlich von ihrem Recht profitieren können, benötigen sie aber mindestens zweierlei: zum einen Wissen über ihren Anspruch auf Datenabruf und Datenmitnahme beim Anbieterwechsel und zum anderen einfache und nutzerfreundliche technische Lösungen, die sie bei der Datenmitnahme unterstützen. Beide Aspekte werden im weiteren Projektverlauf untersucht.

Die vom bidt veröffentlichten Blogbeiträge geben die Ansichten der Autorinnen und Autoren wieder; sie spiegeln nicht die Haltung des Instituts als Ganzes wider.