| Analysen & Studien | Digitalisierung durch Corona? Homeoffice im März & Juni 2022

Digitalisierung durch Corona? Homeoffice im März & Juni 2022

Dr. Roland A. Stürz bidt
Antonia Schlude bidt
Hannes Putfarken bidt
Christian Stumpf bidt

Vor dem Hintergrund der ausgelaufenen Homeoffice-Pflicht in Deutschland im März 2022 untersucht das bidt mit seiner sechsten und siebten Befragung die aktuelle Nutzung und Akzeptanz von Homeoffice in Deutschland. Dabei wurden auch Daten über die Zufriedenheit mit dem Austausch mit Kolleginnen und Kollegen sowie mit Vorgesetzten und zum Umgang des eigenen Unternehmens mit dem Thema Homeoffice erhoben.

Homeoffice-Befragung März & Juni 2022

Am 19. März 2022 endete vorerst die aufgrund der Coronapandemie eingeführte Homeoffice-Pflicht in Deutschland. Unklar war zu dem Zeitpunkt, inwiefern sich das Auslaufen der Homeoffice-Pflicht auf die Homeoffice-Nutzung von Berufstätigen auswirken würde. Diesen Umstand nahm das Bayerische Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt) zum Anlass, und führte vom 03.03. bis zum 20.03.2022 sowie vom 22.06. bis zum 29.06.2022 zwei repräsentative Kurzbefragung unter berufstätigen Internetnutzerinnen und -nutzern in Deutschland zum Thema Homeoffice durch. Erhoben wurden dabei Daten über die Zufriedenheit mit dem Austausch mit Kolleginnen und Kollegen sowie mit Vorgesetzten und zum Umgang des eigenen Unternehmens mit dem Thema Homeoffice. Ferner wurde die aktuelle Nutzung von Homeoffice und die Arbeitszufriedenheit untersucht. Unter Nutzung von Google Surveys wurden bei der Erhebung im März 1.957 und im Juni 1.126 erwachsene berufstätige Internetnutzerinnen und -nutzer befragt. Diese Befragungen reihen sich in die fünf bisherigen Querschnittserhebungen des bidt im März 2020, Juni 2020, Februar 2021, Mai 2021 und September/Oktober 2021 zum Thema Homeoffice ein und erlauben Analysen im Zeitverlauf.

Beruflicher Austausch mit KollegInnen und Vorgesetzten leidet nicht durch häufige Homeoffice-Nutzung

Die große Mehrheit der befragten Berufstätigen in Deutschland (81 %) ist mit dem beruflichen Austausch mit ihren Kolleginnen und Kollegen eher oder sehr zufrieden. Unterschiede zeigen sich jedoch zwischen Berufstätigen je nach Nutzung von Homeoffice. So geben 80 % der Nicht-Nutzerinnen und -Nutzer von Homeoffice an, zufrieden mit dem beruflichen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen zu sein. Bei Berufstätigen, die mehrmals pro Woche von zu Hause aus arbeiten, sind es 86 %, die eher oder sehr zufrieden sind. Berufstätige, die nur einmal pro Woche oder seltener Homeoffice nutzen, weisen die niedrigsten Zufriedenheitswerte auf. Von ihnen geben nur 76 % an, sehr oder eher zufrieden mit dem Austausch mit Kolleginnen und Kollegen zu sein.

Bei der Zufriedenheit mit dem beruflichen Austausch mit den Vorgesetzten sind die Unterschiede noch deutlicher. Rund ein Drittel der Berufstätigen, die kein Homeoffice nutzen, gibt an, sehr zufrieden mit dem beruflichen Austausch mit den Vorgesetzten zu sein, rund ein weiteres Drittel ist eher zufrieden. Bei den Berufstätigen, die mehrmals pro Woche von zu Hause aus arbeiten, sind 82 % mit dem beruflichen Austausch mit den Vorgesetzten eher oder sehr zufrieden. Bei einer Homeoffice-Nutzung von einmal pro Woche oder seltener sind es nur 65 %. Der berufliche Austausch scheint demnach nicht grundsätzlich negativ von einer Arbeit im Homeoffice beeinflusst zu werden.

