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Gesichtserkennung – es besteht Handlungsbedarf

In einem Meinungsbeitrag im Tagesspiegel Background ordnet der bidt-Forscher Nikolaus Bauer die aktuellen Diskussionen rund um die Gesichtserkennung ein.

Es gibt viele Stimmen, die eine stärkere Regulierung oder ein Verbot von Technologien zur Gesichtserkennung fordern. In einem Meinungsbeitrag im Tagesspiegel Background ordnet Nikolaus Bauer, wissenschaftlicher Referent Forschung am bidt, die aktuellen Diskussionen ein. Sein Fazit: Es besteht Handlungsbedarf.

Besonders umstritten sei laut Bauer die biometrische Gesichtserkennung im öffentlichen Raum. Die EU-Kommission möchte in ihren Regulierungsvorschlägen zu Künstlicher Intelligenz die Systeme grundsätzlich verbieten und nur ausnahmsweise erlauben. Sollte der deutsche Gesetzgeber innerhalb des europäischen Rahmens eine Rechtsgrundlage für die Technologie schaffen? Hier die Handlungsempfehlung: Bis zur Klärung der gesellschaftlichen Akzeptanz solle keine Rechtsgrundlage geschaffen werden. Ein Moratorium dieser Technik wäre sinnvoll.

Nicht minder umstritten sind private Unternehmen wie Clearview und PimEyes, die Bilddatenbanken aus dem Internet aufgebaut haben, und diese biometrisch mittels Gesichtserkennungssoftware auf Kundenanfragen auswerten.  Es gibt keine gesetzliche Rechtsgrundlage, wenn EU-Bürgerinnen und -Bürger betroffen sind, und in der Regel auch keine Einwilligung für die Datenverarbeitung. Damit ist die Praxis der Unternehmen verboten, allerdings gibt es ein Rechtsdurchsetzungsproblem. Hier sei der Gesetzgeber gefragt, gemeinsam mit den Datenschutzaufsichtsbehörden über Lösungswege zu beraten. Gegebenenfalls bedürfe es laut Bauer völkerrechtlicher Verträge der EU mit Drittstaaten, um das Datenschutzrecht auch gegenüber im Ausland ansässigen Unternehmen durchzusetzen.

Neben den beschriebenen Fällen der Identifikation seien auch Klassifikationen durch Gesichtserkennung hochproblematisch. Der Europarat sowie der Europäische Datenschutzausschuss und der Europäische Datenschutzbeauftragte wollen insbesondere Gesichtserkennung, die die ethnische Herkunft, die Hautfarbe, das Geschlecht, das Alter und die religiöse Überzeugung erfassen kann, ausdrücklich gesetzlich verbieten. Auch Technologien der Gesichtserkennung, die Emotionen erkennen können, sollen verboten werden, wobei die Datenschutzaufsichtsbehörden Ausnahmen für die Bereiche Gesundheit und Forschung zulassen wollen.

Ein solcher Einsatz von Gesichtserkennung sei laut Bauer aus ethischer Sicht verboten – und er ist auch bereits verboten, abgesehen von wenigen Ausnahmen. Fakt sei, dass es keine gesetzliche Grundlage gibt und eine solche wohl auch nicht geschaffen werden könne, denn sie wäre unverhältnismäßig und würde Grundrechte verletzen. Da eine Einwilligung auch freiwillig erteilt werden müsste, verbleiben wenige Ausnahmen, wie der bereits genannte Bereich Gesundheit und Forschung sowie zudem etwa die Aufmerksamkeitskontrolle von Kraftfahrzeugführern.

Das Resümee des Autors lautet folglich: Im Ergebnis sei etwas dran an den Forderungen nach mehr Regulierung bzw. rechtlichen Maßnahmen. Es bestünde also Handlungsbedarf in Sachen Gesichtserkennung.