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Digitale Partizipation

Definition und Abgrenzung

Partizipation meint ganz allgemein den Zugang zu und die (aktive oder passive) Beteiligung oder Einbeziehung von Individuen, gesellschaftlichen Gruppen, kollektiven wie korporativen Akteuren in gesellschaftliche Prozesse, insbesondere aber in Entscheidungs-, Willens- und Meinungsbildungsprozesse. Von digitaler Partizipation kann man sprechen, sofern digitale Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) eine zentrale Rolle für die Artikulation von Partizipationswünschen oder bei der Organisation von Partizipationsformen spielen.

In politikwissenschaftlicher Perspektive werden meist zwei zentrale Kontexte von digitaler Partizipation unterschieden. Einmal geht es speziell um politische Zusammenhänge. Hiermit sind allgemein „alle Aktivitäten“ von Bürgerinnen und Bürgern angesprochen, „mit dem Ziel, politische Entscheidungen zu beeinflussen“ (van Deth 2009). In diesem Fall wird dann genauer von politischer Partizipation gesprochen (Lorenz et al. 2020). In diesem Kontext und im Hinblick auf politische Bürgerbeteiligungsverfahren werden ausgehend von der sogenannten Partizipationsleiter (Arnstein 1969) unterschiedliche Grade der Partizipation unterschieden, z.B. Informationsangebote, Konsultationen, Kooperationen bzw. Entscheidungsbeteiligungen als von staatlicher Seite initiiert und Transparenzangebote, Aktivismus, Kampagnen und Lobbying; Petitionen als von zivilgesellschaftlicher Seite initiierter Beteiligung (Oertel et al 2017).

In einem weiteren Sinne wird auch von sozialer Partizipation gesprochen, womit vielfältige Formen und Möglichkeiten des gesellschaftlichen Engagements gemeint sind, von Betätigungen in und für organisationale Entscheidungsprozesse über Vereinsaktivitäten bis hin zu sozialem Engagement allgemein, das den rein individuellen, privaten Bereich übersteigt (Roßteuscher 2009, Gabriel/Völkl 2008). Häufig wird in einem engeren Verständnis und mit Blick auf dezidiert benachteiligte oder marginalisierte Bevölkerungsgruppen und deren Belange auch von (fehlender, mangelhafter) Inklusion gesprochen, z. B., wenn es an barrierefreien Zugängen zu gesellschaftlich-kulturellen Einrichtungen für kranke, behinderte oder alte Menschen mangelt. Ziel ist hier, die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben auch für diese Personenkreise möglichst ungehindert zu realisieren (vgl. für unterschiedliche Gruppen die Beiträge in Diehl (2017)). Im pädagogischen, erziehungswissenschaftlichen Umfeld wird von Inklusion meist bezogen auf Kinder und Jugendliche gesprochen (Löser/Werning 2015).

Soziologisch wird Partizipation mit der Unterscheidung von Inklusion und Exklusion in einem allgemeineren (und weniger normativen) Sinne behandelt, um dem äußerst vielschichtigen Phänomen gesellschaftstheoretisch gerecht zu werden (Stichweh 1988; Nassehi 1999), denn die Frage der Partizipation stellt sich viel grundsätzlicher und letztlich für alle (individuellen und kollektiven) Akteurinnen und Akteure und hinsichtlich sämtlicher gesellschaftlicher Bereiche (etwa dem Rechtssystem, dem Bildungssystem, der Krankenversorgung, dem sozialen Nahumfeld etc.). Nicht alle Akteurinnen und Akteure können und wollen tatsächlich gleichermaßen an gesellschaftlichen Prozessen partizipieren. Insofern haben sich historisch professionelle Leistungsrollen in zentralen gesellschaftlichen Teilsystemen ausgebildet (Ärztinnen/Ärzte, Richterinnen/Richter, Lehrerinnen/Lehrer, Politikerinnen/Politiker etc.) und entsprechende Komplementärrollen (Publikumsrollen), in deren Rahmen alle Personen potenziell partizipieren können (Patientinnen/Patienten, Klientinnen/Klienten, Schülerinnen/Schüler, Wählerinnen/Wähler, Bürgerinnen/Bürger etc.). Um die damit einhergehende Ungleichverteilung in der Intensität der Partizipation und die damit einhergehenden ungleichen Machtverhältnisse abzuschwächen – Leistungsrollenträger haben deutlich mehr Einflussmöglichkeiten und Entscheidungsbefugnisse als Personen im Rahmen von Publikumsrollen – haben sich in den verschiedenen Teilbereichen sogenannte sekundäre Leistungsrollen (Stichweh 1988) etabliert, welche Partizipationsmöglichkeiten zwischen Leistungs- und Publikumsrollen erweitern können (z. B. Amateurwissenschaftlerinnen und ‑wissenschaftler im Bereich der wissenschaftlichen Forschung (Dickel/Franzen 2015). Grundsätzlich geht es in dieser soziologischen Perspektive darum, die Formen und Funktionen von Inklusion (Partizipation) im Rahmen der differenzierten, modernen Gesellschaft zu erfassen (Burzan et al. (2008) sprechen in diesem Zusammenhang von „Inklusionsprofilen“ und „Inklusionsverhältnissen“).