Vielmehr zeigt sich ein Zusammenhang zwischen der Homeoffice-Nutzungshäufigkeit und der Zufriedenheit mit dem beruflichen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen sowie mit Vorgesetzten. Eine häufigere Homeoffice-Nutzung geht dabei allgemein mit einer höheren Zufriedenheit einher.

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Keine Rückkehr zur vollen Präsenzarbeit

Knapp die Hälfte der befragten Berufstätigen gibt an, aktuell wieder etwas oder deutlich häufiger ins Büro zu müssen als im Vergleich zu den ersten drei Monaten des Jahres. Etwas über ein Drittel gibt hingegen an, dass sich im Vergleich zu den ersten drei Monaten des Jahres nichts geändert hat, weitere 9 % dürfen frei entscheiden, wie oft sie im Büro arbeiten.

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Es zeigt sich aber zugleich, dass 59 % der Personen, die angeben, jetzt wieder häufiger ins Büro zu müssen, nach wie vor mehrmals pro Woche oder fast ausschließlich im Homeoffice arbeiten. Sie weisen folglich weiterhin eine sehr hohe Homeoffice-Nutzung auf. Auch 39 % der Berufstätigen, die angeben, dass sich bei ihnen nichts verändert hat, sind mehrmals pro Woche oder häufiger von zu Hause aus tätig. Dieser besondere Umstand reflektiert sich auch in den Homeoffice-Nutzungszahlen im Juni 2022. So sind die Homeoffice-Nutzungszahlen in der Einteilung „mindestens ab und zu“ und „mehrmals pro Woche“ in der Zeitreihe gegenüber März 2022 sogar leicht angestiegen. Aktuell ist etwa die Hälfte der befragten Berufstätigen mindestens ab und zu im Homeoffice. Insgesamt 36 % nutzen das Homeoffice mehrmals pro Woche. Dies sind deutlich mehr Berufstätige als vor der Pandemie (+ 16 Prozentpunkte).

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Zufriedenheit im Homeoffice weiterhin auf hohem Niveau

Die Zufriedenheit mit der eigenen Situation im Homeoffice bleibt im Vergleich zu den vorangegangenen Erhebungen unverändert hoch. Mit 87 % ist die große Mehrheit der befragten Homeoffice-Nutzenden mit der eigenen Situation im Homeoffice eher oder sehr zufrieden. Berufstätige, die mehrmals pro Woche von zu Hause aus arbeiten, sind am zufriedensten (94 %). Hingegen sind nur 72 % der Berufstätigen, die einmal pro Woche oder seltener von zu Hause aus arbeiten, eher oder sehr zufrieden mit ihrer eigenen Situation im Homeoffice.

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„Generation Homeoffice“?

Bei der Nutzung von und Zufriedenheit mit Homeoffice gibt es in Deutschland hinsichtlich der Altersgruppen zum Teil größere Unterschiede. Jüngere arbeiten wesentlich häufiger von zu Hause aus als ältere Berufstätige. Im Juni 2022 arbeitete fast die Hälfte der Berufstätigen aus der Altersgruppe 18 bis 34 Jahre mehrmals pro Woche von zu Hause aus. In der Altersgruppe der über 54-Jährigen sind es nur 26 %, zudem geben 61 % von ihnen an, gar nicht von zu Hause aus zu arbeiten.

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Auch bei der Zufriedenheit mit der eigenen Situation im Homeoffice werden Altersunterschiede deutlich. Am zufriedensten sind Personen der Altersgruppe 18 bis 34 Jahre. Hier geben 93 % der Homeoffice-Nutzenden an, eher oder sehr zufrieden mit der eigenen Situation im Homeoffice zu sein. Bei der Altersgruppe der über 54-Jährigen sind dies mit 87 % etwas weniger. Am unzufriedensten mit der eigenen Situation im Homeoffice sind Personen der Altersgruppe 35 bis 54 Jahre. Von ihnen geben nur 84 % an, dass sie im Homeoffice zufrieden sind. Hintergrund dafür kann unter anderem sein, dass in dieser Altersgruppe oftmals auch jüngere Kinder im eigenen Haushalt leben und dadurch das Arbeiten von zu Hause aus beeinflusst wird.

