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Digitalisierung durch Corona? Homeoffice im Oktober 2022

Dr. Roland A. Stürz bidt
Antonia Schlude bidt
Christian Stumpf bidt
Ulrike Mendel bidt

Mit seiner achten Befragung zum Thema Homeoffice zeigt das bidt, dass die gegenwärtige Energiekrise den Gang ins Büro für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in vielen Fällen nicht attraktiver erscheinen lässt und sich die Homeoffice-Nutzung weiter erhöht hat. Insgesamt spielen steigende Energiekosten bei der Arbeit von zu Hause aus aber nur eine untergeordnete Rolle, auch gegenwärtig steht die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben bei der Wahl von Homeoffice im Vordergrund.

Homeoffice-Befragung Oktober 2022

Die Coronapandemie hat die Arbeitswelt in Deutschland durch eine verstärkte Nutzung von Homeoffice nachhaltig verändert. Standen in den letzten beiden Wintern Infektionsschutzgründe im Zentrum der Debatte rund um die Arbeit aus den eigenen vier Wänden, ist es in diesem Winter die Energiekrise. Auf der einen Seite sehen Unternehmen durch eine stärkere Nutzung von Homeoffice Einsparpotenzial, wenn Bürogebäude weniger beheizt werden und weniger Strom verbraucht wird (t3n). Auf der anderen Seite lassen die gestiegenen Energiekosten zu Hause den Gang ins Büro für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter Umständen wieder attraktiver erscheinen (Der Standard). In seiner achten repräsentativen Kurzbefragung unter berufstätigen Internetnutzerinnen und 
-nutzern in Deutschland zum Thema Homeoffice beleuchtet das Bayerische Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt) daher diesmal Fragen zum Zusammenhang von Homeoffice und Energiekrise. Unter Nutzung von Google Surveys wurden vom 14. bis zum 28. Oktober 2022 insgesamt 970 berufstätige Internetnutzerinnen und  -nutzer in Deutschland befragt. Diese Befragung reiht sich in die sieben bisherigen Querschnittserhebungen des bidt im März 2020, Juni 2020, Februar 2021, Mai 2021, September/Oktober 2021, März 2022 und Juni 2022 zum Thema Homeoffice ein und erlaubt Analysen im Zeitverlauf.

Mehrheit der befragten Berufstätigen sieht den Vorstoß der Arbeitgeberseite zum Energiesparen verstärkt auf die Nutzung von Homeoffice zu setzen positiv

Eine Mehrheit von etwa zwei Dritteln der befragten berufstätigen Internetnutzerinnen und -nutzer in Deutschland finden den Vorschlag der Arbeitgeberseite, die Nutzung von Homeoffice auszuweiten, um Energiekosten zu sparen, eher oder sehr gut. Nur rund ein Drittel der Befragten findet den Vorstoß eher oder sehr schlecht. Unterschiede in der Einschätzung zeigen sich dabei je nachdem, ob Berufstätige derzeit Homeoffice nutzen oder nicht. So finden 70 % der Homeoffice-Nutzenden den Vorschlag gut oder sehr gut, wohingegen dieser Anteil bei Personen, die derzeit kein Homeoffice nutzen, nur 58 % beträgt.

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42 % der Beschäftigten geben an, dass die Arbeitgeberseite keine Veränderung der Homeoffice-Nutzungsmöglichkeiten aufgrund der gestiegenen Energiekosten plant

Trotz des geäußerten Wunsches mancher Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die Nutzungsmöglichkeiten von Homeoffice auszuweiten, um Energiekosten einzusparen, geben nur 15 % der befragten Beschäftigten an, dass ihre Arbeitgeberin oder ihr Arbeitgeber auch tatsächlich die Absicht verfolgt, entsprechende Möglichkeiten auszuweiten. 42 % der Beschäftigten sehen keine beabsichtigten Änderungen der Nutzungsmöglichkeiten von Homeoffice im Zuge der Energiekrise. 38 % der Beschäftigten haben keine Kenntnis über mögliche entsprechende Absichten der Arbeitgeberseite. Deutliche Unterschiede ergeben sich erneut nach der aktuellen Homeofficenutzung. Während knapp ein Viertel der aktuell Homeoffice-Nutzenden angibt, dass ihre Arbeitgeberin oder ihr Arbeitgeber die Nutzungsmöglichkeiten von Homeoffice aufgrund der gestiegenen Energiekosten ausweiten will, sind es bei Beschäftigten ohne Homeofficenutzung nur 7 %. Es zeigt sich also, dass eher in Unternehmen, in denen Homeoffice möglich ist und bereits genutzt wird, über eine weitere Ausweitung im Zuge der Energiekrise nachgedacht wird.