Diskussionen um fehlende oder unzureichende Partizipation und entsprechende Forderungen, diese zu beheben, sind letztlich grundsätzlich an normative Vorstellungen (von problematischer sozialer Ungleichheit) gekoppelt. In dieser normativen Perspektive geht es vor allem um Belange des Gemeinwohls (im Unterschied zur bloßen Stärkung individueller, rein interessensbezogener Belange), der Stärkung von Demokratie (im Unterschied zu exklusiveren Herrschaftsformen), um Integration (im Sinne des Ausschließens von Ausgrenzung und damit verbunden Gefahren der Desintegration) oder Ähnliches.

Von digitaler Partizipation kann man sprechen, sofern digitale Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) eingesetzt werden, die im Zusammenhang stehen mit Fragen von Partizipation. Sowohl hinsichtlich der politischen Partizipation (Roleff 2012) als auch in Bezug auf soziale Partizipation bestehen (normative) Erwartungen der Erleichterung, Ausweitung und Verstärkung von Partizipation, die insbesondere auch durch die Möglichkeiten der digitalen IKT befeuert werden. Digitale IKT erleichtern zunächst einmal die Partizipation, da die Partizipierenden von ihren Lebenskontexten und ihrem sozialen Umfeld aus teilhaben können. Sofern technisch-infrastrukturell Zugang zu Partizipationsangeboten besteht, kann dieser somit räumliche als auch soziale Hürden von benachteiligten Gruppen beseitigen oder vermindern, z. B. bei Bevölkerungsgruppen, die ein geringes ökonomisches Kapital zur Verfügung haben oder jene, die aufgrund körperlicher Beeinträchtigungen Schwierigkeiten haben, an Offlinebeteiligungsformaten teilzunehmen.

Digitale IKT erzeugen aber auch potenziell neue Ungleichheiten, da sowohl der Zugang zu digitalen IKT als auch die Kompetenzen für ihre Nutzung nicht über alle Bevölkerungsgruppen hinweg gleichverteilt sind. Die damit einhergehende digitale Spaltung der Gesellschaft (Zillien 2009) ist zwar global betrachtet noch nicht aufgelöst, innerhalb westlich-industrialisierter Gesellschaften jedoch mittlerweile stark vermindert.

Geschichte

Die Möglichkeiten der digitalen Partizipation haben aufgrund der – im historischen Maßstab betrachtet – relativen Neuartigkeit digitaler IKT noch keine längere Geschichte aufzuweisen (als Literatur mit historischen Bezügen vgl. Kronauer 2010). Norbert Kersting (2019) stellt mit Blick auf Onlinepartizipation ebenfalls historische Bezüge her. Unterschieden werden in der Literatur oftmals in Bezug auf Technikentwicklung im Allgemeinen und Digitalisierung/digitale Medien im Besonderen verschiedene Phasen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Michael Seemann (2020) etwa teilt die neuere vergangene und zukünftige Entwicklung in fünf Phasen ein (1985–1995: Die frühen Netzwerkutopien; 1995–2005: Remediation; 2005–2015: Kontrollverlust; 2015–2025: Das Neue Spiel; 2025–2035: Restrukturierung). Allgemein können diese Phasen auch jeweils in Verbindung gebracht werden mit eher zeitdiagnostischen, entweder tendenziell utopischen oder tendenziell dystopischen Beobachtungen hinsichtlich ihrer transformativen Kraft – auch hinsichtlich partizipativer Möglichkeiten.