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Ein Viertel der Berufstätigen ist unzufrieden damit, wie mit dem Thema Homeoffice im eigenen Unternehmen umgegangen wird

Die Zufriedenheit berufstätiger Internetnutzerinnen und -nutzer damit, wie im eigenen Unternehmen oder in der eigenen Organisation mit dem Thema Homeoffice umgegangen wird, ist überwiegend positiv. Mehr als jeder Dritte gibt sogar an, sehr zufrieden damit zu sein. Allerdings geben auch 28 % an, dass sie eher oder sehr unzufrieden damit sind. Bei Berufstätigen, die kein Homeoffice nutzen, sagen dies sogar 42 %. Je geringer die Homeoffice-Nutzung, desto geringer fällt auch die Zufriedenheit damit aus, wie mit dem Thema im eigenen Unternehmen umgegangen wird. 91 % der Berufstätigen, die mehrmals pro Woche im Homeoffice arbeiten, sind eher oder sehr zufrieden damit, wie im eigenen Unternehmen mit dem Thema Homeoffice umgegangen wird.

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Zufriedenheit mit der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben steigt mit der Homeoffice-Nutzungshäufigkeit

Betrachtet man die Zufriedenheit mit der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, zeigt sich, dass insgesamt 78 % der Berufstätigen damit eher oder sehr zufrieden sind. Dabei besteht ein Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit mit der Vereinbarkeit von Beruf- und Privatleben und der Homeoffice-Nutzung: 87 % der Personen, die auch von zu Hause aus arbeiten, sind mit der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben eher oder sehr zufrieden, bei den Nichtnutzerinnen und -nutzern von Homeoffice sind es hingegen nur 70 %. Die höchste Zufriedenheit weisen befragte Berufstätige auf, welche mehrmals pro Woche von zu Hause aus arbeiten. 90 % von ihnen sind eher oder sehr zufrieden. Hingegen sind nur 81 % der Homeoffice-Nutzenden, die nur einmal pro Woche oder seltener Homeoffice nutzen, mit der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben zufrieden.

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Allgemeine Arbeitszufriedenheit hoch und vor allem von der Zufriedenheit mit der Work-Life-Balance und dem Umgang des Unternehmens mit dem Thema Homeoffice getrieben

Die allgemeine Arbeitszufriedenheit ist bei den befragten Berufstätigen durchweg hoch. So geben 78 % an, eher oder sehr zufrieden mit ihrer allgemeinen Arbeitssituation zu sein. Wiederum zeigen sich zunächst bei einer Kreuzbetrachtung deutliche Unterschiede nach der Homeoffice-Nutzung. Personen, die nicht von zu Hause aus arbeiten, besitzen durchschnittlich eine geringere allgemeine Arbeitszufriedenheit als Personen mit Homeoffice-Nutzung. Nur 71 % der Berufstätigen ohne Homeoffice-Nutzung geben an, eher oder sehr zufrieden zu sein. In der Gruppe der Homeoffice-Nutzenden sind es hingegen 86 %.

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In einer multivariaten Analyse der allgemeinen Arbeitszufriedenheit zeigt sich allerdings, dass die wesentlichen Treiber der Arbeitszufriedenheit die Zufriedenheit mit der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben und die Zufriedenheit mit dem Umgang mit dem Thema Homeoffice im eigenen Unternehmen sind. Die Homeoffice-Nutzungshäufigkeit sowie das Alter und das Geschlecht der befragten Berufstätigen weisen in einer derartigen Analyse keinen signifikanten Zusammenhang mit der allgemeinen Arbeitszufriedenheit auf. Zu beachten ist aber, dass die Homeoffice-Nutzungshäufigkeit wiederum einen deutlichen Zusammenhang mit der Zufriedenheit mit der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben aufweist und somit mittelbar über diese im Zusammenhang mit der allgemeinen Arbeitszufriedenheit steht.

