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Perspektivwechsel ist enorm wichtig

Dr. Andreas Wenninger ist Forschungskoordinator am bidt. In seiner Rolle vereint er verschiedene Perspektiven aus Wissenschaftsmanagement und Forschung.

© bidt / Klaus D. Wolf

„Der persönliche Austausch mit den einzelnen vom bidt geförderten Forschungsteams ist durch nichts zu ersetzen“, sagt Dr. Andreas Wenninger am Rande des jährlichen großen Sprint Reviews. In regelmäßigen Abständen kommen bei einem Sprint Review die Forschenden zusammen und geben Einblicke in den aktuellen Stand des jeweiligen Konsortialprojekts. Andreas Wenninger ist einer von drei bidt-Forschungskoordinatoren und bei interdisziplinären Vernetzungsveranstaltungen ganz besonders gefragt. „Durch das Sprint Review bekommen wir ein viel besseres Bild: Wo stehen die Projekte? Was läuft gut und wo benötigen die Forschenden auch Unterstützung? Zudem dienen sie dem interdisziplinären Austausch über das eigene Fachgebiet hinweg“, so Wenninger weiter.

Am Puls der Forschung

Als zentraler Ansprechpartner für die von ihm betreuten Konsortialprojekte des Forschungsbereichs „Kommunikation, Gesellschaft und Partizipation“ agiert der Diplom-Soziologe an der Schnittstelle von Wissenschaft und Management. Die von ihm betreuten Projekte reichen u. a. von Meinungsmacht und Vielfalt im Internet über die Regulierung von Kommunikationsplattformen bis hin zum Erkennen und der Bekämpfung von Onlinefeindlichkeit gegenüber politisch aktiven Frauen. Neben seiner Rolle als Koordinator und Wissenschaftsmanager forscht Andreas Wenninger selbst am bidt in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt zur Evidenzkultur der Citizen Science.

Bürgerwissenschaften sind auch aufgrund der digitalen Partizipationsmöglichkeiten stark im Aufwind. Die Beteiligungsformen sind vielfältig und reichen dabei beispielsweise von der Zählung von Zugvögeln bis zur Untersuchung von Umweltverschmutzungen in Böden. Wie wird das Ganze aber wissenschaftlich gesichert? Welcher institutionellen Normung unterliegen Citizen Science und welche Konflikte entstehen? Hierzu soll unsere Forschung Antworten geben.

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Vielfalt in der Biografie

Vielfalt spiegelt sich auch in Andreas Wenningers eigenem Lebenslauf wider. Es gehört Eigeninitiative dazu, das Abitur in Vollzeit nachzuholen, obwohl man bereits seit Jahren fest im Erwerbsleben steht, denn zunächst absolvierte er nach seinem Realschulabschluss eine dreijährige kaufmännische Ausbildung in einem Unternehmen der Metallindustrie in Stuttgart. Im Anschluss war er fünf Jahre als Kaufmann in einem Getränkegroßmarkt in der Nähe von Stuttgart tätig. Dann reifte sein Entschluss, für das Abitur nochmal die Schulbank zu drücken und einen damit verbundenen beruflichen Richtungswechsel zu beginnen. „Ich hatte an diesem Punkt das Gefühl, dass sich vieles wiederholt und ich wollte mich beruflich weiterentwickeln und insbesondere intellektuell herausfordern“, berichtet Andreas Wenninger. In dieser Phase verdichtete sich auch das Interesse an den Humanwissenschaften und das gab den Impuls, sich näher mit den Inhalten des Studienfachs Soziologie zu beschäftigen. „Für mich war klar: Ich möchte besser verstehen, wie menschliches Zusammenleben funktioniert und vor allem, in welchen gesellschaftlichen Strukturen dieses stattfindet.“ So erfolgte der Umzug in die bayerische Landeshauptstadt für ein Studium der Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Wege in der Wissenschaft

Nach dem Uniabschluss erfolgte die Entscheidung für eine wissenschaftliche Karriere – auch wenn es zunächst einen Abschied aus München, von den Bergen und von der bayerischen Lebensart bedeutete. Es folgten verschiedene Stationen als wissenschaftlicher Mitarbeiter – unter anderem für einige Jahre an der Universität Bielefeld und Lehraufträgen an der Universität Hannover; dann die Rückkehr nach München als wissenschaftlicher Mitarbeiter, dieses Mal jedoch an die Technische Universität München und hier an das Munich Center for Technology in Society (MCTS). Drei Menschen mit Soziologieprofessur haben Wenninger in dieser Zeit besonders geprägt: die ehemalige Direktorin des MCTS, Sabine Maasen, sowie sein Doktorvater Peter Weingart und seine Doktormutter Bettina Heintz. Bei ihnen promovierte er zu „Wissenschaft und kommunikative Grenzarbeit im Internet am Beispiel eines Blogportals“.

Es ist wichtig, in der Wissenschaft ein Netzwerk aufzubauen sowie Vorbilder und Mentoren für konstruktives Feedback an der Seite zu haben. Ich wurde in diesem Netzwerk auch in herausfordernden Situationen immer wieder darin bestärkt, meinen Weg weiterzugehen.

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Auch mit seiner eigenen Biografie möchte er Menschen bestärken, einmal eingeschlagene Karrierepfade zu verlassen und sich neu zu orientieren, wenn es sich nicht mehr stimmig anfühlt. In Andreas Wenningers Doktorarbeit ging es dann auch um Veränderung, allerdings im Kontext von Wissenschaftskommunikation und digitalem Wandel und der Frage: Wie verändert die Digitalisierung die mediale Öffentlichkeit? – ein Thema, das inhaltlich sehr gut zur fachlichen Ausrichtung am bidt passt.

Verschiedene Perspektiven als Stärke

Seit 2019 verstärkt er nun das Forschungsteam am bidt und nimmt als Forschungskoordinator und Forscher selbst immer wieder neue Perspektiven ein – sei es zu Citizen Science, der digitalen Transformation oder im Austausch mit den von ihm betreuten Forschungsprojekten. Genau dieser Blick über den Tellerrand fasziniert ihn an der Forschungsausrichtung am bidt, denn hier werden Interdisziplinarität und Austausch zwischen den verschiedenen Fachrichtungen großgeschrieben.

Mir bereiten diese Perspektivwechsel und die dazugehörige Vielfalt an Aufgaben viel Freude. An meiner Tätigkeit schätze ich insbesondere die Teamarbeit gemeinsam mit den anderen Forschungskollegen und unserem Dialog- und Think Tank-Team. Als Forschungskoordinator wird es garantiert nicht langweilig.

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Auf die Frage, wie er am besten in seiner Freizeit entspannen kann, antwortet Andreas Wenninger: „Meine Frau und ich sind Eltern einer sechsjährigen Tochter und mittlerweile (wieder) hier in München angekommen. Die gemeinsame Zeit zusammen schätzen wir sehr – da bleibt nicht mehr so viel Zeit für aufwendige Hobbys übrig.“ Um dann doch noch zu ergänzen: „Beim Fotografieren kann ich wunderbar entspannen – auch, weil der Perspektivwechsel so viel Spaß macht.“ Ein Mann, der sich treu bleibt – im Beruflichen wie im Privaten.