Sehr grob kann man eine frühe Phase digitaler Partizipationsbemühungen im Rahmen und mittels des sogenannten Web 1.0 in den mittleren und späteren 1990er-Jahren von den erweiterten technisch-medialen, interaktiveren Möglichkeiten des Web 2.0 seit den 2000er-Jahren unterscheiden. Ob und in welchem Ausmaß auch die derzeitigen Erweiterungen digitaler IKT hinsichtlich diverser immersiver Medien (Stichwort Metaverse) und generativer KI (Stichwort Chat-GPT) auch einen größeren Einfluss auf digitale Partizipationsmöglichkeiten ausüben, wird sich zeigen müssen. Eine Geschichte politischer oder gesellschaftlicher Partizipation im Allgemeinen würde eine sehr lange werden, die hier nicht ansatzweise abgebildet werden kann.

Anwendung und Beispiele

Aufgrund der vielfältigen Gründe und Rahmenbedingungen für Partizipationsforderungen und ‑bemühungen sind auch die entsprechenden Umsetzungen äußerst vielgestaltig. Je nachdem, in welchem gesellschaftlichen Teilbereich (Politik, Medien, Wissenschaft, Recht etc.), hinsichtlich welcher Typen von Akteuren (kollektiven, korporativen oder individuellen Akteurinnen und Akteuren) und in welcher zeitlich-räumlichen Perspektive (global/national/lokal, dauerhaft/einmalig/punktuell) Partizipation zum Thema gemacht wird, unterscheiden sich die Anwendungen und Lösungsansätze stark voneinander. Insofern geht es bei Fragen der Partizipation auch und oftmals sogar insbesondere darum, (öffentliche) Aufmerksamkeit für die Belange der jeweiligen Akteurinnen/Akteure und Akteursgruppen zu erlangen. Denn es ist – auch in einer demokratischen Gesellschaft – nicht selbstverständlich, dass institutionell-politische Akteure sich um die Partizipationsbelange aller Bürgerinnen/Bürger und Bevölkerungsgruppen gleichermaßen kümmern (können) und entsprechende Partizipationsmöglichkeiten quasi top down bereitstellen. Mehr oder weniger explizit spielen Machtverhältnisse und damit verbundene (möglicherweise problematische) Machtasymmetrien eine Rolle bei Partizipationsbemühungen. Werte und Konzepte wie Gerechtigkeit, Chancengleichheit, Repräsentativität, Transparenz, Aufklärung, demokratische Kontrolle, bürgerschaftliches Engagement usw. stellen vorwiegend die Hintergrundfolie dar, vor der (mehr oder andersartige) Partizipation gefordert, angestrebt und dann gegebenenfalls umgesetzt wird (Dickel/Schrape 2015).

Soziologisch betrachtet kristallisiert sich in einem fortlaufenden gesellschaftlichen Aushandlungsprozess heraus, welche Personen oder Bevölkerungsgruppen als benachteiligt bzw. zu wenig inkludiert angesehen werden und ob und in welchem Maße gesellschaftliche Anstrengungen unternommen werden (sollten), bestehende Verhältnisse zu verändern. Hierbei kann zwischen eingeladener und uneingeladener Partizipation unterschieden werden (Wehling/Viehöfer 2013; Wynne 2007). Eingeladene Partizipation findet in der Regel durch etablierte (politische) Akteure statt, die spezifische Formate und Verfahren zur (Bürger-)Partizipation einrichten. Uneingeladene Partizipation findet zivilgesellschaftlich organisiert statt (z. B. in Form von Protesten oder Bürgerbegehren) oder entwickelt sich spontan und entsprechend unorganisiert (z. B. bei Aufständen, Revolten). Je nach Kontext artikulieren und organisieren sich Beteiligungsansprüche trotz massiver Widerstände, die so weit gehen können, dass Leib und Leben der Beteiligten bedroht sind (z. B. im Rahmen von Revolutionsbestrebungen in totalitären politischen Systemen, etwa dem Arabischen Frühling).