Fazit und Ausblick

Die aktuellen Befragungsdaten des bidt zeigen, dass der Wegfall der Homeoffice-Pflicht bisher zu keinen deutlichen Veränderungen bei der Homeoffice-Nutzung geführt hat. Die überwiegende Mehrheit der befragten Berufstätigen ist dabei mit den von ihrem Unternehmen getroffenen Homeoffice-Regelungen zufrieden. Deutliche Unterschiede ergeben sich aber nach der Homeoffice-Nutzung. Je häufiger die befragten Berufstätigen im Homeoffice arbeiten, desto zufriedener sind sie mit dem Umgang mit dem Thema Homeoffice in ihrem Unternehmen. Ferner weist die Homeoffice-Nutzungshäufigkeit einen positiven Zusammenhang mit der Zufriedenheit mit der Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben auf, die sich wiederum positiv auf die allgemeine Arbeitszufriedenheit auswirkt. Negative Effekte einer häufigen Homeoffice-Nutzung auf den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen und Vorgesetzten ergeben sich nicht. Im Gegenteil sind vor allem intensive Homeoffice-Nutzerinnen und -Nutzer mit diesem Austausch zufrieden.

Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass in der vorliegenden Befragung mit hoher Wahrscheinlichkeit vor allem Mitarbeitende in Unternehmen betrachtet werden, die sich bereits vor der Pandemie auch persönlich kennengelernt haben. Problematischer dürfte ein entsprechender Austausch für Mitarbeitende sein, die ihre Kolleginnen und Kollegen bisher nur virtuell kennen. Hier wird es in Zukunft auf geeignete Austausch- und Kennenlernformate in Präsenz ankommen, so dass sich neue und alte Mitarbeitende persönlich kennenlernen, um dann auch virtuell einen guten und fruchtbaren Austausch pflegen zu können.

Die aktuellen Befragungswellen deutet zudem darauf hin, dass sich zumindest in Teilen der deutschen Wirtschaft hybride Arbeitsformen nachhaltig auch nach Ende der Homeoffice-Pflicht etablieren werden. Die hohe Zufriedenheit von Homeoffice-Nutzenden verbunden mit dem Wunsch, Homeoffice auch weiterhin zu nutzen, wird vor allem diejenigen Unternehmen vor große Herausforderungen stellen, die es auch jetzt während der Pandemie versäumt haben, die Weichen für flexiblere Arbeitsmodelle zu stellen. Derzeit am bidt durchgeführte qualitative Befragungen zeigen klar, dass ein geeignetes Angebot an Homeoffice-Möglichkeiten ein zunehmend wichtiger Wettbewerbsfaktor für Unternehmen beim Anwerben knapper Fachkräfte wird. Grundvoraussetzung für ortsunabhängiges kollaboratives Arbeiten ist jedoch auch eine fortgeschrittene Digitalisierung im Unternehmen. Mangelende Digitalisierung, fehlende Homeoffice-Möglichkeiten und Fachkräftemangel im Unternehmen gehen also oft Hand in Hand. Um langfristig im Wettbewerb bestehen zu können, müssen daher gerade viele kleinere und mittlere Unternehmen in Deutschland ihre Digitalisierung vorantreiben, um mit Homeoffice-Angeboten attraktive Arbeitgeber für Fachkräfte zu bleiben. Für Mitarbeitende, die kein Homeoffice nutzen sollen oder können, ist über andere geeignete Anreize nachzudenken. Diese Thematik ist dabei nicht nur aus unternehmerischer, sondern auch aus gesellschaftlicher Sicht von Bedeutung, um einer weiteren sozialen Spaltung der Gesellschaft entlang der Grenze Homeoffice entgegenzuwirken.