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Finanzielle Gründe spielen bei rund 50 % der Homeoffice-Nutzenden eine Rolle bei der Arbeit von zu Hause aus

31 % der befragten Homeoffice-Nutzenden geben an, dass finanzielle Überlegungen eine klare Rolle bei ihrer Entscheidung für die Arbeit von zu Hause aus spielen. Bei weiteren 21 % ist dies eher der Fall, während es bei insgesamt 48 % eher oder klar nicht der Fall ist. Dabei spielen finanzielle Überlegungen bei mehr Berufstätigen mit einer häufigen Homeoffice-Nutzung eine Rolle, als dies bei Berufstätigen der Fall ist, die Homeoffice nur maximal einmal pro Woche nutzen.

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Steigende Energiekosten führen bei 15 % der Berufstätigen zu einer Ausweitung der Homeoffice-Nutzung, bei 8 % zu einer Verringerung

Während rund 35 % der befragten berufstätigen Internetnutzerinnen und -nutzer angeben, nicht von zu Hause aus arbeiten zu können oder zu dürfen, stehen bei 42 % der Berufstätigen keine Änderungen der Homeoffice-Nutzung aufgrund der steigenden Energiekosten auf dem Plan. 15 % der Berufstätigen wollen ihre Homeoffice-Nutzung im Zuge der Energiekrise ausweiten. 8 % geben an, die Arbeit von zu Hause aus aufgrund der steigenden Energiekosten reduzieren zu wollen. Bei Homeoffice-Nutzenden planen vor allem Berufstätige mit einer häufigen Homeoffice-Nutzung mehrmals pro Woche eine Veränderung des Nutzungsverhaltens aufgrund der steigenden Energiepreise. Insgesamt 27 % von ihnen wollen demnach ihre Homeoffice-Nutzung weiter ausweiten, nur 12 % wollen die Arbeit von zu Hause aus reduzieren. Bei Berufstätigen mit einer nur gelegentlichen Homeoffice-Nutzung von maximal einmal pro Woche planen drei Viertel keine Änderung der Homeoffice-Nutzungshäufigkeit im Zuge der Energiekrise vorzunehmen. Es zeigt sich also, dass bei Berufstätigen, die bereits häufig von zu Hause aus arbeiten, finanzielle Überlegungen häufiger eine Rolle für die Homeoffice-Nutzung spielen und diese Berufstätigen wiederum häufiger eine Ausweitung der Homeoffice-Nutzung im Zuge der Energiekrise planen.

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Mindestens gelegentliche Homeoffice-Nutzung auf bisher höchstem Niveau

Die Planungen mancher Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber aber auch von Berufstätigen, die Homeoffice-Nutzung aufgrund der gegenwärtigen Energiekrise auszuweiten, spiegeln sich auch in den Zahlen der aktuellen Nutzung von Homeoffice wider. So arbeiten mit 55 % der Berufstätigen derzeit mehr Berufstätige mindestens ab und zu von zu Hause aus als in allen anderen Befragungswellen zuvor. Auch der Anteil der Berufstätigen mit einer Homeoffice-Nutzung mehrmals pro Woche steigt im Jahresverlauf weiter an, liegt mit 41 % aber noch deutlich unter dem Höchstwert während der Pandemie 2021.