Formen von eingeladener Partizipation werden häufig gezielt von politischen Akteuren im Rahmen spezieller Verfahren – in Deutschland auf kommunaler oder Landesebene – eingesetzt. Im Rahmen von Bürgerhaushalten, Bürgeranhörungen oder Petitionen werden hier Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger geschaffen. Hierfür können digitale IKT unterstützend wirken (E‑Partizipation, Open Government), da sie den Beteiligungsprozess erleichtern und mögliche Hürden abschwächen können, die bei reinen Offlinevarianten bestünden. Ein frühes Beispiel eines durch E‑Partizipation unterstützten Bürgerhaushalts bietet die Stadt Köln im Jahr 2007 (Vorwerk et al. 2008; Taubert et al. 2011. Auch außerhalb des politischen Bereichs können mithilfe digitaler IKT partizipative Verfahren eingerichtet werden und dadurch mögliche Hürden für Partizipation gesenkt werden, z. B. von Organisationen im Rahmen betrieblicher Mitbestimmungsverfahren.

Insbesondere Formen uneingeladener Partizipation können mithilfe digitaler IKT in größerem Ausmaß realisiert werden, als dies vor dem Internetzeitalter möglich war. Soziale Netzwerkseiten, Blogs/Microblogs, Chats, Internetforen, Webseiten, Videoplattformen und andere Social Media bieten ubiquitäre Möglichkeiten zur Kommunikation. Bestehende Zugangsbeschränkungen, Benachteiligungen und entsprechende Partizipationsforderungen können so von quasi jedermann artikuliert werden. Digitale IKT können somit eine zentrale Rolle bei der Mobilisierung für öffentliche Aufmerksamkeit spielen und dadurch können die Bedarfe und Belange von potenziell benachteiligten Gruppen gesellschaftlich sichtbar(er) werden. Ob, in welcher Form und in welchem Ausmaß hierdurch tatsächlich (politische) Entscheidungsprozesse beeinflusst werden, sind nicht leicht zu beantwortende Fragen, die im Rahmen empirischer Forschungen behandelt werden müssen.

Kritik und Probleme

Der oben beschriebene Zusammenhang zwischen Machtverhältnissen und Partizipation einerseits und dem allgemeinen Potenzial von digitalen IKT für mehr Partizipation kann tendenziell dazu führen, die (erhofften) Effekte und den (erwünschten) Nutzen von digitaler Partizipation ungeprüft zu unterstellen. Digitale Partizipation kann aber immer auch unerwünschte Nebenfolgen haben oder strategisch missbraucht werden. J. H. Schmidt (2018) analysiert etwa unter dem Begriff des „Partizipationsparadox“ die Kehrseite der Partizipation in Social Media: Zum Beispiel können die Anbieter von Partizipationsangeboten Daten abgreifen und im Rahmen unerwünschter Zusammenhänge auswerten. Des Weiteren kann im Rahmen solcher Angebote Arbeitskraft unentgeltlich ausgebeutet werden und somit Arbeitsplätze gefährden (z. B. Citizen Scientists in der Wissenschaft) (Mirowski 2017). Ganz allgemein können somit die Beteiligungen von Nutzerinnen und Nutzern im Rahmen kommerzialisierter oder undemokratischer Strukturen eingehegt oder entgegen ihrer Interessen, z. B. durch die Plattformbetreiber oder durch vermeintlich partizipative Graswurzelbewegungen, die im Sinne von Astroturfing vermeintlich gemeinwohlorientierte Motive lediglich vortäuschen.

