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Herr der Zahlen

Christian Stumpf ist wissenschaftlicher Referent im Think Tank am bidt. Der Sozialwissenschaftler konzipiert Befragungen, mit denen das bidt aktuelle Herausforderungen des digitalen Wandels beleuchtet.

© bidt / Kilian Blees

Christian Stumpf ist Profi darin, herauszufinden, wie Menschen ticken. Der Sozialwissenschaftler konzipiert Umfragen für Analysen und Studien. Am bidt arbeitet er in der Abteilung Think Tank, die unter anderem eigene Erhebungen zur digitalen Transformation durchführt.

Was wissen die Deutschen über Künstliche Intelligenz? Wünschen sie sich mehr oder weniger Homeoffice? Und wie gut können Anwenderinnen und Anwender überhaupt mit den digitalen Technologien umgehen?

Christian Stumpf ist nah dran an aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen. „Das war der Grund, warum ich Soziologie studiert habe: Es ging mir darum, soziale Phänomene zu verstehen. Umfragen sind dafür ein möglicher Zugang“, sagt der bidt-Referent.

Nach seinem Studium in Heidelberg war Christian Stumpf zunächst beim Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung und dann mehr als zehn Jahre bei einem renommierten Markt- und Meinungsforschungsinstitut in München beschäftigt. Es waren also zunächst berufliche Gründe, die Christian Stumpf nach München gezogen haben. Doch die Stadt ist dem gebürtigen Baden-Württemberger schnell zur Heimat geworden. Das liegt auch an der Nähe zu den Alpen, zu denen er sich am liebsten mit dem Rad aufmacht.

Trendthema Digitalisierung

Seit Christian Stumpf als Sozialforscher arbeitet, hat er Befragungen zu so unterschiedlichen Bereichen wie Wahlabsichten, Familienfreundlichkeit und Kundenzufriedenheit gemacht. Die Vielfalt der Themen, mit denen er sich im Zuge seiner Arbeit auseinandersetzt, sieht er als Bereicherung.

Digitalisierung ist seiner Beobachtung nach seit etwa fünf Jahren zu einem Trend-Thema bei Umfragen geworden. Er selbst interessiert sich schon länger dafür, allein aus praktischen Gründen: Die neuen Technologien ermöglichen automatisierte Auswertungen von Umfragedaten. Es macht ihm Spaß, die Programme dafür zu schreiben. Und: „Damit ist auch die Chance verbunden, sich von Routinetätigkeiten zu befreien. Je mehr man automatisiert macht, umso mehr Zeit findet man für das, was einem wichtig ist.“ Für den Sozialwissenschaftler ist das: gute Umfragen zu entwickeln.

Am bidt arbeitet er im Team Think Tank gerade daran mit, eine langfristig angelegte Befragung zu konzipieren, die Aufschluss darüber geben wird, wie akzeptiert digitale Technologien in der Bevölkerung sind und wie kompetent die Deutschen mit den neuen Anwendungen und Möglichkeiten umgehen: das Digitalisierungsbarometer. Zumindest hinsichtlich Künstlicher Intelligenz besteht Nachholbedarf, wie eine der ersten bidt-Studien zeigte: Den meisten ist KI ein Rätsel.

Für Christian Stumpf bedeutet jede Umfrage auch die Möglichkeit, Neues zu lernen, Ergebnisse zu erhalten, die man nicht erwartet hat. Dabei bergen Befragungen auch die Gefahr, Vorurteile zu verfestigen – allein schon durch die unterschiedliche Selbsteinschätzung von Befragten etwa.

Es gibt inzwischen eine Inflation an Umfragen, weil es sehr einfach geworden ist, online mal schnell eine Befragung zu starten. Das muss aber nicht heißen, dass sie auch gut gemacht sind.

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Damit ist die Gefahr verbunden, dass falsche Schlussfolgerungen gezogen werden. Christian Stumpf nennt einige Merkmale, an denen sich die Qualität von Studien erkennen lässt. Dazu gehört, dass der Zeitraum und die Methode der Erhebung genannt sind und die Stichprobe beschrieben wird, also erklärt wird, wer befragt wurde. „Stichproben sind grundsätzlich fehlerbehaftet. Ein gewisser Fehlerbereich ist immer dabei, der ist bei guten Umfragen auch angegeben.“

Doch für den Sozialwissenschaftler ist die Herausforderung nicht nur, gut konzipierte Umfragen zu machen, die ein für Politik und Wirtschaft verwertbares Ergebnis bringen. Die Fragen müssen auch so gestellt sein, dass die Teilnehmenden nicht vorzeitig abspringen, denn mit der Umfrageflut nimmt auch die Konkurrenz um die Befragten zu: „Es machen immer weniger Menschen bei Umfragen mit.“ Das heißt für empirisch Sozialforschende: Sie müssen die Fragen so stellen, dass die Befragten sie nicht nur verstehen, sondern auch interessant genug finden, damit sie bis zum Ende einer Umfrage dabeibleiben. Der Schlüssel dafür sei es, so Christian Stumpf, zu versuchen, sich in die Lebenswelt von anderen hineinzuversetzen.

Am bidt schätzt Christian Stumpf die Möglichkeit, ein Institut von Beginn an mit aufzubauen. Der Forschungszuschnitt des bidt könnte für einen Sozialwissenschaftler nicht dankbarer sein: Die Digitalisierung wirkt in so viele Bereiche des Lebens und der Gesellschaft hinein, dass sie ein riesiges Feld für sozialwissenschaftliche Befragungen ist.

Wer wie Christian Stumpf beruflich gesellschaftliche Phänomene beobachtet, kann davon auch jenseits des Arbeitsalltags nie ganz ablassen. Persönlich treibt Christian Stumpf gerade etwa eine Frage um, die zu den aktuellen Herausforderungen des digitalen Wandels zählt: „Wie kann es sein, dass es in einer Zeit, in der so viel Wissen und Informationen leicht zugänglich sind, Fake News gibt und sich Verschwörungstheorien verbreiten?“ Im Gespräch schiebt er gleich eine mögliche Antwort darauf hinterher: „Vielleicht ist genau das das Problem: dass jeder seine eigenen Schlüsse zieht.“ Mit den von ihm mitentwickelten Umfragen trägt der bidt-Referent immerhin ein Stück dazu bei, faktenbasierte Grundlagen zu schaffen.

Think Tank

Der Think Tank des bidt vermittelt ein un­abhängiges, fakten­basiertes Bild über den Stand des digitalen Wandels. Er bietet verlässliche Zahlen, Daten und Fakten für fundierte, sachgerechte Ent­scheidungen.