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Berufstätige geben als Hauptgründe für die Nutzung von Homeoffice vor allem die bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben sowie ein besseres, produktiveres Arbeiten an

Trotz der gegenwärtigen Energiekrise und den bereits aufgezeigten Überlegungen von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sowie von Beschäftigten in Reaktion darauf die Nutzung von Homeoffice anzupassen, spielen andere Faktoren eine entscheidendere Rolle bei der Homeoffice-Nutzung. So ist der wichtigste Grund der befragten Berufstätigen für ein Arbeiten von zu Hause aus die bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, gefolgt von einem produktiveren, besseren und konzentrierterem Arbeiten aus den eigenen vier Wänden. Nur etwa ein Viertel der Homeoffice-Nutzenden gibt als einen der Hauptgründe für die Nutzung von Homeoffice eine Einsparung von Kosten oder den Schutz vor einer Coronainfektion an.

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Unterschiede zeigen sich hier nach Altersgruppen. So spielt die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben vor allem für Berufstätige mittleren Alters eine bedeutende Rolle. Jüngere Befragte sehen im Vergleich zu Berufstätigen im Alter von 55 Jahren und mehr häufiger ein produktiveres, besseres und konzentrierteres Arbeiten als einen Hauptgrund für die Nutzung von Homeoffice an. Ältere Berufstätige geben hingegen häufiger den Schutz vor einer Coronainfektion als einen Hauptgrund für die Arbeit von zu Hause aus an als jüngere Berufstätige.

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Die Zufriedenheit mit der eigenen Situation im Homeoffice ist auf höchstem Niveau

Die Zufriedenheit mit der eigenen Situation im Homeoffice steigt im Vergleich zu den vorangegangenen Erhebungen leicht an. Mit 91 % ist die weit überwiegende Mehrheit der befragten Homeoffice-Nutzenden mit der eigenen Situation im Homeoffice eher oder sehr zufrieden. Dies ist das höchste Niveau der insgesamt acht bisherigen Befragungswellen. Berufstätige, die mehrmals pro Woche von zu Hause aus arbeiten, sind am zufriedensten (94 %). Hingegen sind nur 84 % der Berufstätigen, die einmal pro Woche oder seltener von zu Hause aus arbeiten, eher oder sehr zufrieden mit ihrer eigenen Situation im Homeoffice.

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Fazit und Ausblick

Die achte repräsentative Kurzbefragung des bidt zur Verbreitung und Akzeptanz von Homeoffice in Deutschland zeigt, dass die Nutzungshäufigkeit von Homeoffice vor dem Hintergrund der Energiekrise weiter leicht ansteigt. So arbeiten derzeit 55 % der befragten Berufstätigen mindestens gelegentlich von zu Hause aus. Der Vorstoß der Arbeitgeberseite, Homeoffice verstärkt zu nutzen, um in den Unternehmen Energiekosten zu sparen, stößt dabei bei Berufstätigen mehrheitlich auf positive Resonanz. Gleichzeitig zeigt sich, dass die Energiekrise bisher nur einen beschränkten Einfluss auf die Nutzung von Homeoffice hat. So geben nur 20 % der Berufstätigen an, dass die Arbeitgeberseite die Absicht hat, die Homeoffice-Nutzungsmöglichkeiten im Zuge der Energiekrise zu verändern und auch nur rund 23 % der Berufstätigen planen selbst ihre Homeoffice-Nutzungshäufigkeit anzupassen. Gefragt nach den Hauptgründen für die Nutzung von Homeoffice spielen Energiekosten bei vielen Homeoffice-Nutzenden nur eine nachgelagerte Rolle. Vor allem die bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben wird in vielen Fällen als ein Hauptgrund für die Arbeit von zu Hause aus angegeben. Die Befragung ergibt jedoch zugleich, dass Berufstätige, die beabsichtigen ihr Homeoffice-Nutzungsverhalten vor dem Hintergrund steigender Energiekosten zu verändern, häufiger eine Ausweitung der Arbeit von zu Hause aus planen als eine Reduktion. Dies gilt zudem vor allem für solche Berufstätigen, bei denen finanzielle Überlegungen bei der Nutzung von Homeoffice eine Rolle spielen. Prognosen, dass die Attraktivität des Gangs ins Büro aufgrund der steigenden Energiekosten wieder zunehmen wird, scheinen sich damit zunächst nicht zu bestätigen. Offenbar überwiegen in der Kalkulation vieler Beschäftigter die eingesparten Pendelkosten die Mehrkosten u. a. für Heizung und Strom zu Hause – insbesondere, wenn sich dadurch auch eine bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben erreichen lässt.