Auf der anderen Seite werden Effekte von digital-partizipativen Angeboten häufig auf ungeprüfte Weise unterstellt und ihre Nutzung allgemein verteufelt, etwa wenn unterstellt wird, durch Manipulationen bzw. sogenanntes Microtargeting in Social Media würden große Bevölkerungsgruppen gezielt beeinflusst (manipuliert) und dadurch z. B. politische Wahlausgänge (etwa die US-Wahl 2016 oder die Brexit-Abstimmung in UK 2017) (vgl. u. a. Lobo 2017; von Lindern 2020) entschieden. Eine oft geäußerte Meinung ist beispielsweise, dass unregulierte Partizipation zu Echokammern und Filterblasen führten und damit den öffentlichen Meinungsbildungsprozess, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und letztlich die Demokratie gefährdeten. Aktuelle Forschungen bestätigen diese Effekte – bei allen Schwierigkeiten, die die Geschäftsmodelle von Plattformbetreibern und die Verbreitung von Fake News und Desinformation mit sich bringen – jedoch nicht (Fletcher 2020).

Zweifelsohne entstehen neue Möglichkeiten zu Beteiligung und Artikulationsmöglichkeiten zur Meinungsäußerung für Einzelne und auch für gesellschaftliche Gruppierungen. Das ermöglicht es in Einzelfällen auch einzelnen Userinnen und Usern außergewöhnlich hohe Reichweiten zu erzielen, etwa in der Rolle von Influencerinnen/Influencern. Digitale Technologien ermöglichen auch neue Organisationsformen von Interessen und Protest, die sich mithilfe von Social Media vernetzen und auch online mobilisieren und damit in vergleichsweise rasanter Geschwindigkeit (überregionale) Aufmerksamkeit generieren können. Beispiele dafür sind der sogenannte Arabische Frühling, die Querdenken-Bewegung oder Fridays for Future. Aufgrund digitaler IKT entstehen aber auch neue Einfallstore direkter oder verdeckter Einflussnahmen (z. B. durch Nudging) und Missbrauchsmöglichkeiten von unterschiedlicher (staatlicher, wirtschaftlicher, politischer etc.) Seite, auch in demokratisch organisierten Gesellschaften. In welcher Weise es hiermit zu einem Strukturwandel von Öffentlichkeiten kommt und welche Effekte die neuen Beteiligungsmodi letztlich mit sich bringen, ist Gegenstand intensiver disziplinärer wie interdisziplinärer Forschungen. Allerdings sind die weitere Ausgestaltung und Formierung von produktiven (digitalen) Partizipationsmöglichkeiten und die Eindämmung damit einhergehender Gefahren eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe mit derzeit offenem Ausgang.

Forschung

Am bidt wird in einzelnen Projekten unmittelbar zum Thema der digitalen Partizipation geforscht. Im DFG-Projekt „Die Evidenzkultur der Citizen Science. Normierung, Evaluierung und Kontrolle partizipativer Forschung“ wurden u. a. die Auswirkungen der Digitalisierung auf Beteiligungsformen in der Wissenschaft untersucht (Wenninger/Dickel 2019; Altmann/Wenninger 2023). Im Projekt „Digitale kommunikative Strategien in den sozialen Medien für die Inklusion der Menschen mit Behinderung“ wird in Bezug auf sogenannte Minderheitenthemen untersucht, ob und inwiefern diesen durch die fortschreitende Digitalisierung der Kommunikation Reichweite verschafft wird und welchen Einfluss diese auf die gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Teilhabe dieser Menschen ausübt. In der Nachwuchsforschungsgruppe Digital Democratic Mobilization in Hybrid Media Systems (DigiDeMo) wird der Frage nachgegangen, welche Bedingungen in einem hybriden Medienumfeld eine Rolle für erfolgreiche politische Kampagnen spielen. Allgemein steht hier im Interesse, wie mit Digitalisierung demokratische Entwicklungen gefördert werden können. Im Rahmen des Projekts von Magdalena Obermaier aus der Anschubfinanzierung mit dem Titel „Digital, zivil – couragiert? Eine Simulationsstudie zur Erklärung digitaler Zivilcourage in sozialen Onlinemedien unter Verwendung der ‚Truman-Plattform‘ (DiZiCou)“ wird in einem experimentellen Setting untersucht, welche Faktoren digitale Zivilcourage – also die aktive Beteiligung von Dritten in Onlinesituationen, um anderen Hilfe zu leisten – begünstigen oder behindern.

Quellen

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